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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


1600. STATIONIERUNGSSTREITKRÄFTE

Nr.87/1

Zur Immunität der Stationierungsstreitkräfte kraft einer allgemeinen Regel des Völkerrechts.

On the sovereign immunity of allied forces stationed in Germany according to a general rule of public international law.

Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 29.10.1987 (2 BvR 624/83 u.a.), BVerfGE 77, 170 (s.344 [87/1])

Einleitung:

      Die Beschwerdeführer wandten sich u.a. gegen die Lagerung chemischer Waffen in der Nähe ihrer Wohn- und Arbeitsstätten durch die Stationierungsstreitkräfte. Im Zusammenhang damit macht das Bundesverfassungsgericht Ausführungen zum Status dieser Streitkräfte.

Entscheidungsauszüge:

      B.I.1.a) ... Die im Bundesgebiet mit Einverständnis der Bundesrepublik Deutschland stationierten fremden Streitkräfte sind nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts hinsichtlich ihres hoheitlichen Verhaltens, zu dem auch die Lagerung von Waffen zu Verteidigungszwecken zählt, in verfahrensrechtlicher Hinsicht der Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland entzogen; dies schließt ihnen gegenüber den Erlaß von Einzelakten aus, die eine einseitige hoheitliche Regelung eines Einzelfalls enthalten. Im NATO-Truppenstatut und dem Zusatzabkommen nebst Unterzeichnungsprotokoll hierzu finden sich keine Vorschriften, die hinsichtlich der Lagerung von Waffen von dieser Regel abwichen. Insbesondere stellt Art.II Satz 1 NTS, der die Streitkräfte dazu verpflichtet, "das Recht des Aufnahmestaates zu achten", keine solche Vorschrift dar. Der Erlaß von Verwaltungsakten gegenüber den Stationierungsstreitkräften bezüglich der Lagerung von Waffen zu Bündniszwecken innerhalb der den Streitkräften zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften ist auch kraft Art.53 Abs.1 Satz 1 ZA-NTS unzulässig. Art.53 Abs.1 Satz 2 ZA-NTS enthält nur eine Verweisung auf das materielle deutsche Recht und keine "kollisionsrechtliche Verweisung", die eine Unterwerfung unter die Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland in verfahrensrechtlicher Hinsicht einschlösse. Als Lagerungsort der hier in Rede stehenden Waffen kommen allein Liegenschaften in Betracht, die dem Anwendungsbereich des Art.53 Abs.1 ZA-NTS unterfallen.