Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Logo Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Sie befinden sich hier: Publikationen Archiv Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1995

Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1995


Inhalt | Zurück | Vor

Volker Röben


XII. Internationaler Menschenrechtsschutz

1. Europäische Menschenrechtskonvention

g) Übersetzungen (Art. 6 Abs. 3 lit. a) EMRK)

       73. Mit Beschluß vom 13.12.1995 (4 StR RR 263/95 - BayObLGSt 1995, 215=NStZ 1996, 248) entschied das BayObLG, daß sich aus Art. 6 Abs. 3 EMRK keine Verpflichtung ergebe, dem Adressaten einer Ladung eine Übersetzung zuzustellen. Allerdings habe ein Ausländer vor deutschen Gerichten die gleichen prozessualen Grundrechte sowie den gleichen Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren und auf umfassenden und effektiven gerichtlichen Schutz wie jeder Deutsche. Mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache dürften bei einem Ausländer nicht zu einer Verkürzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führen oder seinen Anspruch auf ein rechtsstaatliches faires Verfahren beeinträchtigen. Hieraus habe das Bundesverfassungsgericht gefolgert, daß ein der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtiger Ausländer, dem ein Strafbefehl ohne eine in einer für ihn verständlichen Sprache abgefaßten Rechtsmittelbelehrung ausgestellt worden sei, im Fall der Fristversäumung nicht anders behandelt werden dürfe als wenn die Belehrung überhaupt unterblieben wäre. Der Senat schloß sich dieser Rechtsprechung an, verneinte aber das Vorliegen der genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall.