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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1993


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Christian Walter

XV. Europäische Gemeinschaften

c. Sonstige Entwicklungen

    215. Am 25. März 1993 beschlossen die Regierungen der EG-Mitgliedstaaten den Rechtsakt zur Änderung des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank, mit der der Rat der Gouverneure zur Errichtung eines europäischen Investitionsfonds ermächtigt wird. Dieser Zusatz zu dem Protokoll über die Satzung der Europäischen Investitionsbank stellt eine Änderung des EWG-Vertrages gem. Art. 236 dar. Er bedarf deshalb der Ratifikation durch die Vertragsparteien. Das Zustimmungsgesetz erging am 13. Januar 1994561. Mit der Änderung werden die Voraussetzungen für die Gründung des Europäischen Investitionsfonds mit eigener Rechtspersönlichkeit und finanzieller Autonomie durch einen eigenen Gouverneurratsbeschluß geschaffen. Ziel des Investitionsfonds ist es, Infrastrukturvorhaben im Rahmen der Transeuropäischen Netze (Verkehr, Telekommunikation und Energie) zu fördern und kleine und mittlere Unternehmen durch die Übernahme von Garantien für Darlehen zu unterstützen. Die Europäische Gemeinschaft, die Europäische Investitionsbank und Finanzinstitute aus Mitgliedstaaten der Gemeinschaft können Mitglieder des Fonds werden.

    216. Am 4. März 1993 leitete die Bundesregierung das Ratifikationsverfahren zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Europäischen Gemeinschaften über die Durchführung des Art. 11 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaft ein562. Art. 11 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften regelt die Übertragung von Versorgungsanwartschaften beim Ausscheiden eines Beamten aus dem Dienst der Europäischen Gemeinschaften und dem Eintritt in den Dienst einer Verwaltung oder einer innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung bzw. beim Ausscheiden aus dem Dienst einer Verwaltung, einer innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung oder einem Unternehmen, um in den Dienst der Europäischen Gemeinschaften einzutreten. Mit dem Abkommen sollen die rechtlichen und technischen Voraussetzungen für die Übertragung von Versorgungsanwartschaften geschaffen werden.

    217. Zum Wegfall der Zoll- und Personenkontrollen an den innergemeinschaftlichen Grenzen führte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage aus, daß im Zuge der Vollendung des europäischen Binnenmarktes zum 1. Januar 1993 an den gemeinsamen Grenzen der EG-Mitgliedstaaten die Zollkontrollen gänzlich entfallen seien. Damit seien die Mitgliedstaaten jedoch nicht verpflichtet, auch die Personenkontrollen ab diesem Zeitpunkt zu unterlassen. Es sei in Aussicht genommen, noch im Jahre 1993 an den gemeinsamen Grenzen der Schengener Vertragsstaaten die Personenkontrollen völlig entfallen zu lassen563. Zu den näheren Einzelheiten der Auswirkungen des Schengen-Abkommens sei auf Ziff. 22 verwiesen.
    Zu ihrer Haltung zur Verordnung (EWG) Nr. 404/93 vom 13. Februar 1993 (Bananenmarktordnung) führte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage aus, daß sie insbesondere gegen die Außenhandelsbestimmungen der Marktorganisation Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben habe:

    "Die Marktorganisation für Bananen wirkt sich nicht nur negativ für die Verbraucher aus, sondern ist auch handels- und entwicklungspolitisch bedenklich. Sie stimmt insbesondere nicht mit den Regeln des GATT-Welthandelsabkommens überein. Darüber hinaus gefährdet sie in Deutschland mittelständische Firmen in ihrer Substanz. Die Bundesregierung stimmt mit Ihnen darin überein, daß es sich bei den durch die Marktorganisation bedingten Entwicklungen nicht um ein 'schlichtes marktwirtschaftliches Risiko' handelt, sondern um einen unverhältnismäßigen und diskriminierenden hoheitlichen Eingriff in das Recht auf freie wirtschaftliche Betätigung und die bisher bestehenden Einfuhr- und Vermarktungsanteile der Unternehmen des Bananenhandels"564.
    Die Bundesregierung blieb mit ihrer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof allerdings erfolglos565.

    218. In einer Antwort auf eine Große Anfrage zur Vollendung des Europäischen Binnenmarktes brachte die Bundesregierung zum Ausdruck, daß nach ihrer Auffassung nur noch in wenigen Bereichen Regelungsbedarf bestehe, im übrigen solle hinsichtlich des Binnenmarkts jetzt eine Konsolidierungsphase folgen, während der es insbesondere darum gehe, die schon erlassenen europäischen Regelungen in nationales Recht umzusetzen und in der Verwaltungspraxis anzuwenden, damit sie ihre Wirkung entfalten könnten566.

    219. Am 11. November 1993 stimmte der Bundestag einem Gesetzentwurf der Bundesregierung567 zu, mit dem Bürgern anderer EG-Mitgliedstaaten die Möglichkeit verschafft werden soll, in Deutschland Beamte zu werden568.

    220. Hinsichtlich einer EG-weiten Harmonisierung der Exportkontrollpolitiken im Rüstungsbereich sei auf Ziff. 242 verwiesen.
 


    561BGBl. 1994 II, 90; in Kraft seit 1.5.1994, BGBl. 1994 II, 802.
    562BT-Drs. 12/4468.
    563Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/4650, 11.
    564Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage, BT-Drs. 12/6055, 11.
    565Urteil vom 5.10.1994, Rs. C-280/93, Slg. 1994, 1-4973.
    566Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage BT-Drs. 12/5589, 3 f.
    567BT-Drs. 12/3791.
    568BT-PlPr., 189. Sitzung, 16366.