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Tätigkeitsbericht für das Jahr 2001


IX. Aktivitäten im Wissenstransfer

D. Teilnahme an der XXIV. Antarktisvertragsstaatenkonferenz in St. Petersburg

Als Rechtsberaterin der deutschen Delegation des Auswärtigen Amtes nahm Dr. Vöneky an der XXIV. Vertragsstaatenkonferenz der Parteien des Antarktisvertrages, die vom 9. bis zum 20. Juli in St. Petersburg stattfand, teil.

Ein Schwerpunkt der Beratungen war auch in diesem Jahr die Konzeption eines Haftungsannex zum Umweltprotokoll des Antarktisvertrages. Bisher wurde die Verpflichtung nach Art. 16 des Umweltprotokolls des Antarktisvertrages, Haftungsregeln für Umweltschädigungen festzulegen, von den Vertrags-parteien nicht umgesetzt.

Grundlage der Diskussion der Staatenvertreter der damit befaßten Arbeitsgruppe I in St. Petersburg war ein Entwurf des Haftungsannex, der von den USA eingebracht worden war, sowie ein davon nur wenig abweichender Entwurf des neuseeländischen Vorsitzenden der Arbeitsgruppe I. Kern des Entwurfs der USA ist eine Regelung, die eine Haftung der Staaten nur dann vorsieht, wenn sie bei Verschmutzungsnotfällen, die auf staatliche Aktivitäten zurückgehen, keine effektiven Gegenmaßnahmen getroffen haben oder wenn sie - sofern die Notfälle auf private Akteure zurückgehen - nicht sichergestellt haben, daß diese Akteure für das Unterlassen notwendiger Gegenmaßnahmen finanziell verantwortlich sind. Nicht vorgesehen ist daher eine unmittelbare zivilrechtliche Haftung von privaten Akteuren für Verschmutzungsnotfälle oder eine Haftung für die Verursachung von Umweltschäden. Haftungsvoraussetzung ist allein das Unterlassen von Gegenmaßnahmen bei Umweltnotfällen. Dabei ist der Begriff der "Umweltnotfälle" auf ungeplante und unfallbedingte Ereignisse beschränkt, die einen schädlichen Einfluß auf die antarktische Umwelt haben.

Unter den teilnehmenden Staatenvertretern und Rechtsexperten waren die entscheidenden Regelungen des US-Entwurfs umstritten: Nach der deutlich gemachten Ansicht der deutschen Delegation, die von anderen Staaten unterstützt wurde, sollte eine ausdrückliche Haftungsregelung für vorsätzliche und geplante Umweltschädigungen in den Annex einbezogen werden. Zudem sollten nicht nur schädliche Auswirkungen auf die antarktische Umwelt einen Umweltnotfall konstituieren, sondern auch Auswirkungen auf abhängige und zugehörige Ökosysteme. Die deutsche Delegation betonte, daß nach ihrer Ansicht die Pflicht zum Ergreifen von Gegenmaßnahmen auch eine Pflicht zur Wiederherstellung und Wiedergutmachung beinhalte. Grundlegend in Zweifel gezogen wurde von den Vertretern der Bundesrepublik Deutschland auch, ob ein auf das Unterlassen von Gegenmaßnahmen begrenzter Haftungsannex dem Auftrag des Art. 16 des Umweltprotokolls gerecht werde. Zusammen mit der italienischen Delegation brachte die deutsche Delegation ein Papier ein, wonach einem so begrenzten Haftungsannex als "erster Schritt" für ein umfassendes Haftungsregime nur zugestimmt werden könne, wenn dieser Schritt bereits "bedeutsam" sei und die weiteren Schritte klar umrissen werden.

Über die streitigen Fragen des Entwurfs konnte keine Einigung erzielt werden: Während Deutschland mit Italien und den skandinavischen Ländern wesentlich weitergehende Haftungsregelungen als in dem vorgelegten Entwurf enthalten befürworteten, schlossen sich die lateinamerikanischen Länder der von den USA vorgeschlagenen Minimallösung an; China lehnte dagegen jede Regelung ab, welche die Forschung beeinträchtigen könnte. Die Verhandlungen über den Haftungsannex zum Umweltprotokoll des Antarktisvertrages werden bei der XXV. Vertragsstaatenkonferenz 2002 in Warschau fortgesetzt werden.