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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


1130. SONSTIGE INTERNATIONALE MENSCHENRECHTSNORMEN

Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (BGBl.1992 II S.122)

Nr.93/1

Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes regelt nicht die familien- und erbrechtliche Stellung nichtehelicher Kinder.

The Convention on the Rights of the Child does not regulate the status in family law and the law of successsion of children born out of wedlock.

Landgericht Essen, Beschluß vom 28.1.1993 (7 T 522/92), FamRZ 1994, 399 (ZaöRV 55 [1995], 822)

Einleitung:

      Der Beteiligte zu 1. (Bet. zu 1.) ist Vater eines bei der Mutter lebenden nicht-ehelichen Kindes. Er beantragte beim Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) die Einräumung eines Umgangsrechts, das ihm die Mutter wegen eines tiefgreifenden Zerwürfnisses nicht einräumen wollte. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück, weil ein persönlicher Umgang mit dem Vater angesichts der Spannungen zwischen den Eltern dem Wohle des Kindes nicht diene (§1711 Abs.2 BGB). Mit seiner Beschwerde macht der Bet. zu 1. geltend, die amtsgerichtliche Auslegung des §1711 Abs.2 BGB verstoße gegen Art.9 Abs.3 des Übereinkommens gegen die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (UNKRÜ). Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsauszüge:

      Zunächst ist das beantragte Umgangsrecht nicht aufgrund der von dem Bet. zu 1 genannten völkerrechtlichen Bestimmungen einzuräumen. Das gilt in bezug auf die unmittelbare Anwendung der genannten Vorschriften und in bezug auf eine mittelbare Anwendung, etwa im Rahmen der Auslegung des §1711 Abs.2 BGB.
      Der Antrag des Bet. zu 1 auf Einräumung des Umgangsrechtes mit dem Kind rechtfertigt sich nicht aus dem UNO-Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 ..., insbesondere nicht aus Art.9 Abs.3 UNKRÜ, der im Gegensatz zu §1711 Abs.2 Satz 1 BGB einem Kind, das von einem Elternteil getrennt lebt, ein Recht auf regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte einräumt, soweit dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht.
      Denn die UNO-Kinderkonvention ist auf den vorliegenden Fall schon dem Inhalt nach nicht anwendbar. Die Konvention befaßt sich nicht mit der familien- und erbrechtlichen Stellung des nichtehelichen Kindes. Dem steht der Wortlaut der Konvention, der nicht ausdrücklich zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterscheidet, nicht entgegen. Auch Art.2 UNKRÜ, wonach die Vertragsstaaten die in dem Übereinkommen festgestellten Rechte unabhängig u.a. von der Geburt des Kindes zu achten haben, läßt nicht den Schluß zu, daß auch Regelungen in bezug auf die familienrechtliche Stellung nichtehelicher Kinder getroffen werden sollten.
      Daß die UNO-Kinderkonvention auf Fälle der vorliegenden Art nicht anwendbar ist, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte. Mehrere Anträge der Genfer Arbeitsgruppe, die Gleichstellung der nichtehelichen Kinder ausdrücklich im Konventionstext zu verankern, sind gescheitert (Denkschrift, BT-Drucks.12/42, S.29 ff.). Damit hat sich die Nichtgleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder im Familien- und Erbrecht, die auch in den Menschenrechts-texten eine alte Tradition hat, auch in der Kinderkonvention durchgesetzt.
      Daß allein diese Auslegung für die Bundesrepublik Deutschland maßgeblich ist, ergibt sich mit letzter Gewißheit aus der Erklärung, die die Bundesregierung bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde abzugeben beabsichtigt und die gleichzeitig mit dem Übereinkommen im BGBl. verkündet worden ist. In Ziff.II dieser Erklärung stellt die Bundesregierung klar, daß aus Art.18 Abs.1 des Übereinkommens nicht abgeleitet werden kann, daß das elterliche Sorgerecht auch bei Kindern, deren Eltern keine Ehe eingegangen sind, automatisch und ohne Berücksichtigung des Kindeswohls im Einzelfall beiden Eltern zustehe. Im Rahmen ihres Vorbehaltsrechts aus Art.51 des Übereinkommens erklärt die Bundesregierung für die Bundesrepublik Deutschland, daß die Bestimmungen des Übereinkommens die Vorschriften des innerstaatlichen Rechts über die familien- und erbrechtlichen Verhältnisse nichtehelicher Kinder nicht berühren.