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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


1600. STATIONIERUNGSSTREITKRÄFTE

Nr.88/1

[a] Die im Bundesgebiet stationierten US-Streitkräfte unterliegen deutscher Hoheitsgewalt nur nach Maßgabe der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge. Im übrigen genießen sie kraft Völkergewohnheitsrechts Immunität.

[b] Im Hinblick auf diese Immunität können deutsche Bürger Rechtsschutz gegen Maßnahmen dieser Streitkräfte nur indirekt dadurch erlangen, daß sie die zuständigen deutschen Organe um Schutzgewährung ersuchen.

[c] Die deutschen Organe genießen in dieser Hinsicht einen weiten Entscheidungsspielraum. Daher müssen die Gerichte sich auf eine Willkürkontrolle beschränken.

[a] The U.S. forces stationed in the federal territory are subject to German jurisdiction only pursuant to the relevant international treaties. In addition they enjoy immunity by virtue of customary international law.

[b] In view of this immunity, German citizens can obtain legal protection against measures of these armed forces only indirectly by requesting protection from the competent German authorities.

[c] The German authorities enjoy a wide margin of discretion in this respect. Thus, the courts must limit their control to arbitrary decisions.

Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 14.7.1988 (11 TG 1736/85), NJW 1989, 470 (ZaöRV 50 [1990], 138)

Einleitung:

      Die Antragstellerin ist seit 1976 Miteigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, das etwa 1,7 km vom nordöstlichen Ende der Start- und Landebahn des Militärflugplatzes Wiesbaden-Erbenheim liegt. Dieser Flugplatz wird von den amerikanischen Streitkräften seit 1945 genutzt, ohne daß eine in Art.48 ZA-NTS vorgesehene Überlassungsvereinbarung besteht. Die amerikanischen Streitkräfte beabsichtigen, dort bis zum Jahre 1993 insgesamt 156 Hubschrauber und 25 Starrflügler zu stationieren. Die Antragstellerin beantragte, die Bundesrepublik im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die zuständigen Stellen der Regierung der Vereinigten Staaten darauf hinzuweisen, daß die beabsichtigte Nutzung des Flugplatzes Wiesbaden-Erbenheim nicht erfolgen darf, solange keine Einzelliegenschafts-Überlassungsvereinbarung nach Art.48 Abs.2 ZA-NTS abgeschlossen worden ist, die die Einzelheiten der bisherigen und künftigen Nutzung regelt. Der Verwaltungsgerichtshof weist als Beschwerdeinstanz diesen Antrag ab, weil ein entsprechender Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht sei. Er neigt allerdings der Ansicht zu, daß die Nutzung des Flugplatzes den Abschluß einer - konstitutiv wirkenden - Überlassungsvereinbarung der in Art.48 Abs.3a ZA-NTS näher bezeichneten Art erfordere und voraussetze. Außerdem äußert er sich eingehend zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber Maßnahmen der in der Bundesrepublik stationierten amerikanischen Truppen.

Entscheidungsauszüge:

