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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1995


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Christian Walter

XII. Zusammenarbeit der Staaten

c. Arbeits- und sozialrechtliche Zusammenarbeit

    135. Am 6. August 1993 erging das Zustimmungsgesetz zu dem Abkommen vom 5. März 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Chile über Rentenversicherung292. Das Abkommen begründet unter Wahrung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit Rechte und Pflichten von Einwohnern beider Staaten in bezug auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über Rentenversicherungen. Es sieht die Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, die Zusammenrechnung deutscher und chilenischer Versicherungszeiten für den Leistungsanspruch und die uneingeschränkte Rentenzahlung auch bei Aufenthalt im anderen Vertragsstaat vor293.

    136. Am 12. Januar 1993 ergingen die Zustimmungsgesetze zu den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation Nr. 48 vom 20. Juni 1977 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Berufsgefahren infolge von Luftverunreinigung, Lärm und Vibrationen an den Arbeitsplätzen294, Nr. 162 vom 24. Juni 1986 über Sicherheit bei der Verwendung von Asbest295 und Nr. 167 vom 20. Juni 1988 über den Arbeitsschutz im Bauwesen296.

    137. Am 3. November 1993 unterzeichneten der Bundesminister für Arbeits- und Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland und das Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge der Italienischen Republik eine Vereinbarung über die Erstattung von Aufwendungen für Leistungen der Arbeitslosenversicherung297.

    138. Durch Notenwechsel vom 1. März/30. April 1993 wurde die deutsch-polnische Vereinbarung über die Entsendung von Arbeitnehmern polnischer Unternehmen zur Ausführung von Werkverträgen vom 31. Januar 1990298 geändert. Der neu gefaßte Art. 8 Abs. 3 sieht vor, daß Unternehmen, die Werkverträge durchführen, verpflichtet sind, dem Arbeitnehmer den Lohn zu zahlen, den deutsche Tarifverträge für vergleichbare Tätigkeiten vorsehen.

    139. In den Berichtszeitraum fällt die Verkündung des deutsch-slowenischen Abkommens über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Arbeits- und Sozialpolitik vom 13. Juni 1992299 und die Bekanntmachung des deutsch-bulgarischen Abkommens über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Arbeits- und Sozialpolitik vom 7. Juli 1991300.

    140. Am 17. Mai 1993 unterzeichneten die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der Russischen Föderation eine Vereinbarung über die Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Erweiterung ihrer beruflichen und sprachlichen Kenntnisse (Gastarbeitnehmervereinbarung)301.
    Am 5. April 1993 leitete die Bundesregierung die Ratifikationsverfahren zu dem Abkommen vom 25. März 1981 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über Kindergeld302 und zu dem Abkommen vom 20. September 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Kindergeld303 ein. Die Verträge sehen vor, daß in einem Vertragsstaat beschäftigte Arbeitnehmer Kindergeld auch für ihre im anderen Vertragsstaat wohnenden Kinder erhalten. Dies bedeutet insbesondere auch Zahlung von deutschem Kindergeld an in Deutschland beschäftigte marokkanische bzw. tunesische Arbeitnehmer für ihre in Marokko bzw. Tunesien wohnenden Kinder. Die Kindergeldsätze richten sich nach den Verhältnissen des Wohnlandes und damit nach den niedrigeren marokkanischen bzw. tunesischen Kindergeldsätzen für Kinder in Marokko bzw. in Tunesien304.

    141. Im Verhältnis zu Dänemark trat vereinzelt das Problem auf, daß sich deutsche Bauunternehmen im Rahmen von Bauaufträgen, die sie mit ihren deutschen Arbeitnehmern in Dänemark zu erfüllen hatten, auf Druck dänischer Gewerkschaften zur Abänderung ihrer Arbeitsbedingungen gezwungen sahen. In einem konkreten Fall konnte der Konflikt dadurch beigelegt werden, daß sich die IG Bau-Steine-Erden und Vertreter der dänischen Baugewerkschaft einigten, daß nur Mitglieder der IG Bau-Steine-Erden auf dänischen Baustellen arbeiten dürften. In einer Antwort auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage erachtete die Bundesregierung diese Lösung insofern als unbefriedigend, als sich die deutschen Arbeitnehmer gegenüber der dänischen Gewerkschaft auf die in der Bundesrepublik Deutschland verfassungsrechtlich garantierte negative Koalitionsfreiheit berufen hatten, ohne sich durchsetzen zu können. Sie führte weiter aus:

    "Nach dem Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht, das von der Bundesrepublik Deutschland und von Dänemark ratifiziert wurde und das seit 1. April 1991 in Kraft ist, können deutsche Arbeitnehmer im Falle vorübergehender Entsendung ihre deutschen Arbeitsbedingungen während ihrer Arbeit in Dänemark beibehalten, soweit diese nicht durch dänische 'Bestimmungen, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln', verdrängt werden. Was zu diesem Bestand an zwingenden nationalen Bestimmungen des Arbeitsortes gehört, ist bisher nicht EG-einheitlich festgelegt. Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in Dänemark keine gesetzliche Bestimmung, die dänische oder ausländische Arbeitnehmer verpflichtet, einer dänischen Gewerkschaft beizutreten"305.



    292BGBl. 1993 II, 1225.
    293Vgl. Denkschrift der Bundesregierung zum Abkommen, BT-Drs. 12/4888, 19.
    294BGBl. 1993 II, 74; in Kraft seit 18.11.1994, BGBl. 1994 II, 3869.
    295BGBl. 1993 II, 83; in Kraft seit 18.11.1994, BGBl. 1994 II, 3761.
    296BGBl. 1993 II, 94; in Kraft seit 18.11.1994, BGBl. 1994 II, 3862.
    297BGBl. 1993 II, 2203.
    298BGBl. 1990 II, 602.
    299In Kraft seit 17.7.1992, Bundesarbeitsblatt Nr. 6, 1993, 44.
    300In Kraft seit 3.9.1991, Bundesarbeitsblatt Nr. 4, 1993, 26.
    301In Kraft seit 17.5.1993, Bundesarbeitsblatt Nr. 11, 1993, 38.
    302BT-Drs. 12/4691.
    303BT-Drs. 12/4692.
    304Vgl. Denkschrift der Bundesregierung, BT-Drs. 12/4691, 12; BT-Drs. 12/4692, 12; vgl. auch die Ausführungen der Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage, BT-Drs. 12/4778, 4 f.
    305Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/4434, 40 f.