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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


481. ANERKENNUNG AUSLÄNDISCHER GERICHTSENTSCHEIDUNGEN

Nr.87/3

Ausländische Verurteilungen dürfen nicht in das Bundeszentralregister eingetragen werden, wenn das Strafverfahren dem völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard elementarer Verfahrensgerechtigkeit nicht genügte oder das Urteil gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der deutschen öffentlichen Ordnung verstößt.

Foreign sentences may not be entered into the federal central registry (Bundeszentralregister), if the criminal proceedings did not meet the international minimum standards of fair trial or if the sentence violates indispensable elementary constitutional principles of German public policy.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluß vom 6.8.1987 (1 V As 43/87), NStZ 1988, 136 (ZaöRV 48 [1988], 725 f.)

Einleitung:

      Der Betroffene war von einem jugoslawischen Gericht wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtskräftig verurteilt worden. Die Verurteilung wurde im Bundeszentralregister vermerkt. Der Generalbundesanwalt lehnte den Antrag des Betroffenen auf Entfernung dieser Eintragung ab; der Bundesjustizminister wies die hiergegen gerichtete Beschwerde zurück. Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht führt aus, Registerbehörde und Gericht seien nicht befugt, eine rechtskräftige Verurteilung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Allerdings könne im Einzelfall die Eintragung einer ausländischen Verurteilung in das Bundeszentralregister aus völkerrechtlichen Gründen unzulässig sein.

Entscheidungsauszüge:

      Desweiteren ist die Rechtsauffassung der Registerbehörden zutreffend, wonach solche ausländischen Verurteilungen von der Eintragung in das Bundeszentralregister auszunehmen sind, die entweder aufgrund von Verfahrensordnungen oder jedenfalls in Anwendung von einzelnen Verfahrensvorschriften ergangen sind, die dem völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard elementarer Verfahrensgerechtigkeit (fair trial) und den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der deutschen öffentlichen Ordnung nicht genügen. Die Nachprüfung ergibt jedoch im vorliegenden Fall, daß die vom Betroffenen als unrichtig bekämpfte Verurteilung des Gemeindegerichts R. weder offensichtlich fehlerhaft ist noch Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß in dem in Jugoslawien gegen den Betroffenen durchgeführten Strafverfahren gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard elementarer Verfahrensgerechtigkeit oder gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der deutschen öffentlichen Ordnung verstoßen worden ist.
      Außer Frage steht, daß das Urteil nach öffentlicher Verhandlung in öffentlicher Sitzung, in welcher die beiden Mitangeklagten des Betroffenen durch Verteidiger vertreten waren, was folglich dem Betroffenen ebenfalls möglich gewesen wäre, ergangen ist ... Dem Urteil des Gemeindegerichts R. ist weiterhin zu entnehmen, daß der Betroffene sowohl während des Ermittlungsverfahrens als auch während der Hauptverhandlung Gelegenheit hatte, sich angemessen zu verteidigen. Wenn das Gericht letztlich den wechselnden Einlassungen der Angeklagten, die im Urteil näher dargelegt und eingehend erwogen worden sind, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht folgte, stellt dies keinen Verstoß gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard oder gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der deutschen öffentlichen Ordnung dar. Die ... Beweiswürdigung hält durchaus rechtsstaatlichem Standard stand, wobei die Grundsätze freier Beweiswürdigung eingehalten wurden. Letztendlich kann keine Rede von einem Verstoß gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" sein ...