      Nach Art.48 Abs.1a ZA-NTS wird der Liegenschaftsbedarf einer Truppe und eines zivilen Gefolges nur nach Maßgabe des NATO-Truppenstatuts und dieses Abkommens gedeckt. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift gewährleistet die Bundesrepublik, daß Liegenschaften, die einer Truppe oder einem zivilen Gefolge im Rahmen der Bestimmungen des Truppenvertrages zur Benutzung überlassen worden sind und sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens noch in ihrem Besitz befinden, der Truppe oder dem zivilen Gefolge solange weiter überlassen werden, als sie nicht nach Absätzen 5a und b zurückzugeben sind. Nach Art.48 Abs.3a ZA-NTS werden über die einer Truppe oder einem zivilen Gefolge nach Maßgabe von Absatz 1 zu überlassenden Liegenschaften schriftliche Überlassungsvereinbarungen geschlossen, die Angaben über Größe, Art, Lage, Zustand und Ausstattung der Liegenschaft sowie über die Einzelheiten ihrer Benutzung enthalten. Nach Absatz 3b dieser Vorschrift gilt Absatz 3a entsprechend für Liegenschaften, die einer Truppe oder einem zivilen Gefolge nach Maßgabe von Absatz 2 weiter überlassen werden. Nach Art.53 Abs.1 ZA-NTS können schließlich eine Truppe und ihr ziviles Gefolge innerhalb der ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften die zur befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Maßnahmen treffen, wobei dies nach Absatz 2 der vorgenannten Vorschrift entsprechend für Maßnahmen im Luftraum über den Liegenschaften gilt, vorausgesetzt, daß Maßnahmen, welche zu Störungen des Luftverkehrs führen könnten, nur in Koordinierung mit den deutschen Behörden getroffen werden. Angesichts dieses Normengeflechts sprechen zwar durchaus einige Gesichtspunkte für die Richtigkeit der Auffassung der Antragsgegnerin, in sogenannten "Altfällen" - wozu der Flugplatz Wiesbaden-Erbenheim unstreitig zählt - werde das völkerrechtliche Überlassungsverhältnis nicht erst durch den Abschluß einer Überlassungsvereinbarung begründet, sondern es sei bereits durch die Gewährleistung des Art.48 Abs.2 ZA-NTS völkerrechtlich begründet worden mit der Folge, daß die nach Art.48 Abs.3b ZA-NTS auch in solchen Fällen abzuschließende Überlassungsvereinbarung lediglich deklaratorischen Charakter habe und die anderweitig bereits vorgegebene Überlassung lediglich dokumentiere. Gegen die Richtigkeit einer derartigen Annahme spricht allerdings entscheidend, daß dann dem Abschluß einer Überlassungsvereinbarung bei derartigen Altliegenschaften rechtlich praktisch keine Bedeutung zukäme und die militärische Nutzung bzw. die Änderung einer solchen Nutzung bei derartigen Altliegenschaften letztlich im (lediglich) durch den Zweck des Art.53 Abs.1 ZA-NTS gebundenen und ansonsten freien Ermessen der fremden Streitkräfte läge, wobei die Antragsgegnerin sich jeglicher Einfluß- bzw. Einwendungsmöglichkeiten auf eine solche Nutzung von Anfang an begeben, sich also gewissermaßen mit jeder aus der Sicht der fremden Streitkräfte militärisch erforderlichen Nutzung von vornherein in einer "antizipierten" Form einverstanden erklärt hätte. Von einer solchen Sachlage kann indes nach Auffassung des beschließenden Senats im Hinblick auf die uneingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik Deutschland nicht ausgegangen werden, zumal bei einer Gesamtwürdigung des NATO-Truppenstatuts und der damit im Zusammenhang stehenden weiteren völkerrechtlichen Vereinbarungen sich nicht ohne weiteres nachvollziehen läßt, daß und aus welchen Gründen auf Dauer unterschiedliche Einwirkungs- und Einflußmöglichkeiten der Antragsgegnerin bei neu zu überlassenden Liegenschaften einerseits und bei sogenannten Altliegenschaften andererseits bestehen sollten. Der Senat neigt deshalb in souveränitätsfreundlicher Auslegung der genannten Vorschriften zu der Annahme, daß jedenfalls jegliche Nutzung der nach Art.48 ZA-NTS fremden Streitkräften überlassenen oder zu überlassenden Liegenschaften den Abschluß einer - konstitutiv wirkenden - Überlassungsvereinbarung der in Art.48 Abs.3a ZA-NTS näher bezeichneten Art erfordert und voraussetzt. Entsprechendes gilt im Falle einer Nutzungsänderung, wenn von der ursprünglichen Nutzung der Liegenschaft, deren Einzelheiten in einer Überlassungsvereinbarung geregelt sind, in beachtlicher Weise abgewichen werden soll ...
