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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


1825. GEMEINSCHAFTSRECHTSKONFORME AUSLEGUNG DES DEUTSCHEN RECHTS

Nr.87/1

Die Auslegung eines nationalen Rechtsakts, den der deutsche Gesetzgeber zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht erlassen hat, folgt der Auslegung des umgesetzten Gemeinschaftsrechts.

The interpretation of a national legislative act which the German legislature enacted for the purpose of transposing community law follows the interpretation of the transposed community law.

Finanzgericht Hamburg, Vorlagebeschluß vom 22.12.1987 (VI 305/85), EFG 1988, 389 (ZaöRV 48 [1988], 750)

Einleitung:

      Der Kläger betrieb eine gewerbliche Vermietung von hochseegängigen Segelyachten in einem deutschen Hafen. Die Mieter verließen die deutschen Hoheitsgewässer regelmäßig alsbald und segelten auf Hoher See oder in fremden Hoheitsgewässern, um erst zur Rückgabe des Bootes wieder in das deutsche Küstenmeer einzufahren. Der Kläger wurde für seine Umsätze zur Umsatzsteuer herangezogen, weil diese insgesamt im Inland gemacht worden seien. Nach §3a Abs.1 Satz 1 UStG wird eine gewerbliche Leistung im Inland ausgeführt, wenn der Unternehmer dort sein Unternehmen betreibt. Eine Ausnahme regelt §3a Abs.2 Nr.4 UStG, wonach bei der Vermietung körperlicher Gegenstände die Leistung dort ausgeführt wird, wo die Gegenstände genutzt werden. Eine Rückausnahme gilt für Beförderungsmittel. Der Kläger bestreitet, daß seine Yachten als Beförderungsmittel im Sinne des Gesetzes einzustufen seien. Die entscheidungserhebliche Rückausnahme ist zur Umsetzung der 6. Umsatzsteuerrichtlinie der EWG in das Umsatzsteuergesetz gelangt. Deshalb legt das Finanzgericht dem Europäischen Gerichtshof nach Art.177 Abs.2 EWG-Vertrag die Frage vor, wie der gemeinschaftsrechtliche Begriff "Beförderungsmittel" auszulegen sei.

Entscheidungsauszüge:

      Zwar ist vorliegend §3a Abs.2 Nr.4 UStG und damit innerstaatliches Recht von dem vorlegenden Senat auszulegen. Die Auslegung innerstaatlichen Rechts ist nicht Sache des EuGH und kann damit nicht Gegenstand einer Vorabentscheidung sein ... Bei der Auslegung der Vorschrift hat der Senat jedoch u.a. Sinn und Zweck der Vorschrift und die Ziele zu würdigen, die der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift verfolgt. Da der innerstaatliche Gesetzgeber mit dem UStG die 6.USt-RL getreulich in nationales Recht umsetzen wollte, kommt mithin der Auslegung, die der Richtliniengeber dem von ihm verwandten Begriff "Beförderungsmittel" beimißt, ausschlaggebende Bedeutung für die Auslegung des in §3a Abs.2 Nr.4 UStG übereinstimmend verwandten Begriffes zu. Die authentische Interpretation der Richtlinie durch den EuGH ist folglich die Basis für die Auslegung des nationalen Rechts und gewährleistet allein die einheitliche Umsetzung der Richtlinie in das Recht der Mitgliedstaaten ...