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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1997


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Lars-Jörgen Geburtig


X. Internationaler Menschenrechtsschutz

1. Europäische Menschenrechtskonvention

b) Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK)

       83. In seinem Urteil vom 18.3.1997 (5 U 4/96 - NJW 1998, 167) beschäftigte sich das OLG Zweibrücken mit der Frage der Waffengleichheit im Zivilprozeß bei der Würdigung von Tatsachen, die Gegenstand eines Vieraugengespräches waren. Wenn bei einem solchen Gespräch nur die Parteien und ein Zeuge aus dem Lager der beweisbelasteten Partei zugegen waren, gebiete es der in Art. 6 Abs. 1 EMRK verankerte und im Zivilprozeß zu wahrende Grundsatz der Waffengleichheit, daß der nicht beweisbelasteten Partei im Rahmen einer persönlichen Anhörung Gelegenheit gegeben wird, die Tatsachen aus ihrer Sichtweise zu schildern. Die Anordnung der Anhörung sei von Amts wegen zu treffen. Sie gebe, auch wenn sie keine Beweiserhebung darstelle und nicht wie eine Parteivernehmung gewürdigt werden dürfe, dem Gericht zusätzliche Gesichtspunkte bei der Würdigung der Aussage des gehörten Zeugen. Das gelte insbesondere dann, wenn die Aussage eines Zeugen gewürdigt werden soll, bei dem eine Interessenverflechtung und eine mehr "formale" Zeugenstellung zu gewärtigen sei.

       84. Das Bundesarbeitsgericht führte in seinem Urteil vom 29.10.1997 (5 AZR 508/96 - NJW 1998, 1331 = MDR 1998, 421 = JZ 1998, 790) aus, daß Art. 6 Abs. 1 EMRK es nicht gebietet, den auf seiten einer Partei heimlich einem Telefongespräch zuhörenden Dritten als Zeugen zu vernehmen. Das heimliche Mithörenlassen von Telefongesprächen verletze das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners, weshalb eine Verwertung dieses Beweismittels unzulässig sei. Da die Beweisnot des Klägers selbst verursacht sei, da er den Gesprächspartner vom Mithören eines Zeugen hätte informieren können, sei das Prinzip der Waffengleichheit aus Art. 6 Abs. 1 EMRK im zu entscheidenden Fall nicht verletzt.