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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1997


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Lars-Jörgen Geburtig


V. Staatsangehörigkeit

3. Mehrfache Staatsangehörigkeit

       26. Mit seinem Urteil vom 13.6.1997 (6 L1/95 - StAZ 1998, 116) bestätigte das OVG Mecklenburg-Vorpommern die Ausführungen des VG Greifswald vom November 1994 (5 A 1189/ 92 - StAZ 1995, 109)33, wonach die Klägerin, eine ehemalige DDR-Staatsbürgerin, die 1981 die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hatte, 1982 aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entlassen wurde und 1983 nach Österreich übersiedelte, die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt. Zum einen habe die Klägerin die DDR-Staatsbürgerschaft aufgrund der ihrem Antrag entsprechenden Entlassung am 8.12.1982 verloren, so daß diese im Zeitpunkt der Wiedervereinigung eine deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr vermitteln konnte. Zum anderen fehle es bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des BVerfG, wonach die Bundesrepublik Deutschland die Staatsbürger der DDR als zum Kreis der deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Grundgesetzes gehörend betrachten darf, an einem durch die Klägerin im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland geäußerten Aktualisierungsbegehren. Das BVerfG habe den Status der DDR-Staatsbürger als deutsche Staatsbürger immer erst dann als gegeben angesehen, wenn diese in den Hoheitsbereich der Bundesrepublik gelangt sind und die Aktualisierung der deutschen Staatsangehörigkeit hingenommen oder begehrt haben. Im übrigen sei die - seinerzeit unaktualisierte - deutsche Staatsangehörigkeit der Klägerin nach Kap. 1 Art. 1 Abs. 1 des Mehrstaaterübereinkommens verloren gegangen, als die Klägerin am 6.3.1981 die österreichische Staatsangehörigkeit angenommen hat.34

       27. In bezug auf die Pflicht zur Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach § 87 Abs. 1 AuslG führte das OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 16.9.1997 (25 A 1816/96 - NVwZ-RR 1998, 519 = InfAuslR 1998, 186) aus, daß § 87 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 AuslG keine Regelbeispiele für die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Satz 1 AuslG darstellen, sondern die Voraussetzungen, unter denen der Gesetzgeber davon ausgeht, daß die Staatsangehörigkeit nur unter besonders schwierigen Bedingungen i.S.d. § 87 Abs. 1 Satz 1 AuslG aufgegeben werden kann, abschließend beschreiben. Außer in den ausdrücklich aufgeführten Fällen, in denen die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen möglich ist, könne daher eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit nicht erfolgen.

      



      33 Vgl. Ress (Anm. 2), [23].
      34 Das BVerwG hat mit Beschl. vom 8.9.1997 die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin verworfen.