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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


212. EINZELNE REGELN

Nr.87/1 Es besteht derzeit noch keine allgemeine Regel des Völkerrechts des Inhalts, daß eine Person wegen desselben Lebenssachverhalts, dessentwegen sie bereits in einem dritten Staat zu einer Freiheitsentziehung verurteilt worden ist und diese Strafe auch verbüßt hat, in einem anderen Staat nicht neuerlich angeklagt oder verurteilt werden darf, oder jedenfalls die Zeit der im dritten Staat erlittenen Freiheitsentziehung im Falle einer neuerlichen Verurteilung angerechnet oder berücksichtigt werden muß.
There is still no general rule of public international law according to which a person may not be indicted or sentenced again with regard to a criminal offense for which he or she has already been convicted and has served a prison term in a third state. Neither is there a general rule of public international law requiring that the prison term served has to be deducted or taken into account in the case of a new sentence.

Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 31.3.1987 (2 BvM 2/86), BVerfGE 75, 1 (ZaöRV 48 [1988], 743) (s. 490 [87/1] [b]; 1050.Allg. [87/2])

Einleitung:

      Die Türkei ersuchte um die Auslieferung eines im Bundesgebiet ansässigen türkischen Staatsangehörigen nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen, um eine langjährige Freiheitsstrafe wegen Betäubungsmittelvergehen zu vollstrecken. Diese Strafe war 1975 von einem türkischen Gericht verhängt worden, weil der Verfolgte Rauschgift von der Türkei nach Griechenland geschmuggelt hatte. Er war deswegen bereits in Griechenland zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die er dort auch verbüßt hatte. Diese Strafe wurde in dem türkischen Urteil nicht angerechnet. Das OLG München hat die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zurückgestellt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art.100 Abs.2 GG die Frage vorgelegt, ob der Grundsatz "ne bis in idem" einen allgemeinen Völkerrechtsgrundsatz darstelle, der nach Art.25 GG einer Auslieferung im vorliegenden Fall entgegenstehe.

Entscheidungsauszüge:

