Das Forschungsprojekt ICCAL-DEI befasst sich mit der Beziehung zwischen dem transformativen Konstitutionalismus in der Lesart des Ius Constitutionale Commune en América Latina (ICCAL) und dem Internationalen Wirtschaftsrecht („IWR“ bzw. „DEI“ nach der spanischen Bezeichnung). Das IWR ist für das ICCAL in mindestens zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Einerseits können dessen Instrumente die Verwirklichung der Ziele und Prinzipien des ICCAL erschweren, insbesondere bezüglich der Menschenrechte und der sozialen Inklusion. So sind etwa Schiedssprüche von Investitionsschutzgerichten oder die mit Konditionalitäten versehenen Finanzierungsprogramme von IWF und Weltbank immer wieder mit Blick auf ihre negativen sozialen Auswirkungen in der Region kritisiert worden. Andererseits erfordert die Umsetzung der Prinzipien und Ziele des ICCAL, gerade auch mit Blick auf die sozioökonomischen Rechte, ein Mindestmaß an Entwicklung, zu dem ein angemessen ausgestaltetes IWR Erhebliches beitragen kann.
Das ICCAL-DEI-Projekt untersucht die Interaktionen beider Rechtsbereiche durch rechtliche und empirische Bestandsaufnahmen sowie durch konzeptionelle Studien. In der ersten Phase des Projekts führte das Institut Tagungen in Heidelberg sowie an verschiedenen lateinamerikanischen Universitäten durch, um einen Dialog zwischen Experten des lateinamerikanischen Verfassungsrechts und des IWR herzustellen. In diesem Rahmen wurde zudem das Spannungsverhältnis des transformativen Konstitutionalismus mit verschiedenen Teilgebieten des IWR näher untersucht, insbesondere dem Investitionsschutzrecht und dem Welthandelsrecht. Ergebnisse dieser Projektphase wurden in einem 2018 erschienenen spanischsprachigen Sammelband sowie in verschiedenen Einzel- und Kollektivpublikationen veröffentlicht.
Die zweite Phase des Projekts erweitert und vertieft die Analyse des oben skizzierten Spannungsverhältnisses. So wird eine größere Zahl von Teilrechtsgebieten des IWR in den Blick genommen, wie etwa das internationale Steuerrecht und das Recht des Immaterialgüterschutzes. Auch sollen die Bezüge zum nationalen Wirtschaftsrecht sowie zur Wirtschaftstheorie stärkere Berücksichtigung erfahren. Erste Ergebnisse wurden 2019 auf einem Doppelpanel der ICON-S-Konferenz in Santiago de Chile sowie 2020 auf einer virtuellen Autorentagung diskutiert. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in einem englischsprachigen Sammelband gebündelt werden, dessen Veröffentlichung für 2022 geplant ist.