      Wie der VGH Kassel in anderem Zusammenhang bereits ausgeführt hat (vgl. NJW 1984, 2055), werden ausländische Truppenverbände, die sich mit der Einwilligung eines anderen Landes auf dessen Staatsgebiet aufhalten, nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts als nationale Organe des Entsendestaates behandelt, wenn sie nicht in die militärische Organisation des Aufnahmestaates integriert oder supranational sind. Sie genießen kraft Völkergewohnheitsrechts bei ihren hoheitlichen Maßnahmen Immunität von der Jurisdiktion und der sonstigen Hoheitsgewalt des Aufnahmestaates, soweit der Entsendestaat nicht auf die Immunität verzichtet hat. Daraus folgt, daß gerichtliche Entscheidungen und hoheitliche Maßnahmen, die die Staatenimmunität der Truppen als Organe des Entsendestaates verletzen, nichtig und unbeachtlich sind ... Die im Bundesgebiet befindlichen US-Truppen unterliegen daher deutscher Hoheitsgewalt nur insoweit, als dies in internationalen Verträgen, insbesondere im NATO-Truppenstatut (NTS), im Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) und im Unterzeichnungsprotokoll (UP) hierzu als einem Bestandteil des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut vorgesehen ist. Die genannten internationalen Vereinbarungen sind durch Gesetz vom 18.8.1961 (BGBl.II S.1183) ratifiziert worden und damit innerstaatliches Bundesrecht geworden. Sie gehen grundsätzlich von der Immunität der Truppe aus. Lediglich einzelne Mitglieder der Truppe und des zivilen Gefolges sind - mit Einschränkungen - deutscher Hoheitsgewalt und der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen (vgl. Art.VIII Abs.9 NTS, Art.34, 36 ZA-NTS). Hingegen sind gerichtliche Entscheidungen oder hoheitliche Maßnahmen des Aufnahmestaates gegenüber derartigen ausländischen Streitkräften im Hinblick auf deren Immunität bzw. Exemtion von der deutschen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nichtig und unbeachtlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die ausländischen Partner der vorgenannten völkerrechtlichen Vereinbarungen in Art.II NTS die Pflicht ihrer jeweiligen Truppen und des zivilen Gefolges anerkannt haben, "das Recht des Aufnahmestaates zu achten". Diese von den ausländischen Truppen anerkannte Verpflichtung bedeutet nicht, daß die Bundesrepublik Deutschland oder deutsche Behörden die Möglichkeit hätten, z.B. die Einhaltung der im Bundesgebiet geltenden baurechtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen durch einseitige hoheitliche Anordnungen zu erzwingen. Andererseits bedeutet diese Immunität der US-Streitkräfte gegenüber der deutschen Hoheitsgewalt nicht, daß deutsche Bürger bei Schäden, die ihnen durch Maßnahmen der US-Truppen erwachsen, ohne Rechtsschutz bleiben müssen bzw. daß der Bundesregierung Deutschland überhaupt keine Möglichkeiten zur Verfügung stünden, in geeigneter Weise - etwa durch Verhandlungen - auf die US-Streitkräfte einzuwirken, um diese zur Einhaltung bzw. Beachtung des innerstaatlichen Rechts zu veranlassen bzw. durch Maßnahmen der Streitkräfte eingetretene oder drohende Rechtsbeeinträchtigungen für deutsche Bürger zu beseitigen oder zu verhindern. So hat der 9. Senat des VGH Kassel ... (NJW 1984, 2055) bereits in anderem Zusammenhang auf die Möglichkeit hingewiesen, daß die Bundesrepublik