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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1993


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Christian Walter

VIII. Ausländer

d. Visarecht

    73. In einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage machte die Bundesregierung Ausführungen zu den Voraussetzungen, unter denen deutsche diplomatische Vertretungen im Ausland einem Ausländer, der die Erteilung eines Touristenvisums beantragt, dieses Visum trotz der Vorlage aller notwendigen Urkunden und Bescheinigungen wegen nicht zweifelsfrei nachgewiesenem Rückkehrwillen verweigern:

    "Die deutschen Auslandsvertretungen erteilen oder versagen Visa an Ausländer nach den Vorschriften des Ausländergesetzes. Danach besteht grundsätzlich, bis auf wenige Ausnahmen des Familiennachzuges, kein Rechtsanspruch auf die Erteilung eines Visums und auf Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. [...] Ihre Frage zielt hier offensichtlich auf die Fallgestaltung ab, in der statt des beantragten Touristenvisums ein Visum mit Zustimmung der Ausländerbehörde erteilt werden müßte, weil ein Aufenthalt von über 3 Monaten mit oder ohne Arbeitsaufnahme beabsichtigt ist. Hat die Auslandsvertretung diesen Eindruck, kann sie auch bei Vorlage der von Ihnen auf geführten Urkunden und Bescheinigungen das Visum wegen mangelnden Rückkehrwillens verweigern. Um das Vorliegen der Rückkehrbereitschaft festzustellen, lädt die Auslandsvertretung den Visumbewerber zu einem Interview. Dabei wird er über den Zweck, die Dauer seines Besuches und den Einladenden sowie über die Verwurzelung in seinem Heimatland befragt. Kommt die Auslandsvertretung unter Abwägung aller relevanten Umstände daraufhin zu der Überzeugung, daß Zweifel an der Rückkehrwilligkeit bestehen, kann sie das Visum versagen."151

    74. In einer weiteren Antwort auf eine Schriftliche Anfrage betonte die Bundesregierung, daß ehemalige Deutsche, die unter Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eine andere Staatsangehörigkeit angenommen haben, den allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen in gleicher Weise unterlägen wie andere Ausländer. Es sei weder vorgesehen noch möglich, ehemalige Deutsche von der Visumspflicht auszunehmen, soweit diese an die Staatsangehörigkeit anknüpfe. Soweit der Bundesregierung bekannt sei, hätten ehemalige Deutsche in der Praxis keine Schwierigkeiten, das erforderliche Visum zu erhalten152.

    75. Auf der Tagung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am 10. und 11. Dezember 1993 in Brüssel153 wurde im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres die Erstellung einer gemeinsamen Liste von Drittländern vereinbart, für deren Staatsangehörige Visumszwang gelten soll154.
 


    151Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage, BT-Drs. 12/4483, 5 f.
    152Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage, BT-Drs. 12/5082, 6.
    153Vgl. die Schlußfolgerungen des Vorsitzes, Bull. Nr. 10 vom 2.2.1994, 77.
    154Bull. Nr. 10 vom 2.2.1994, 80 f.