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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1999


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Christian Walter

XI. Rechtshilfe und Auslieferung

a. Rechtshilfe

    106. Am 5. Oktober 1993 leitete die Bundesregierung das Ratifikationsverfahren zu dem Übereinkommen vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof ein. In ihrer Denkschrift führte die Bundesregierung aus, daß sich das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik anläßlich ihres Beitritts zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Art. 3 Abs. 2 der Beitrittsakte229 dazu verpflichtet hätten, dem Übereinkommen von 1968 und dem Auslegungsprotokoll von 1971 in der Fassung des Beitrittsübereinkommens von 1982 beizutreten und mit den übrigen Mitgliedstaaten Verhandlungen über die erforderlichen Anpassungen des Übereinkommens und des Protokolls an das Verfahrensrecht Spaniens sowie der Portugiesischen Republik aufzunehmen. Diese Verhandlungen hätten zu dem Beitrittsübereinkommen vom 26. Mai 1989 geführt. Mit seiner Ratifikation durch alle EG-Staaten sollten Spanien und Portugal als neue Mitgliedstaaten an den mit dem Übereinkommen verbundenen erheblichen Erleichterungen des Zivilrechtsverkehrs teilhaben können230.

    107. Am 1. Dezember 1993 trat die am 14. Dezember 1992 in Warschau unterzeichnete Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen zur weiteren Erleichterung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß in Kraft231. Die Vereinbarung enthält Bestimmungen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke, über die Behandlung von Rechtshilfeersuchen, die Sicherheitsleistung für Prozeßkosten und die Behandlung von Anträgen auf Prozeßkostenhilfe.

    108. In einer Antwort auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage nahm die Bundesregierung zu dem Übereinkommen vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen232 Stellung:

    "Das Übereinkommen vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen, das für Deutschland am 1. Februar 1992 in Kraft getreten ist, beschränkt sich nach Auffassung aller Mitgliedstaaten darauf, den verfahrensmäßigen Rahmen für Überstellungen vorzusehen. Es begründet keine Verpflichtung für die Vertragsstaaten, einem Ersuchen um Überstellung nachzukommen."233

    109. Zur effektiven Verfolgung des seit 1. September 1993 strafbaren sexuellen Mißbrauchs ausländischer Kinder im Ausland durch deutsche Staatsangehörige mit Lebensgrundlage im Inland führte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage aus:

    "Die Bundesministerin der Justiz hat den Bundesminister des Auswärtigen bereits gebeten, die Deutschen Botschaften in den Zielländern des 'Sex-Tourismus' anzuweisen, die Gastregierungen über die Gesetzesänderung in Kenntnis zu setzen und zu bitten, die deutschen Behörden über einschlägige Straftaten Deutscher - möglichst unter Beifügung von Beweismitteln - in Kenntnis zu setzen."234

    110. In einer Antwort auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage führte die Bundesregierung aus, daß Schwierigkeiten bei der Verfolgung ausländischer Verkehrsteilnehmer im Verhältnis zu den Niederlanden dadurch entstanden seien, daß aufgrund einer niederländischen Gesetzesänderung Verkehrsverstöße, die bislang als Vergehen bewertet worden seien und damit dem Strafrecht unterlegen hätten, nunmehr ähnlich gehandhabt würden wie im deutschen Ordnungswidrigkeitsrecht. Seither werde von holländischer Seite die Einschaltung von Interpol bei Datenabfragen verlangt. Vertreter des holländischen und des deutschen Justizministeriums seien Mitte Oktober 1993 übereingekommen, in dieser Spezialfrage unverzüglich Fachgespräche aufzunehmen. Dabei solle der Ablauf des Verfahrens bei Auskunftsbegehren neu geordnet werden.

    111. Vor dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages nahm Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zum Stand der Ratifikation des Übereinkommens zwischen den EG-Mitgliedstaaten vom 13. Oktober 1991 über die Vollstreckung ausländischer Strafurteile Stellung. Bisher sei das Übereinkommen noch von keinem Mitgliedstaat ratifiziert worden. In der Bundesrepublik sei eine Änderung des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen erforderlich geworden. Diese sei mit dem Ausführungsgesetz zum Internationalen Suchtstoffübereinkommen von 1988235 geschehen. Die Bundesregierung werde daher das Ratifikationsverfahren zum Übereinkommen über die Vollstreckung ausländischer Strafurteile alsbald einleiten236.

    112. Am 15. Februar 1993 wurden die Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) geändert237 und die Zuständigkeitsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Landesregierungen über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten neu gefaßt238.
 


    229BGBl. 1985 II, 1249, 1262.
    230BT-Drs. 12/5841, 1, 25.
    231BGBl. 1994 II, 361.
    232BGBl. 1991 II, 1007; vgl. bereits Langenfeld (Anm. 7), Ziff. 85, und Marauhn (Anm. 135), Ziff. 95, zum Inhalt des Übereinkommens.
    233Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/4296, 23.
    234Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 12/5905, 29 f.
    235Vgl. dazu unten Ziff. 143.
    236Woche im Bundestag Nr. 17 vom 29.9.1993, 5.
    237Beilage Nr. 40a zum BAnz. 1993.
    238BAnz. 1993, 6383.