Deutschland durch Hinweise auf schutzwerte Belange der deutschen Bevölkerung oder durch Verhandlungen mit den US-Truppen versuchen könne zu erreichen, daß diese die (materiellen) deutschen Bau- und Lärmschutzvorschriften einhalten. Der gleiche Senat hat es in einer früheren Entscheidung (NJW 1980, 2660) nicht für ausgeschlossen gehalten, daß die zuständigen Bundesbehörden im Rahmen von Vereinbarungen, die nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut zu treffen seien, verpflichtet sein könnten, darauf hinzuwirken, daß Rechte Dritter nicht verletzt werden. Der beschließende Senat teilt grundsätzlich diese Auffassung. Er hält es aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes i.S. von Art.19 Abs.4 GG für unabdingbar notwendig, Maßnahmen ausländischer Streitkräfte, die kraft völkerrechtlicher Vereinbarungen der deutschen Hoheitsgewalt bzw. Gerichtsbarkeit nicht unterliegen, der Antragsgegnerin rechtlich jedenfalls insoweit zuzurechnen, daß der Bürger, der unmittelbaren Rechtsschutz gegen Maßnahmen solcher ausländischen Streitkräfte nicht erlangen kann, jedenfalls gegenüber der Antragsgegnerin als "Verursacherin" dieser Situation gewisse, wenn auch nach Lage der Dinge nur eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten eingeräumt erhält, die darauf gerichtet sein können, daß die Antragsgegnerin im Rahmen der ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten zum Schutz des Bürgers gegenüber der ausländischen Macht in geeigneter Weise auf die Beachtung innerstaatlichen Rechts bzw. die Vermeidung von Rechtsbeeinträchtigungen für den Bürger hinwirkt. ...
      Was die von der Antragstellerin geltend gemachte Beeinträchtigung in ihrem Recht aus Art.2 Abs.2 GG angeht, so verkennt der beschließende Senat durchaus nicht, daß die hier von den US-Streitkräften beabsichtigte Stationierung der Kampfhubschrauber und Starrflügler und die damit einhergehende intensive Nutzung des Flugplatzes mit einer erheblichen Lärmbelastung für die Bevölkerung der Umgebung, und damit auch für die Antragstellerin, verbunden ist bzw. sein kann. ... Denn der Erlaß der ... begehrten einstweiligen Anordnung scheitert jedenfalls daran, daß die Antragstellerin keinen Anspruch darauf hat, daß sich die Antragsgegnerin gerade in der von ihr gewünschten Weise - nämlich durch die im Antrag zu 1a näher bezeichnete Einwirkung auf die Vereinigten Staaten von Amerika - verhält.
      Wie oben bereits dargelegt wurde, sind die US-Streitkräfte kraft der ihnen durch völkerrechtliche Vereinbarungen eingeräumten Stellung der deutschen Hoheitsgewalt und insbesondere auch der deutschen Gerichtsbarkeit - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich nicht unterworfen. Das gilt namentlich auch in bezug auf die Nutzung der ihnen kraft Völkerrechts im Bundesgebiet überlassenen Liegenschaften. Dies hat zur Folge, daß der einzelne Bürger gegen Grundrechtsbeeinträchtigungen oder sonstige Rechtsverletzungen, die mit der Nutzung dieser Liegenschaften verbunden sind, nicht unmittelbar gegenüber den ausländischen Streitkräften gerichtlichen Schutz und gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. Vielmehr verbleibt in derartigen Fällen für den Bürger allein die Möglichkeit, durch eine entsprechende Einflußnahme auf die Antragsgegnerin angemessenen Rechtsschutz gegen Rechtsbeeinträchtigungen solcher Art zu erlangen. Aus dem Umstand, daß die Antragsgegnerin die Verminderung bzw. Erschwerung von Rechtsschutzmöglichkeiten des Bürgers in diesem Bereich zu verantworten hat und sich zurechnen lassen muß, folgt umgekehrt, daß die Antragsgegnerin bzw. die staatlichen Organe eine besondere grundrechtliche Schutzpflicht gegenüber dem Bürger trifft. Diese grundrechtliche Schutzpflicht bezeichnet die Pflicht des Staates, nicht nur auf Eingriffe von seiner