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Der Begriff Ius Constitutionale Commune en América Latina (ICCAL) umschreibt einen regionalen Ansatz transformatorischer Verfassungsstaatlichkeit. Gespeist aus der konkreten Erfahrung von inakzeptablen Zuständen systemischen Charakters zielt es auf den Wandel politischer und sozialer Realitäten durch eine konzertierte Stärkung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Im Mittelpunkt stehen gemeinsame Probleme der lateinamerikanischen Länder wie die Exklusion breiter Bevölkerungskreise sowie die oft nur schwache rechtliche Normativität. Statt auf funktionale Integration setzt das ICCAL vor allem auf einen rechtebasierten, überstaatlich abgesicherten und regional radizierten Konstitutionalismus, so dass die Vertreter des ICCAL Staatsrecht, Völkerrecht und Rechtsvergleichung eng verbinden. Von besonderer Bedeutung sind die Öffnung der Verfassungen zahlreicher lateinamerikanischer Staaten gegenüber dem Völkerrecht sowie das interamerikanische System des Menschenrechtsschutzes, das den normativen Kern des ICCAL darstellt.
Auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Austausches zwischen dem Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und führenden Experten aus Lateinamerika sollen im Rahmen dieses Forschungsprojekts die Grundzüge, Tendenzen, Spannungen, Herausforderungen sowie das Potential eines ICCAL, insbesondere im Bereich der Menschenrechte in Lateinamerika aufgezeigt werden. Die Bezeichnung als gemeinsames Recht (ius commune) ergibt sich aus zwei Komponenten der ICCAL. Der erste liegt in der erwähnten Öffnung der staatlichen Rechtsordnungen gegenüber einem Bestand gemeinsamen Völkerrechts, die das Wesen der Verfassungsstaatlichkeit wandelt und den staatlichen Rechtsordnungen eine gemeinsame Ausrichtung verleiht. Zweitens steht der Begriff für einen gemeinsamen rechtsvergleichenden Diskurs. Dessen Merkmal ist vor allem das Anliegen einer Staats- und Völkerrecht integrierenden, prinzipiengeleiteten Rekonstruktion des geltenden Rechts. Das Projekt hat dabei sowohl eine politische und juristische als auch eine kulturelle Dimension. Ähnlichkeiten ergeben sich zum Konzept des „ius publicum europaeum“ sowie zu Ansätzen, die mit Begriffen wie dem Weltbürgerrecht, dem Globalen Recht oder dem transnationalen Recht arbeiten. Das ICCAL ist jedoch kein Abbild europäischer Theorien, sondern ein vom lateinamerikanischen Kontext ausgehender Ansatz, der zugleich Erfahrungen mit dem transformatorischen Konstitutionalismus in anderen Regionen berücksichtigt.
Armin von Bogdandy et al., Ius Constitutionale Commune En América Latina: A Regional Approach to Transformative Constitutionalism
Armin von Bogdandy, Ius Constitutionale Commune en América Latina: una mirada a un constitucionalismo transformador.
Dieser Teil des Projekts beschäftigt sich mit dem Kontext dem Entstehen der gemeinsamen Verfassungsprinzipien im Bereich der Menschenrechte, deren rechtlichen Konturen sowie deren Herausforderungen und Perspektiven. Bestandteil dieses gemeinsam mit verschiedenen Partnerorganisationen durchgeführten Projekts waren zahlreiche Tagungen innerhalb und außerhalb des Max-Planck-Instituts. Das Projekt hat außerdem zu einer Reihe von Buchveröffentlichungen in spanischer und portugiesischer Sprache geführt, die sowohl Querschnittsanalysen als auch Fallstudien zu der oben beschriebenen Fragestellung enthalten.