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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1994


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Hans-Konrad Ress


V. Organe des diplomatischen und konsularischen Verkehrs

      25. Nach § 26 EStG können Ehegatten beantragen, nach dem vorteilhaften Splitting-Tarif zusammen veranlagt zu werden, sofern beide Ehegatten im Veranlagungszeitraum unbeschränkt steuerpflichtig waren. Das FG Hamburg führte in seinem - nicht rechtskräftigen38 - Urteil vom 17.10.1994 (V 43/93 - EFG 1995, 440) aus, daß Diplomaten und Konsularbeamte ausländischer Missionen im Empfangsstaat nur als beschränkt steuerpflichtig zu behandeln seien, da sie trotz Wohnsitzes und Aufenthalts nicht im Hoheitsbereich ansässig seien. Dies ergebe sich bereits aus einem dahin gehenden allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatz sowie aus den Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen39 und über konsularische Beziehungen40. Im vorliegenden Fall hatte die Ehefrau eines portugiesischen Konsularbeamten beim zuständigen Finanzamt vergeblich geltend gemacht, zusammen mit ihrem Ehegatten veranlagt zu werden. Nach dem einschlägigen Art. 49 Abs. 1 Buchst. d WÜK ist ein Konsularbeamter im Empfangsstaat nur mit Einkünften aus dortigen Quellen steuerpflichtig. Der Extraterritorialitäts-Grundsatz gilt jedoch gemäß Art. 71 WÜK u. a. nicht für den Fall, daß Konsularbeamte im Empfangsstaat "ständig ansässig" sind. Das FG erblickte bei dem aus Portugal nach Deutschland entsandten Ehemann der Klägerin keine Anhaltspunkte, die eine ständige Ansässigkeit begründen könnten. Da Konsularbeamte grundsätzlich trotz Wohnung und Aufenthalt als exterritorial bzw. nichtansässig anzusehen seien, lasse sich der Ausnahmefall ihrer ständigen Ansässigkeit nur anhand besonderer Anforderungen feststellen. Das Gericht nahm Bezug auf die bisher geübte Verwaltungspraxis, wonach ein nach Deutschland entsandter Bediensteter, der die Absicht bekundet, ständig hier zu bleiben, ab dem Zeitpunkt einer entsprechenden Mitteilung des Missionschefs an das Auswärtige Amt als ständig ansässig geführt werden kann41. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben, daher bleibe der portugiesische Konsularbeamte auch nach seiner Eheschließung mit der deutschen Klägerin beschränkt steuerpflichtig.



      38 Es wurde Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH eingelegt (Az. I B 23/95).
      39 Übereinkommen vom 18.4.1961, BGBl. 1964 II, 959.
      40 Übereinkommen vom 24.4.1963, BGBl. 1969 II, 1585.
      41 Vgl. koord. Ländererlaß FinMin Nordrhein-Westfalen vom 15.7.1973, abgedruckt in Korn/Debatin, Doppelbesteuerung, Allgemeiner Teil Anhang B I 30 d.