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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


1881. VORABENTSCHEIDUNGSVERFAHREN

Nr.87/1

Ungeachtet des Umstandes, daß die Revision gegen Urteile des Finanzgerichts der Zulassung bedarf, ist dieses kein letztinstanzliches Gericht und daher zur Einholung von Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht verpflichtet.

Even though appeals from decisions of the tax court require special leave, it is not a court of last instance and thus not obliged to request preliminary rulings from the European Court of Justice.

Bundesfinanzhof, Beschluß vom 3.2.1987 (VII B 129/86), NJW 1987, 3096 (ZaöRV 48 [1988], 758)

Einleitung:

      Der Beschwerdeführer war aus Belgien in die Bundesrepublik übergesiedelt und hatte seinen PKW von dort eingeführt. Erst einige Monate später erwirkte er die deutsche Zulassung des Wagens. In der Zwischenzeit war dieser in Belgien zugelassen und besteuert worden. Das deutsche Finanzamt zog den Beschwerdeführer für denselben Zeitraum zur Kfz-Steuer heran. Seine Klage dagegen blieb erfolglos. Das Finanzgericht führte aus, die Doppelbesteuerung verstoße nicht gegen Gemeinschaftsrecht, holte aber keine Vorabentscheidung des EuGH ein. Die Revision ließ es nicht zu. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde, die darauf gestützt war, daß die Nichtzulassung der Revision dem Beschwerdeführer die Möglichkeit nehme, eine Vorabentscheidung des EuGH herbeizuführen, wies der Bundesfinanzhof zurück.

Entscheidungsauszüge:

      Das Finanzgericht war auch nicht etwa zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH - für den Bereich von Vorabentscheidungen gesetzlicher Richter i.S. von Art.101 Abs.1 Satz 2 GG ... - verpflichtet. Das Finanzgericht ist, auch wenn eine zulassungsfreie Revision (§116 FGO) nicht eingelegt werden kann, kein Gericht, dessen Entscheidungen nicht mit Rechtsmitteln nach innerstaatlichem Recht angefochten werden können. Denn wegen Nichtzulassung der Revision ist die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft und damit eine Rechtsmittelmöglichkeit gegeben (vgl. zur übereinstimmenden Rechtslage im Verwaltungsstreitverfahren BVerwG, Buchholz 451.90 Nrn.43, 59 ...), mittels der die spezifische Zielsetzung von Art.177 Abs.3 EWGV gewahrt ist (vgl. EuGHE 1977, 957 [972] hinsichtlich der Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens zur Hauptsache auf eine letztinstanzliche Entscheidung im Verfahren wegen einstweiliger Verfügung). Daraus folgt, daß das Finanzgericht nicht gemäß Art.177 Abs.3 EWGV (grundsätzlich) zur Vorlage an den EuGH verpflichtet, sondern als Instanzgericht dazu nur befugt ist (Art.177 Abs.2 EWGV). Unterläßt das Finanzgericht die Einholung einer Vorabentscheidung, so liegt darin kein Verstoß gegen Verfahrensrecht ..., insbesondere wird dadurch kein Beteiligter seinem gesetzlichen Richter entzogen.