      C. ... Es besteht derzeit noch keine allgemeine Regel des Völkerrechts des Inhalts, daß eine Person wegen desselben Lebenssachverhalts, dessentwegen sie bereits in einem dritten Staat zu einer Freiheitsentziehung verurteilt wurde und diese Strafe auch verbüßt hat, in einem anderen Staat nicht neuerlich angeklagt oder verurteilt werden darf, oder jedenfalls die Zeit der im dritten Staat erlittenen Freiheitsentziehung im Falle einer neuerlichen Verurteilung angerechnet oder berücksichtigt werden muß. Desgleichen besteht derzeit noch nicht eine allgemeine Regel des Völkerrechts, die der in einem Auslieferungsvertrag bestimmten Zulässigkeit einer Auslieferung entgegenstünde, wenn der Verfolgte wegen desselben Lebenssachverhalts, der Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, bereits in einem dritten Staat eine Freiheitsentziehung erlitten hat und deren Zeit bei einer neuerlichen Verurteilung im ersuchenden Staat nicht angerechnet oder berücksichtigt wird.
      1. Art.25 GG zufolge sind bei der Gestaltung der innerstaatlichen Rechtsordnung durch den Normgeber und bei der Auslegung und Anwendung von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts durch Verwaltung und Gerichte die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu beachten (BVerfGE 23, 288 [300]; 31, 145 [177]; Vorprüfungsausschuß, Beschluß vom 11. Oktober 1985, EuGRZ 1985, S.654 [Pakelli]); dies gilt gleichermaßen für das durch Zustimmungsgesetz gebilligte und von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierte Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957. Hieraus folgt insbesondere, daß die Behörden und Gerichte der Bundesrepublik Deutschland kraft Art.25 GG grundsätzlich daran gehindert sind, innerstaatliches Recht in einer Weise auszulegen und anzuwenden, welche die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verletzt. Sie sind auch verpflichtet, alles zu unterlassen, was einer unter Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts vorgenommenen Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes Wirksamkeit verschafft, und gehindert, an einer gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger bestimmend mitzuwirken.
      a) Dieser allgemeine Grundsatz ist bislang insbesondere im Bereich des Auslieferungsrechts konkretisiert worden. So hat das Bundesverfassungsgericht mehrmals (BVerfGE 59, 280 [282 ff.]; 60, 348 [355 f.]; 63, 197 [206 ff.]) entschieden, daß Gerichte der Bundesrepublik Deutschland bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Auslieferung zwar grundsätzlich von der Wirksamkeit eines dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Strafurteils auszugehen und dessen Rechtmäßigkeit nicht nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staates zu überprüfen haben. Dies hindert jedoch nicht eine Überprüfung, ob die Auslieferung und ihr zugrundeliegende Akte gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard, der nach Art.25 GG von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland zu beachten ist, sowie gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze ihrer öffentlichen Ordnung verstoßen. Dieser Grundsatz ist inzwischen in den §§49 Abs.1 Nr.2 und 73 IRG auch gesetzlich verankert worden ...
      b) Das Oberlandesgericht ist nach der von ihm vorgenommenen rechtlichen Würdigung verpflichtet, gemäß dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen auf die Zulässigkeit der Auslieferung zu erkennen. Eine die Zulässigkeit der Auslieferung verneinende Entscheidung des Oberlandesgerichts würde daher nur dann nicht die auf einer Verletzung von Völkervertragsrecht, nämlich des Europäischen Auslieferungsübereinkommens, beruhende völkerrechtliche Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Türkei begründen, wenn der sich aus dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen ergebenden Pflicht zur Auslieferung eine höherrangige Norm des Völkerrechts entgegenstünde: Dieser müßte gem. den Art.53 und 64 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge, dem mit Gesetz vom 3. August 1985 zugestimmt wurde (BGBl. 1985 II S.926), die Qualität von ius cogens zukommen... Mit anderen Worten: Um hier eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Türkei wegen Nichterfüllung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens auszuschließen, müßte der Auslieferung eine zwingende allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG entgegenstehen. Diese müßte besagen, daß eine Person wegen desselben Lebenssachverhalts, dessentwegen sie bereits in einem dritten Staat zu einer Freiheitsentziehung verurteilt wurde und diese Strafe auch verbüßt hat, in einem anderen Staat nicht neuerlich angeklagt oder verurteilt werden darf; oder jedenfalls die Zeit der im dritten Staat erlittenen Freiheitsentziehung im Falle einer neuerlichen Verurteilung in einem anderen Staat angerechnet oder berücksichtigt werden muß; oder daß eine Auslieferung nicht erfolgen darf, wenn der Verfolgte wegen desselben Lebenssachverhalts, der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegt, bereits in einem dritten Staat eine Freiheitsentziehung erlitten hat und deren Zeit im ersuchenden Staat nicht angerechnet oder berücksichtigt wird. Eine entsprechende allgemeine Regel des Völkergewohnheitsrechts läßt sich derzeit indes nicht feststellen.
