Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Logo Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Sie befinden sich hier: Publikationen Archiv 2000

Tätigkeitsbericht für das Jahr 2000


IX. Aktivitäten im Wissenstransfer

G. The Participation of Minorities in Decision-making Processes. Studie im Auftrag des Committee of Experts on Issues Relating to the Protection of National Minorities (DH-MIN) des Europarates

Die Beteiligung von Minderheiten im politischen Entscheidungsprozeß ist in den völkerrechtlichen Verträgen zum Minderheitenschutz ebenso wie in sonstigen auf internationaler Ebene formulierten Standards in sehr allgemeiner Form geschützt. Die Praxis in den einzelnen Mitgliedsstaaten variiert sehr stark, wie eine Umfrage des DH-MIN ergeben hat. Vor diesem Hintergrund hat das DH-MIN des Europarates beim Institut eine Studie in Auftrag gegeben, mit der die verschiedenen Ansätze vergleichend analysiert werden sollten. Dabei sollte auch untersucht werden, welche Faktoren für den einen oder anderen Lösungsansatz bestimmend waren.

Die von Prof. Frowein und Dr. Bank erstellte Analyse hat gezeigt, daß die große Mehrheit der Staaten Maßnahmen getroffen hat, um die Beteiligung von Minderheiten am politisichen Prozeß zu fördern. Nur vereinzelt versuchen Staaten, die Bildung von Minderheitenorganisationen und -parteien zu unterbinden; ein solches Vorgehen ist völkerrechtlich ohnehin nur in sehr engen Grenzen zulässig.

Die Möglichkeiten zur Privilegierung von Minderheiten im politischen Prozeß werden beeinflußt durch verfassungsrechtliche Vorgaben im jeweiligen Land. So vermag etwa das Prinzip der Gleichheit der Wahl, das bei übermäßiger Privilegierung von Minderheitenparteien zu Problemen hinsichtlich der Gleichheit des Erfolgswertes der Stimmen führen kann, den Handlungsspielraum des Staates zu begrenzen.

Allgemeiner gesprochen wird eine Verfassung, die die Einheitlichkeit des Staatsvolks betont, die positive Diskriminierung zugunsten von Minderheiten nahezu unmöglich machen, während eine Anerkennung von Minderheiten und ihrer Rechte in der Verfassung diesbezüglich einen großen Spielraum eröffnet.

Wie in der Studie festgestellt wird, sind entscheidende Faktoren für die Geeignetheit einer bestimmten Maßnahme insbesondere die Größe und geographische Verteilung einer Minderheit. So können beispielsweise Mehrheitswahlsysteme eine angemessene Repräsentation einer Minderheit gewährleisten, die eine lokale Konzentration erreicht, die sie in einer Region zur Mehrheit macht. Auch für die Schaffung von Autonomiestatuten spielt die Bevölkerungskonzentration eine Rolle. So kommt etwa eine territoriale Autonomie nur für Minderheiten mit einer hohen geographischen Konzentration in einem Landesteil in Betracht, und auch eine funktionale Autonomie mag nur bei einem gewissen Mindestmaß an Konzentration in einigen Gebieten praktikabel sein.

Abgesehen von diesen Faktoren liegt die Auswahl der Maßnahmen zur Förderung der Beteiligung von Minderheiten weitgehend im politischen Ermessen des jeweiligen Staates. Im Hinblick auf die Verhütung oder Lösung von Konflikten ist jedoch zu betonen, daß der fairen Beteiligung von Minderheiten im politischen Prozeß eine Schlüsselrolle zukommt.



Inhalt | Zurück | Vor