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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1997


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Christian Walter

XVII. Friedenssicherung und Kriegsrecht

c. Kollektive nicht-militärische Maßnahmen

    254. Hinsichtlich der Beteiligung an Wirtschaftssanktionen des Sicherheitsrats sei allgemein auf Ziff. 196 verwiesen.

    255. Vor dem Hintergrund des VN-Embargos gegen Serbien äußerte sich die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage zur Beschäftigung von Werkvertragsarbeitnehmern aus Serbien:

    "Die Resolution Nr. 757 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 30. Mai 1992 ist durch die Verordnung (EWG) 1432/92 vom 1. Juni 1992 gemeinschaftsweit umgesetzt worden. Danach sind Verträge über Dienstleistungen, die eine Förderung der Wirtschaft der Republiken Serbien und Montenegro bewirken, seit dem 31. Mai 1992 verboten. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat die Bundesanstalt für Arbeit am 9. Juni 1992 angewiesen, keine neuen Werkverträge mit Firmen aus Serbien und Montenegro mehr zu genehmigen. Aus Gründen des nationalen und internationalen Rechts war es nicht möglich, die Genehmigung bereits vor diesem Zeitpunkt bewilligter Werkverträge zurückzunehmen. [...] Aufgrund der Resolution Nr. 820 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 17. April dieses Jahres ist der Zahlungsverkehr mit Serbien und Montenegro weiter beschränkt worden. Zahlungen an serbische und montenegrinische Einzelpersonen und Unternehmen sind nur noch mit einer Genehmigung durch die Deutsche Bundesbank und - bei Zahlungen an Unternehmen - allenfalls auf ein Sperrkonto möglich. Die Bundesanstalt für Arbeit hat auf Veranlassung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung die deutschen und serbischen oder montenegrinischen Partner von Werkverträgen auf diese Rechtslage und die Strafbarkeit bei Verstößen gegen das Zahlungsverbot oder gegen die Genehmigungspflicht hingewiesen."624
    Hinsichtlich der Zahlung von Gebühren durch die Lufthansa für den Überflug über das Gebiet Rest-Jugoslawiens führte die Bundesregierung aus:
    "Die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gegen Rest-Jugoslawien (Serbien, Montenegro) am 14. April 1993 mit Wirkung vom 16. April 1993 erlassenen Sanktionen (Resolution Nr. 820) enthalten keine Regelungen, die unmittelbar den Luftverkehr betreffen. Der Überflug jugoslawischen Gebietes ist nicht untersagt. Lufthansa und andere deutsche sowie ausländische Luftverkehrsgesellschaften überfliegen dieses Gebiet unverändert auf dem Weg nach Südost-Europa und Fernost. Die Bundesregierung hat in Übereinstimmung mit den Sanktionen der Vereinten Nationen den Luftverkehrsgesellschaften bereits 1992 untersagt, entstehende Flugsicherungsgebühren unmittelbar auf jugoslawische Konten zu überweisen. Lufthansa und andere deutsche Luftverkehrsgesellschaften zahlen demzufolge die Gebühren auf ein Sperrkonto ein."625
    In einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage äußerte sich die Bundesregierung zu der Frage, ob Firmen, die als Tochtergesellschaften serbischer Außenhandelsbetriebe in Verdacht stehen, das VN-Embargo zu umgehen, auf geeignete Weise bekannt gemacht werden könnten. Die Bundesregierung führte aus, daß die zur Umsetzung ergangenen Rechtsvorschriften nicht voraussetzten, daß serbisch kontrollierte Unternehmen in einer Liste bekannt gemacht würden. Gleichwohl prüfe die Bundesregierung derzeit, ob die ihr vorliegenden Unterlagen möglicher betroffener Firmen den Schluß zuließen, daß es sich um "serbisch-kontrollierte" Unternehmen handle und ob eine Bekanntgabe der Namen rechtlich möglich wäre626.
    In einer Erklärung vom 19. April 1993 unterstützte Bundeskanzler Kohl die mit der Resolution des Sicherheitsrats vom 17. April 1993 erfolgte Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Serbien/Montenegro. Er forderte darüber hinaus, die Mitgliedschaft von Serbien/Montenegro in allen internationalen Organisationen zu suspendieren627.
    Mit einer Anordnung zu zusätzlichen Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs mit Serbien/Montenegro vom 26. April 1993 setzte die Bundesregierung die mit Resolution Nr. 820 vom 17. April 1993 u. a. beschlossenen zusätzlichen Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs gegenüber Serbien und Montenegro in das nationale Recht um628.

    256. In einer Erklärung zum ehemaligen Jugoslawien im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit betonten die Minister, daß ein internationales Gericht für Strafsachen erforderlich sei und verliehen ihrer Bereitschaft Ausdruck, diese Initiative bei den Vereinten Nationen zu unterstützen629.

    257. In einer weiteren Erklärung im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit vom 8.1.1993 verurteilten die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten wiederholte Verstöße des Irak gegen Resolutionen des VN-Sicherheitsrats:

    "Irak hat seine Politik, VN-Inspektionsgruppen bei der Wahrnehmung der ihnen im Einklang mit Resolution 687 und den nachfolgenden Resolutionen des VN-Sicherheitsrats erteilten Aufgaben vorsätzlich zu behindern, fortgesetzt. Die Schikanierung und Einschüchterung von Konvois und Personal im humanitären Hilfseinsatz sind Bestandteil dieser Gesamtpolitik. Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten verurteilen nachdrücklich die Politik Iraks, sich nicht an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen zu halten. Das wiederholte Eindringen Iraks in die Flugverbotszone südlich des 32. Breitengrades und die Stationierung von Boden-/Luft-Flugkörpern in dieser Zone stellen eine unmittelbare Bedrohung der Bemühungen dar, mit denen die Völkergemeinschaft sicherstellen will, daß Irak alle einschlägigen Resolutionen des Sicherheitrats befolgt. Daher kann ein solches Verhalten nicht akzeptiert werden."630



    624Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage, BT-Drs. 12/6431, 32 f.
    625Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage, BT-Drs. 12/4885, 47.
    626Antwort der Bundesregierung auf eine Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/4951, 32.
    627Bull. Nr. 31 vom 21.4.1993, 270.
    628BAnz. Nr. 79, 3953.
    629Bull. Nr. 6 vom 18.1.1993, 47.
    630Bull. Nr. 5 vom 15.1.1993, 39.