      2. a) In den Rechtsordnungen einer Vielzahl von Staaten ist der Grundsatz ne bis in idem oder das Verbot des double jeopardy im Hinblick auf im selben Staat durchgeführte Strafverfahren anerkannt... [ folgt Hinweis auf Art.14 Abs.7 IPBPR]. Dieser Pakt ist inzwischen von mehr als 80 Staaten aus allen weltweit bestehenden Rechtskreisen ratifiziert worden, ohne daß dabei in bezug auf die genannte Bestimmung des Art.14 Abs.7 dessen Geltung ausschließende Vorbehalte in nennenswertem Umfang abgegeben wurden... [folgt Hinweis auf Art.8 Abs.4 AMRK und Art.4 des 7.ZP zur EMRK] ...
      Alle diese Umstände rechtfertigen indes allenfalls den Schluß, daß der Grundsatz ne bis in idem eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG ist, die die neuerliche Verurteilung eines Angeklagten wegen desselben Lebenssachverhalts im selben Staat verwehrt ... Dagegen besteht derzeit noch keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG, nach der niemand wegen desselben Lebenssachverhalts, dessentwegen er bereits nach den Gesetzen eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, von einem Gericht eines anderen Staates, dessen strafrechtliche Gerichtbarkeit gleichfalls gegeben ist, neuerlich verfolgt oder bestraft werden darf oder jedenfalls eine im Ausland verbüßte Freiheitsstrafe bei einer neuerlichen Verurteilung auf den Strafausspruch anzurechnen oder bei der Dauer des Strafvollzugs zu berücksichtigen ist. Dies wird insbesondere an der Tatsache deutlich, daß keines der genannten, universell oder regional geltenden völkerrechtlichen Menschenrechtsinstrumente nach seinem Wortlaut die Geltung des Grundsatzes ne bis in idem oder des Verbots des double jeopardy auf vorangegangene Strafverfahren in einem anderen Staat erstreckt...
      Andererseits ist eine zunehmende Tendenz staatlicher Gesetzgebung festzustellen, im Ausland ergangene Verurteilungen zu Freiheitsstrafen, die verbüßt wurden, oder auch Freisprüche bei der Durchführung neuerlicher Strafverfahren teilweise als Verfahrenshindernisse zu werten oder zumindest bei einer neuerlichen Verurteilung auf den Strafausspruch anzurechnen oder jedenfalls im Hinblick auf die Dauer des Strafvollzuges zu berücksichtigen, eine Tendenz, die zumal in den europäischen Staaten zu beobachten ist. ... Diese offenbar zunehmende Entwicklung hat aber noch nicht die erforderliche weltweite Breite, um das Bestehen einer allgemeinen Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG annehmen zu können ...
      b) Auf dem Gebiet des internationalen Auslieferungsrechts ... besteht derzeit noch keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG, die der Zulässigkeit der Auslieferung eines Verfolgten entgegensteht, wenn dieser wegen desselben Lebenssachverhaltes, der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegt, bereits in einem dritten Staat eine Freiheitsentziehung erlitten hat und deren Zeit bei einer neuerlichen Verurteilung im ersuchenden Staat nicht angerechnet oder berücksichtigt wird.
      aa) Das zwei- und mehrseitige Auslieferungsvertragsrecht ... läßt zwar eine zunehmende Tendenz erkennen, daß der Zulässigkeit der Auslieferung einer Person aus dem ersuchten Staat die Tatsache entgegensteht, daß die vom Verfolgten in einem Drittstaat erlittene Freiheitsentziehung auf eine neuerliche Verurteilung im ersuchenden Staat wegen desselben Lebenssachverhalts, der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegt, nicht angerechnet oder bei der Dauer des Strafvollzuges nicht berücksichtigt wird oder werden kann; doch hat diese Entwicklung gleichfalls noch nicht international eine solche Breite gewonnen, daß das Bestehen einer allgemeinen Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG festgestellt werden könnte.
      Im Bereich des mehrseitigen Auslieferungsvertragsrechts enthält das Europäische Auslieferungsübereinkommen in seinem Art.9 nur die Vorschrift, daß die Auslieferung nicht zu bewilligen ist, wenn der Verfolgte wegen der Handlung, deretwegen um Auslieferung ersucht wird, von den zuständigen Behörden des ersuchten Staates rechtskräftig verurteilt worden ist, nicht aber eine Bestimmung, die sich auf Freispruch oder Verurteilung in einem Drittstaat bezieht... Das Europäische Auslieferungsübereinkommen steht daher der Auslieferung einer in einem Drittstaat verurteilten Person nicht entgegen ... Auch die für den lateinamerikanischen Raum einschlägige Convención Interamericana sobre Extradición vom 25. Februar 1981 ... enthält in ihrem Art.4 Abs.1 nur eine Bestimmung zur Unzulässigkeit einer Auslieferung, wenn der Verfolgte wegen des Sachverhaltes, dessentwegen um Auslieferung ersucht wird, im ersuchten Staat freigesprochen oder verurteilt wurde. ...
