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Tätigkeitsbericht für das Jahr 2000


IX. Aktivitäten im Wissenstransfer

C. Financing of Political Parties in Comparative Perspective. Studie im Auftrag des Political Affairs Committee der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Das traditionelle Modell der politischen Partei, die vollständig oder weitgehend von den regelmäßigen Beiträgen ihrer Mitglieder lebt, entspricht nicht mehr den gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Realitäten. Vielmehr hat die Wichtigkeit eines Einkommens aus anderen Quellen dramatisch zugenommen, womit die Einflußmöglichkeiten externer Geldgeber gestiegen sind. Somit steht die Parteienfinanzierung heutzutage in dem Spannungsfeld zwischen einem steigenden Finanzbedarf zur Sicherung der Funktion der Parteien als modernes politisches Forum, das von einer starken Präsens insbesondere in den Medien abhängt, einerseits und der Gefahr unangemessener Einflußnahme durch Geldgeber andererseits.

In diesem Kontext sind die wachsenden Sorgen der Bürger in zahlreichen europäischen Ländern zu sehen, die nicht zuletzt nach der Aufdeckung mehrerer Skandalfälle eine schwindende Unabhängigkeit der politischen Parteien und eine wachsende Korrumpierbarkeit ihrer Repräsentanten befürchten. Vor diesem Hintergrund hat das Political Affairs Committee der Parlamentarischen Versammlung des Europarates das Institut mit einer Studie beauftragt, in der rechtsvergleichend die Systeme der Parteienfinanzierung in verschiedenen Europäischen Staaten untersucht werden sollten. Der Untersuchung zugrundegelegt wurden Analysen der Parteienfinanzierung in den Ländern Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Russische Föderation, Schweiz, Spanien, Tschechische Republik und Vereinigtes Königreich.

Die von Prof. Frowein und Dr. Bank erstellte Studie zeigt, daß alle Finanzierungsmodelle, die über die reine Mitgliederfinanzierung hinausgehen, nicht unproblematisch sind. Beispielsweise ist die Finanzierung über Beiträge von Parlamentariern an ihre Parteien, die von ihren Diäten abgezogen werden, schwerlich vereinbar mit der Unabhängigkeit der Parlamentarier, zu deren Sicherung die Diäten gezahlt werden. Auch der Idee des freien Mandats läuft eine solche „Parteisteuer“ entgegen, jedenfalls soweit mit ihr den Parlamentariern eine de-facto Verpflichtung auferlegt wird. Spenden durch Private bergen die Gefahr, daß eine Verbindung zwischen der Bereitstellung von Mitteln und bestimmten politischen Entscheidungen hergestellt wird, wobei schon der bloße Eindruck einer solchen Verknüpfung das Vertrauen der Öffentlichkeit zu unterminieren vermag. Andererseits kreiert eine stärkere Betonung der Finanzierung aus öffentlichen Quellen eine Abhängigkeit vom Staat, die der Funktion der Parteien als Interessenvertreter des Wahlvolkes zuwiderlaufen kann.

Die Studie legt daher nahe, daß das beste System einer Parteienfinanzierung in einer Mischung verschiedener Quellen der Finanzierung liegt, wenn gleichzeitig besonders problematische Finanzierungsformen strikt begrenzt werden und die gesamte Finanzierung vollständig transparent gestaltet wird. Ferner müssen strenge, unabhängige und effiziente Kontrollverfahren eingeführt und Verletzungen der Vorschriften mit Sanktionen belegt werden.



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