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Jessup Moot Court 2011

Das Heidelberger Jessup Team 2011 - Erfahrungsbericht

Wie schon in den vorherigen Jahren fand ein Auswahlverfahren der Teammitglieder im Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg statt. Dabei galt es für die Bewerber ein selbst gewähltes völkerrechtliches Thema in einem 10 minütigen Vortrag zu präsentieren. In den Interviews war auch auf Fragen der Coaches einzugehen und die Antworten in den eigenen Vortrag zu integrieren. Den Bewerbern bot sich hierbei bereits ein kleiner Einblick in die Herausforderungen, die später als Council eines Landes vor Gericht auf sie zu kommen würden. Nach nur kurzer Zeit wurde das Ergebnis des Auswahlverfahrens bekannt gegeben. Das Jessup Team 2011 würde aus Marie Knauss, Olga Gerlich, Constanze Mense, Tamara Greim und Torsten Stirner bestehen.

Die Vorbereitung

Am 17. September erfolgte die Veröffentlichung des Sachverhalts, dem in Anlehnung an ein Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof sogenannten Compromis. Bereits auf den ersten Blick offenbarte sich der Unterschied zu den Hausarbeits- oder Klausurensachverhalten des deutschen Jurastudiums. Der Compromis umfasste mehr als 30 Seiten und enthielt auch Informationen zur Geschichte und den politischen Verhältnissen der beteiligten Staaten.  Diese stritten um hochaktuelle Themen des Völkerrechts, wie beispielsweise die Zulässigkeit der gezielten Tötung mutmaßlicher Terroristen unter Einsatz von unbemannten Drohnen, den Ausgleich zwischen der Religionsfreiheit mit den Rechten der Frau sowie die Bestechung ausländischer Hoheitsträger als Problem des Wirtschaftsvölkerrechts.  

Nach der Erfassung des Sachverhalts begannen die umfangreiche Literaturrecherche sowie das Anfertigen erster Abschnitte des Memorials. Dabei fiel die Umstellung von dem Gutachtenstil in den einseitig-argumentativen Stil eines Councils anfangs schwer. Denn gefordert war nicht die umfassende Erörterung der verschiedenen Auffassungen sondern eine überzeugende Darlegung, warum einzig und allein die Ansicht des vertretenen Staates die richtige sein kann. Der Compromis bot hierzu wechselseitig starke und schwache Ausgangslagen für jede Partei um in ihrer Rechtsauffassung zu den verschiedenen Punkten zu überzeugen. Diese subjektive Position förderte auch die Identifikation mit der Rolle des Anwalts eines Staates vor dem Internationalen Gerichtshof, welche sich auch bald innerhalb des Teams durch intensive Debatten zwischen dem Kläger und dem Beklagten bemerkbar machte.

Nach den nur sehr kurzen Weihnachtsferien ging es in die entscheidende Phase. Das inhaltlich abgesteckte Memorial galt es nunmehr in die endgültige Form zu gießen. Insbesondere die begrenzte Wörterzahl erwies sich dabei als Herausforderung.  Rückblickend war jedoch die fortlaufende Überarbeitung des Memorials mit dem Ziel einen kohärenten und dennoch möglichst kurzen Text zu erstellen eine sehr lehrreiche Erfahrung, von der sicherlich im weiteren Verlauf des Studiums noch profitiert werden kann. Am 11. Januar waren schließlich alles Memorials gedruckt und auf dem Weg nach Jena. Die Friedrich Schiller Universität würde nach ihrem letztjährigen Sieg den Jessup Moot Court im Jahr 2011 ausrichten.

Nach ein paar Tagen der Erholung ging es an die Vorbereitung der Pleadings. Dabei handelt es sich um die mündliche Präsentation der eigenen Rechtsauffassung vor den drei Richtern. Die rechtlichen Probleme mussten mit prägnanter Rhetorik dargestellt werden. Dabei galt es die Richter nicht nur von der eigenen Position zu überzeugen, sondern auch zu unterhalten. Die Beantwortung der oft zahlreichen und manchmal sehr kreativen Fragen der Richter musste flüssig in den eigenen Vortrag eingeflochten werden. Das Moot Court Team unterzog sich zahlreichen Rhetorikübungen und konnte viel Selbstbewusstsein aus den Probepleadings mitnehmen.


Das Heidelberger Moot Court Team 2011
(Foto: Matthias Frenzel, Berlin)

Die nationale Ausscheidung  (Jena,  16- 20 Februar 2012)

Zusammen mit 14 anderen Teams deutscher Universitäten trat das Heidelberger Team in Jena am 16. Februar 2011 zu den nationalen Entscheidungen an. Zielvorgabe war das Erreichen der International Rounds in Washington D.C. Dafür musste vorerst die Vorrunde als zumindest Viertplazierter überstanden werden. Die Auslosung ergab die Gegner Mainz, Kiel, München sowie die Humboldt Universität Berlin.

Noch am selben Abend wurden die Memorials der gegnerischen Teams ausgegeben. Bis zwei Uhr morgens wurden die Argumentationen der Gegner analysiert und entsprechende Repliken entwickelt. Am morgen darauf ging es nun endlich los, das erste Pleading. Kiel erwies sich dabei als starker Gegner. In der darauffolgenden Mittagspause erfolge die letzte Vorbereitung auf den nächsten Gegner, das Münchner Team. Dieses hatte bei wichtigen Problemen eine andere Herangehensweise gewählt, sodass bereits der Einblick in das Memorial ein spannendes Pleading versprach.  Dazu kam es dann auch, dennoch gingen die Applicants des Heidelberger Teams mit einem guten Gefühl aus dem für diesen Tag letzten Pleading. Am Folgetag ging anschließend gegen Mainz und die Humboldt Universität Berlin. Beide Pleadings beendete das Heidelberger Team mit einem guten Gefühl.

Am darauffolgendenden Abend wurden die Halbfinalisten bekanntgegeben. Hier erfolgte die große Ernüchterung aus Sicht des Heidelberger Teams. Zwar waren drei Pleadings gewonnen worden, dennoch wurde die Vorrunde nur auf einem unzureichenden siebten Platz beendet. Die einzige Niederlage der Heidelberger gegen das Münchner Team erwies sich als entscheidender Stolperstein. Hätte doch der vierte Sieg den zweiten Platz und eine sehr gute Ausgangsposition im Halbfinale bedeutet. So aber war der Jessup Moot Court für das Heidelberger Team an diesem Samstagabend beendet.

In den Halbfinalrunden konnte sich die Teams aus Jena und Bochum gegen München bzw. Göttingen durchsetzen. Im Finale siegte dann das Team der Universität Bochum, die damit der Ausrichter der nächstjährigen nationalen Entscheidung sein wird.

Trotz der Enttäuschung darüber, feststellen zu müssen, dass auch umfangreichste Vorbereitung, Motivation und Teamzusammenhalt manchmal nicht genügt, um das angestrebte Ziel zu erreichen, blicken wir alle sehr bereichert auf den Jessup zurück. Soviel in nur einem Semester gelernt zu haben, war eine einzigartige Erfahrung, die keiner von uns missen möchte.




Letzte Vorbereitungen vor dem Pleading!
(Foto: Matthias Frenzel, Berlin)