      Somit läßt sich das Bestehen einer allgemeinen Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG des Inhalts, daß einer Auslieferung eines Verfolgten dessen Freispruch oder Verurteilung in einem dritten Staat entgegensteht, derzeit noch nicht feststellen. Dem entspricht auch, daß von den nunmehr 17 Mitgliedstaaten des Europäischen Auslieferungsübereinkommens nur fünf Staaten Vorbehalte mit unterschiedlicher Tragweite zu Art.9 EuAlÜ im Hinblick auf Verurteilungen in einem dritten Staat abgegeben haben ... Das erste Zusatzprotokoll zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 15. Oktober 1975 (European Treaty Series No.86), völkerrechtlich in Kraft seit dem 20. August 1979, erweitert zwar den Anwendungsbereich des Art.9 Satz 1 EuAlÜ auf Fälle, in denen der Verfolgte wegen des dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Sachverhalts in einem Drittstaat verurteilt oder freigesprochen worden ist. Es ist jedoch bisher nur von einem Teil der Staaten, die Partei des Europäischen Auslieferungsübereinkommens sind, ratifiziert worden; auch die Bundesrepublik Deutschland ist ihm bisher nicht beigetreten. Im übrigen ist sein Anwendungsbereich auf Verurteilungen oder Freisprüche beschränkt, die in einem Drittstaat ergangen sind, welcher Partei des Europäischen Auslieferungsübereinkommens ist; darüber hinaus läßt es eine Auslieferung zu, "if the offence in respect of which judgment has been rendered was committed against a person, an institution or any thing having public status in the requesting State; if the person on whom judgment was passed had himself a public status in the requesting State" oder "if the offence in respect of which judgment was passed was committed completely or partly in the territory of the requesting State or in a place treated as its territory."
      Aus dem bilateralen Auslieferungsvertragsrecht läßt sich das Bestehen einer allgemeinen Regel des Völkerrechts des genannten Inhaltes ebenfalls nicht erhärten: So enthält etwa von den 59 von der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Auslieferungsverträgen nur der Vertrag mit Jugoslawien vom 26. November 1970 (BGBl. 1974 II S.1257) in Art.7 Abs.2 eine Regelung, derzufolge die Auslieferung auch mit Rücksicht auf eine rechtskräftige Verurteilung in einem Drittstaat nicht bewilligt wird; gem. Art.VI Abs.2 des Auslieferungsvertrages mit Kanada vom 11. Juli 1977 (BGBl. 1979 II S.665) und Art.7 Nr.2 des Auslieferungsvertrages mit Monaco vom 21. Mai 1962 (BGBl. 1964 II S.1297) kann die Auslieferung bei Aburteilung der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Tat in einem Drittstaat abgelehnt werden.
      bb) Auch im vertragsfreien, auf den nationalen Auslieferungsgesetzen der jeweiligen Staaten beruhenden Auslieferungsrecht läßt sich zwar eine zunehmende Tendenz feststellen, eine Auslieferung dann nicht zu bewilligen, wenn der Verfolgte wegen desselben Lebenssachverhalts, der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegt, in einem dritten Staat bereits eine Freiheitsentziehung erlitten hat und deren Zeit bei einer neuerlichen Verurteilung im ersuchenden Staat nicht angerechnet oder bei der Dauer des Strafvollzuges nicht berücksichtigt wird oder werden kann; doch hat diese Entwicklung noch nicht eine solche Breite angenommen, daß das Bestehen einer allgemeinen Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG festgestellt werden könnte [es folgen Hinweise auf die Rechtslage in einigen westeuropäischen Staaten und den USA].
      3. Nach alledem ist festzustellen: Derzeit besteht weder eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.25 GG des Inhalts, daß eine Person wegen desselben Lebenssachverhalts, dessentwegen sie bereits in einem dritten Staat zu einer Freiheitsentziehung verurteilt wurde und diese Strafe auch verbüßt hat, in einem anderen Staat nicht neuerlich angeklagt oder verurteilt werden darf oder jedenfalls die Zeit der im dritten Staate erlittenen Freiheitsentziehung im Fall einer neuerlichen Verurteilung angerechnet oder berücksichtigt werden muß, noch eine allgemeine Regel des Inhalts, daß der Zulässigkeit einer Auslieferung nach einem Auslieferungsvertrag die Tatsache entgegensteht, daß der Verfolgte wegen desselben Lebenssachverhalts, der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegt, bereits in einem dritten Staat eine Freiheitsentziehung erlitten hat und deren Zeit bei einer neuerlichen Verurteilung im ersuchenden Staat nicht angerechnet oder berücksichtigt wird. Fehlt es schon am Bestehen einer entsprechenden Regel des einfachen Völkergewohnheitsrechts, so erübrigt sich die Untersuchung der Frage, ob eine solche Regel, so sie bestünde, zum Katalog jener Normen gehörte, die den völkerrechtlichen Mindeststandard auf dem Gebiet der Menschenrechte darstellen, oder die Qualität von zwingendem Völkerrecht aufwiese.