Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law Logo Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law

You are here: Publications Archive Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993

Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


Home | Inhalt | Zurück | Vor

Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


120. VÖLKERVERTRAGSRECHT

Nr.86/1 Auf das deutsch-italienische Doppelbesteuerungsabkommen können sich grundsätzlich nur Staatsangehörige der beiden vertragschließenden Staaten berufen.
In principle, only citizens of the two contracting states may invoke the German-Italian Double Taxation Convention.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 16.12.1986 (II K 233/85), EFG 1987, 230 (ZaöRV 48 [1988], 43)

Entscheidungsauszüge:

      Da der Kläger (Kl.), ein niederländischer Staatsangehöriger, im Streitjahr 1983 seinen Wohnsitz im Inland hatte, war er gem. §1 Abs.1 Satz 1 EStG in der Bundesrepublik Deutschland mit seinem Welteinkommen (§2 EStG) unbeschränkt steuerpflichtig. Der deutsche Steueranspruch wird durch Art.7 DBA-Italien, der das Besteuerungsrecht dem Staat des Ortes der Ausübung der nichtselbständigen Arbeit zuteilt, nicht ausgeschlossen. Denn dieses Abkommen gilt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die sich der Senat insoweit zu eigen macht, nur für die Staatsangehörigen der beiden vertragschließenden Staaten ( ... RFHE 46, 323; ... BFHE 120, 225, ...). Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf die ausführliche Begründung im BFH-Urteil vom 15. September 1971 ..., BFHE 103, 557, ... Die in diesem Urteil gemachten Ausführungen des BFH haben auch heute noch Gültigkeit. Der Kl. weist zwar zutreffend darauf hin, daß die bereits bei Abschluß des DBA-Italien keineswegs mehr der allgemeinen Rechtsüberzeugung entsprechende Auffassung, ein DBA gelte nur für die Staatsangehörigen der beiden vertragschließenden Staaten, inzwischen aufgegeben worden ist ... ; diese neue Auffassung kann aber bei der Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages, deren Ziel die Feststellung des wirklichen Parteiwillens zur Zeit des Vertragsschlusses ist, nicht berücksichtigt werden. Dies ergibt sich auch aus Art. 32 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (WÜRV), wonach als ergänzende Auslegungsmittel bei völkerrechtlichen Verträgen nur die vorbereitenden Materialien und die Umstände des Vertragsabschlusses berücksichtigt werden können. Die im 3. Abschnitt des WÜRV enthaltenen völkerrechtlichen Interpretationsregeln sind als Völkergewohnheitsrecht anzusehen und damit nach Art.25 GG auch innerstaatlich anwendbar ... . Das OECD-Musterabkommen, das aus dem Jahre 1977 stammt und auch noch nicht die Bedeutung von Völkergewohnheitsrecht hat, kann nach diesen Grundsätzen nicht als Auslegungsregel für das DBA-Italien herangezogen werden; vielmehr wäre es Sache der Staaten, die den Vertrag im Jahre 1925 geschlossen haben, diesen entsprechend zu ändern.

Hinweis:

      Das Urteil wurde durch den Bundesfinanzhof aus anderen Gründen aufgehoben (BStBl. 1989 II, 649). Der BFH stellte auf Art.24 Abs.1 DBA-Niederlande ab, wonach niederländischen Staatsangehörigen keine anderen oder höheren Steuern auferlegt werden dürfen als deutschen Staatsangehörigen unter sonst gleichen Verhältnissen: "Die Vorschrift ... gewährt den in der Bundesrepublik ansässigen Niederländern einen unmittelbaren Anspruch auf alle Steuerbefreiungen, die auch ein in der Bundesrepublik ansässiger Deutscher unter im übrigen gleichen Verhältnissen nach dem DBA-Italien hat."