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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1999


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Ludger Radermacher


II. Staatensukzession

       6. Mit Beschluß vom 1.7.1999 (7 B 2/99 - VIZ 1999, 658 ff.) erklärte das BVerwG, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht für eine in der ehemaligen DDR vorgenommene und tatsächlich entschädigungslos gebliebene Enteignung völkerrechtlich in der Weise einstehen muß, daß sie die Enteignung rückgängig zu machen hat. Als niederländische Staatsangehörige machte die Klägerin vermögensrechtliche Ansprüche an einem Grundstück geltend, das von der ehemaligen DDR zunächst als ausländisches Vermögen verwaltet und später auf der Grundlage des Aufbaugesetzes enteignet wurde. Die festgesetzte Entschädigung wurde mit den auf den Grundstück lastenden Hypotheken verrechnet. Die nach Abweisung der Klage durch das VG auf die Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde blieb mangels geltend gemachter grundsätzlicher Bedeutung erfolglos. Das BVerwG erklärte, daß ein in § 1 Abs. 1 lit. a VermG vorausgesetzter entschädigungsloser hoheitlicher Eigentumszugriff nicht gegeben ist, da die Enteignungen nach dem Aufbaugesetz aufgrund des hierzu erlassenen Entschädigungsgesetzes entschädigungspflichtig gewesen sind. Auf einen tatsächlichen Zufluß der Enteignungsentschädigung komme es nach der Rechtsprechung des BVerwG nicht an.8 Ein Verstoß gegen die nach Art. 25 GG einen Bestandteil des Bundesrechts bildenden allgemeinen Regeln des Völkerrechts sei schon deshalb nicht gegeben, weil Enteignungen auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR nicht der Bundesrepublik Deutschland zugerechnet werden könnten. Die Staatsgewalt der Bundesrepublik habe sich nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich auf das seinerzeitige Gebiet der Bundesrepublik beschränkt. Es sei einhellige Auffassung in der völkerrechtlichen Literatur, daß im Falle des Untergangs eines Staates der Nachfolgestaat nicht für Verletzungen des Völkerrechts durch den früheren Staat hafte. Völkerrechtliche Schadensersatz- und Wiedergutmachungsansprüche, die sich gegen den untergegangenen Staat richteten, gingen mit dessen Untergang ebenfalls ersatzlos unter. Das Völkerrecht kenne keine Pflicht, der von einem anderen Staat vorgenommenen entschädigungslosen Enteignung die Anerkennung zu versagen.




      8 BVerwGE 95, 248 = VIZ 1994, 292 = NJW 1994, 2105.