Seite zu verzichten, sondern dazu beizutragen, daß die in den Grundrechtsgewährleistungen enthaltenen Werte gefördert und von anderer Seite nicht beeinträchtigt werden ... Aus dem Umstand, daß den Staatsorganen die Aufgabe der Verwirklichung und Erhaltung der durch die Verfassung gesetzten Werte zugewiesen ist, folgt aber keineswegs zwangsläufig, daß der Einzelne entsprechende Leistungen einklagend fordern könnte. So wird, was die Gewährung diplomatischen Schutzes angeht, nach herrschender Auffassung ein Anspruch auf Schutzgewährung verneint und lediglich ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung durch das für den diplomatischen Schutz zuständige Staatsorgan zugebilligt. Die Pflicht zu diplomatischem Schutz besteht immer dann, wenn grundrechtliche Positionen beeinträchtigt werden. Dabei kann die Einzelableitung der Pflicht zum diplomatischen Schutz aus dem Gedanken der grundrechtlichen Schutzpflicht zu einer Ermessenskonkretisierung führen und sich der Ermessensspielraum im Einzelfall auch möglicherweise einmal auf Null reduzieren. Wird also beispielsweise deutschen Staatsbürgern durch fremde Hoheitsgewalt Eigentum entschädigungslos entzogen, so besteht die - auf der grundrechtlichen Schutzpflicht nach Art.14 GG basierende - Pflicht der dazu jeweils zuständigen deutschen Staatsorgane, in eine Abwägung darüber einzutreten, ob und wie zum Schutz des Eigentums eingeschritten werden soll. Dieser grundrechtlich fundierten Pflicht korrespondiert ein ebenso grundrechtlich fundierter Anspruch auf eine solche fehlerfrei vorzunehmende Abwägung, wobei in dem nicht auszuschließenden Einzelfall, daß ein bestimmtes Einschreiten das einzig fehlerfreie Ergebnis dieses Abwägungsvorganges ist, sich auch der Anspruch faktisch zum Anspruch auf Durchführung dieser Maßnahme konkretisieren würde.
      In diesem Zusammenhang kommt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Problematik der Schutzgewährung durch deutsche Stellen gegenüber fremden Staaten maßgebliche Bedeutung zu. Nach dieser Rechtsprechung (vgl. dazu BVerfGE 40, 141 [177f.] ...) obliegt den Organen der Bundesrepublik von Verfassungs wegen die Pflicht zum Schutz deutscher Staatsangehöriger und ihrer Interessen gegenüber fremden Staaten. Wird diese Pflicht versäumt, kann dies objektiv eine Verfassungsverletzung darstellen. Soweit in einem solchen Fall völkerrechtliche Verträge eine Rolle spielen, ist nach den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts von vornherein zu berücksichtigen, daß im außenpolitischen Bereich der Bundesregierung wie allen anderen zu politischem Handeln berufenen Stellen allgemein ein breiter Raum politischen Ermessens zusteht und daß namentlich bei internationalen Vertragsverhandlungen der Kreis der möglichen Verhandlungsergebnisse sich auf das dem Verhandlungspartner gegenüber politisch Erreichbare verengt. Den Trägern der auswärtigen Gewalt muß insoweit eine Bewegungsfreiheit vorbehalten bleiben, deren Nutzung legitimerweise vorwiegend von politischen Zielsetzungen und Wertungen bestimmt wird mit der Folge, daß sich in diesem Bereich zu treffende Entscheidungen der staatlichen Gewalt etwa über die Begrenzung des Inhalts und der rechtlichen Tragweite eines Vertrages ihrer Natur nach weitgehend richterlicher Beurteilung entziehen. Diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts hat Klein (DÖV 1977, 709) zu Recht dahin interpretiert, daß die deutschen Staatsorgane einer verfassungsrechtlichen Pflicht unterlägen, deutsche Staatsangehörige und ihre Interessen gegenüber fremden Staaten zu schützen, wobei aber offen bleibt, ob dieser objektiven Pflicht (in vollem Umfang) ein durchsetzbares subjektives Recht entspreche. Unabhängig davon habe aber bereits die objektive Schutzpflicht nicht den Inhalt, daß sie den zuständigen Staatsorganen abverlangen würde, außenpolitische Abstinenz zu üben in dem Sinn, daß sie vom Abschluß völkerrechtlicher Verträge mit einem anderen Staat Abstand nehmen müßten, wenn es ihnen nicht gelänge, gegenüber eben diesem Staat an sich durchaus gebotene Schutzmaßnahmen durchzusetzen. In späteren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht an dieser Einschätzung festgehalten, wie namentlich auch die ... Entscheidung vom 16.12.1980 (BVerfGE 55, 349 ... Fall "Hess") zeigt. