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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1993


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Christian Walter

XII. Zusammenarbeit der Staaten

d. Polizeiliche Zusammenarbeit

    142. Am 9. Juni 1993 erging das Zustimmungsgesetz zu dem Protokoll vom 24. Februar 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher gewalttätiger Handlungen auf Flughäfen, die der internationalen Zivilluftfahrt dienen306. Das Protokoll ergänzt das Montrealer Übereinkommen vom 23. September 1971307. Es bildet nach Auffassung der Bundesregierung mit diesem eine Einheit. Es soll über das Montrealer Übereinkommen hinaus nicht nur im Einsatz befindliche Luftfahrzeuge oder Flugnavigationseinrichtungen schützen, sondern die Verfolgung von Straftaten sicherstellen, die dem internationalen Zivilluftverkehr dienende Flughäfen betreffen. Die Bundesregierung führte in ihrer Denkschrift aus, daß die Bundesrepublik Deutschland ihrer aus dem Protokoll folgenden Verpflichtung, gewalttätige Handlungen auf Flughäfen unter Strafe zu stellen, bereits durch die bestehenden Straftatbestimmungen nachkomme. Die Schaffung neuer, materiell-rechtlicher Vorschriften zur Umsetzung des Protokolls sei daher nicht erforderlich308.

    143. Am 22. Juli 1993 erging das Zustimmungsgesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und Psychodrogen (VN-Suchtstoffübereinkommen 1988)309.

    144. Am 30. Oktober 1993 trat die Ministervereinbarung vom 2. Juni 1993 über die Einrichtung der EUROPOL-Drogeneinheit in Kraft310. Die Einheit besteht aus einem oder mehreren Verbindungsbeamten jedes Mitgliedstaates, die an einem zentralen Ort als Kooperationsstab die Europol-Drogeneinheit bilden sollen. Zweck der Einheit ist im wesentlichen der Austausch personenbezogener Informationen zwischen den Mitgliedstaaten, um bestimmte kriminalpolizeiliche Ermittlungen im Hinblick auf drogenbezogene Straftaten zu fördern. Dabei sollen auch allgemeine Lageberichte und Verbrechensanalysen auf der Grundlage nichtpersonenbezogener Informationen, die von den Mitgliedstaaten geliefert werden oder aus anderen Quellen stammen, erarbeitet werden. Die Vereinbarung enthält Bestimmungen über den Umgang mit Informationen und den Datenschutz.

    145. In einer Schriftlichen Antwort auf eine mündliche Parlamentarische Anfrage äußerte sich die Bundesregierung zum Stand der Verhandlungen über eine EUROPOL-Konvention:

    "Die seinerzeitige britische Präsidentschaft der TREVI-ad-hoc-Arbeitsgruppe EUROPOL hat gegen Ende Juni 1993 einen ersten Rohentwurf einer EUROPOL-Konvention vorgelegt. Diese erste und in allen wesentlichen Punkten noch rudimentäre Entwurfsfassung dient als Grundlage der Beratungen in der Arbeitsgruppe. Sie enthält vorläufige Regelungsvorschläge zu den Bereichen Errichtung, Ziele und Aufgaben von EUROPOL, die Rolle der nationalen Behörden, die mit EUROPOL in Kontakt treten, Datenschutz, die Rechtsnatur von EUROPOL, Personal- und Leitungsfragen, Haushaltsfragen, Verantwortlichkeitsfestlegungen, Erweiterungsmöglichkeiten und Schlußbestimmungen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Konventionsentwurf in weiten Teilen noch änderungs- und erweiterungsbedürftig ist und daß hierzu noch eine Reihe von fachlichen Vorüberlegungen anzustellen sind. Dies gilt insbesondere für Fragen der Systemarchitektur von EUROPOL und damit zusammenhängend des Datenschutzes."311

    146. Am 22. Oktober 1993 wurde im Rahmen der deutsch-italienischen Konsultationen ein Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten geschlossen. In dem Abkommen werden Maßnahmen zur gemeinsamen Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität und Rauschgiftkriminalität festgelegt. Außerdem werden ein Ausbau des Netzes der ständigen Verbindungsbeamten sowie regelmäßige Treffen der Vertreter der Polizei beider Staaten vereinbart312.

    147. Am 15. Juli 1993 wurde das Übereinkommen über den Rechtsstatus des Internationalen Suchdienstes in Arolsen unterzeichnet313. Das Abkommen verleiht dem Internationalen Suchdienst in Arolsen Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie die Möglichkeit, nach deutschem Recht die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Rechtsgeschäfte (Arbeits-, Miet- und Kaufverträge) zu schließen sowie vor Gericht aufzutreten.

    148. In seiner Rede in der Sonderplenardebatte der Generalversammlung der Vereinten Nationen betonte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Eduard Lintner, die Verknüpfung zwischen Entwicklungshilfe und Antidrogenpolitik. Ziel dürfe nicht mehr nur das schlichte Ersetzen der Drogenpflanze gegen legale Pflanzen sein, sondern es müsse versucht werden, mit Hilfe entwicklungspolitischer Ansätze auch das soziale Umfeld positiv zu verändern, um die Akzeptanz des Anbaus von Drogenpflanzen zu verringern. Außerdem forderte er alle Länder der Welt auf, das VN-Suchtstoffübereinkommen zu ratifizieren314.

    149. In einer Mündlichen Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage äußerte sich die Bundesregierung zum Zeitpunkt der Ratifikation des Übereinkommens des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlungen, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten. Die Ratifizierung setze nicht nur die zwischenzeitlich erfolgte Pönalisierung der Geldwäsche voraus, sondern auch eine Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und die Einführung eines Gewinnaufspürungsgesetzes. Nach Verabschiedung dieser Gesetze werde die Bundesregierung das Vertragsgesetz zu dem Übereinkommen, das bisher nur vom Vereinigten Königreich ratifiziert worden sei, unverzüglich einbringen315.

    150. In einer Antwort auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage äußerte sich die Bundesregierung zu ihren Vertragsvorhaben zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Es sei beabsichtigt, mit den Ländern, die die Rechtsnachfolge der UdSSR angetreten haben, das 1991 mit der ehemaligen UdSSR geschlossene, jedoch noch nicht in Kraft getretene Übereinkommen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität durch neu zu verhandelnde bilaterale Abkommen zu ersetzen. Im Vordergrund stünden dabei Vereinbarungen mit der Russischen Föderation, der Weißrussischen Republik, der Ukraine und den Baltischen Staaten. Außerdem würden erste Gespräche mit Polen und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit in den Grenzregionen geführt316.

    151. In einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage äußerte sich die Bundesregierung zur Frage des Gebrauchs gefälschter und unechter ausländischer Führerscheine in Deutschland. Dabei wies sie auf die Verordnung vom 1. April 1993317 hin. Für den Fall, daß der betreffende Führerscheininhaber einen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik begründe und seit dieser Begründung ein Jahr verstrichen sei, sei eine Umschreibung des Führerscheins in einen deutschen erforderlich. Nach der geänderten Verordnung müßten nunmehr Inhaber von Führerscheinen aus Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft künftig vor der Umschreibung die übliche Fahrerlaubnisprüfung ablegen. Davon befreit seien nur Inhaber von Führerscheinen aus solchen Drittländern, bei denen außer der Gleichwertigkeit von Ausbildung und Prüfung sowie der Gegenseitigkeit bei der Umschreibung auch die Zuverlässigkeit der Dokumentation durch den Führerschein ausreichend gewährleistet sei318.
 


    306BGBl. 1993 II, 866.
    307BGBl. 1977 II, 1229.
    308BT-Drs. 12/3196, 10.
    309BGBl. 1993 II, 1136; vgl. dazu bereits auch Langenfeld (Anm. 7), Ziff. 111; das Abkommen ist in Kraft seit dem 28.2.1994, BGBl. 1994 II, 496.
    310BGBl. 1995 II, 154.
    311BT-PlPr., 181. Sitzung, Anlage 5, 15642 f.
    312Innere Sicherheit Nr. 6 vom 6.12.1993, 21.
    313BGBl. 1994 II, 2750.
    314Bull. Nr. 93 vom 29.10.1993, 1047 f.
    315Antwort der Bundesregierung auf eine Parlamentarische Anfrage, BT-PlPr., 133. Sitzung, 11576.
    316Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/4792, 44 f.; vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/5189, 15 f.
    317BGBl. 1993 I, 412.
    318Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/5189, 36 f.