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht in Anknüpfung an seine früheren Erwägungen zu dieser Problematik u.a. ausgeführt, namentlich im außenpolitischen Bereich stehe der Bundesregierung wie allen anderen insoweit zum politischen Handeln berufenen staatlichen Organen allgemein ein breiter Raum politischen Ermessens zu. Das gelte auch für die Frage, ob und in welcher Weise Auslandsschutz gewährt werde. Die Verwaltungsgerichte seien demzufolge darauf beschränkt, die Handlungen und Unterlassungen der Bundesregierung auf Ermessensfehler hin nachzuprüfen. Die Weite des Ermessens im auswärtigen Bereich habe ihren Grund darin, daß die Gestaltung auswärtiger Verhältnisse und Geschehensabläufe nicht allein vom Willen der Bundesrepublik Deutschland bestimmt werden könne, sondern vielfach von Umständen abhängig sei, die sich ihrer Bestimmung entzögen. Um die jeweiligen politischen Ziele der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des völkerrechtlich und verfassungsrechtlich Zulässigen durchsetzen zu können, gewähre das Grundgesetz den Organen der auswärtigen Gewalt einen sehr weiten Spielraum in der Einschätzung außenpolitischer Sachverhalte wie der Zweckmäßigkeit möglichen Verhaltens. Von Verfassungs wegen sei es daher nicht geboten, daß die Bundesregierung gerade die vom Beschwerdeführer beantragten Maßnahmen zu seinem Schutz ergreife. Allein aus dem Umstand, daß die bisher unternommenen wesentlichen Schritte der Bundesregierung den vom Beschwerdeführer erstrebten Erfolg nicht hätten bewirken können, ergebe sich noch nicht ohne weiteres die verfassungsrechtliche Pflicht der Bundesregierung, nunmehr bestimmte andere Maßnahmen von möglicherweise größerer Tragweite zu ergreifen. Es müsse ihrer außenpolitischen Einschätzung und Abwägung überlassen bleiben, inwieweit sie andere Maßnahmen für geeignet und angebracht halte. Selbst eine nach Auffassung eines deutschen Gerichts völkerrechtlich unzutreffende Rechtsauffassung, von der die Bundesregierung bei der Prüfung der Ermessensvoraussetzungen und der Ausübung ihres Ermessens im Bereich des Auslandsschutzes im Einzelfall ausginge, könnte nicht schon die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung begründen.
      Mit Recht hat zwar die Antragstellerin darauf hingewiesen, daß sich der Sachverhalt des vorliegenden Falles wesentlich von dem Sachverhalt unterscheidet, auf den sich die vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts beziehen. Denn dort handelte es sich nicht um eine von der deutschen Hoheitsgewalt abgeleitete Machtausübung der ehemaligen Siegermächte, sondern um eine aus dem Besatzungsrecht der damaligen Siegermächte abgeleitete Machtausübung, die der Bundesrepublik mithin nicht zugerechnet werden kann. Dies hindert jedoch nach Auffassung des Senats nicht daran, die in der genannten Entscheidung vom 16.12.1980 enthaltenen grundlegenden Erwägungen zu Art und Umfang der Schutzgewährung gegenüber Einwirkungen fremder Staaten auch für den hier zu entscheidenden Fall nutzbar zu machen, soweit sie nicht gerade auf spezifischen Besonderheiten der ihnen zugrundeliegenden konkreten Fallgestaltung beruhen. Letzteres kann indes von den oben wiedergegebenen Ausführungen gerade nicht angenommen werden; denn diese Ausführungen konkretisieren und vertiefen nur die vom Bundesverfassungsgericht schon in früheren Entscheidungen zu dieser Problematik dargelegte Rechtsauffassung (vgl. BVerfGE 6, 290 ...; BVerfGE 40, 141 [147ff.] ...). Auch in späteren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht an diesen grundsätzlichen Erwägungen festgehalten und die Anwendung der Grundsätze auch auf den verteidigungspolitischen Bereich ausdrücklich ausgedehnt, wie die Entscheidungen vom 16.12.1983 (BVerfGE 66, 39 ...) und vom 18.12.1984 (BVerfGE 68, 1 ...) zur Stationierung von Pershing II Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zeigen. In der zuerst genannten Entscheidung ... hat etwa das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, die verfassungsrechtliche Kompetenz der für die Außen- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik zuständigen Bundesorgane schließe die Kompetenz ein, die Bundesrepublik Deutschland wirksam zu verteidigen. Welche Maßnahmen hierfür erfolgversprechend seien, obliege ihrer pflichtgemäßen politischen Entscheidung und Verantwortung. Es sei nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, jenseits rechtlich normierter Vorgaben in diesem Bereich seine Einschätzungen an die Stelle der Einschätzungen und Erwägungen der zuständigen politischen Organe des Bundes zu setzen. Dies gelte auch für die Frage, in welcher Weise der objektivrechtlichen Schutzpflicht des Staates in bezug auf Grundrechte im Bereich der Außen- und der Verteidigungspolitik gegenüber fremden Staaten genügt werde. In seiner Entscheidung vom 18.12.1984 (BVerfGE 68, 1 ...) hat das Bundesverfassungsgericht schließlich ausgeführt, Art.24 Abs.1 GG ermögliche es, im Rahmen eines Verteidigungsbündnisses Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Stationierung verbündeter Streitkräfte zur Verfügung zu stellen und dem Verteidigungszweck des Bündnisses dienliche Befehlsstrukturen über diese Streitkräfte und ihren Einsatz zuzulassen. Einschätzungen und Wertungen außen- und verteidigungspolitischer Art oblägen der Bundesregierung. Das Grundgesetz ziehe dieser Beurteilungsmacht nur die Grenze offensichtlicher Willkür. Innerhalb dieser äußersten Grenze habe das BVerfG nicht nachzuprüfen, ob die Einschätzungen oder Wertungen der Bundesregierung zutreffend oder unzutreffend seien, da es insoweit rechtlicher Maßstäbe ermangele; sie seien vielmehr politisch zu verantworten.
      Aus dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt also ganz allgemein, daß den zuständigen Organen der Bundesrepublik Deutschland - soweit außen- oder verteidigungspolitische Aspekte bei Maßnahmen oder Entscheidungen eine Rolle spielen - relativ weitreichende Handlungsspielräume eröffnet sind, die einer Beanstandung durch die Gerichte erst dann überhaupt zugänglich sind, wenn das Handeln der zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland offensichtlich willkürlich ist. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Die Antragsgegnerin hat durchaus vertretbare und nachvollziehbare Gründe dafür angeführt, daß und warum sie nicht im hier gegebenen Zusammenhang gerade in der von der Antragstellerin gewünschten Weise gegenüber den zuständigen Stellen der Regierung der Vereinigten Staaten vorgehen will, um mögliche künftige Rechtsbeeinträchtigungen für die Antragstellerin bzw. weitere Immissionsbelastungen des dortigen Raumes zu vermeiden. Sie hat ferner glaubhaft dargelegt, daß sie sich auf dem Verhandlungsweg, von dem sie sich einen nachhaltigeren Erfolg verspricht, gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten ernsthaft darum bemühe, durch eine teilweise Verlagerung der Stationierung der Hubschrauber auf andere Militäreinrichtungen eine zusätzliche Belastung des Wiesbadener Raumes bzw. eine Beeinträchtigung der dort lebenden Bevölkerung durch Lärmimmissionen möglichst gering zu halten.