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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


410. STAATSGEBIET

Nr.91/1

Die Antarktis stellt einkommensteuerrechtlich kein Ausland, sondern Niemandsland dar.

Under German income tax law, Antarctica is not a foreign country but terra nullius.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.6.1991 (VI R 185/87), RIW 1991, 966 (ZaöRV 53 [1993], 374)

Einleitung:

      Der klagende Arbeitnehmer war zeitweise in der Antarktis eingesetzt worden. Seine Versuche, eine Freistellung des auf diese Tätigkeit entfallenden Teils seines Arbeitslohns von der Besteuerung zu erreichen, blieben beim Finanzamt und Finanzgericht erfolglos.

Entscheidungsauszüge:

      II. ... 2. Wie das Finanzgericht zutreffend angenommen hat, liegen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses nicht vor:
      a) Zu Recht hat das Finanzgericht ausgeführt, daß sich dieses Ergebnis bereits aus dem Wortlaut des Auslandstätigkeitserlasses ergibt. So heißt es in dessen Abschn.II Abs.1, daß die 'Auslandstätigkeit ... mindestens drei Monate in Staaten ausgeübt werden (müsse), mit denen kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (bestehe) ... '. Die Antarktis gehört indessen nicht zu dem Hoheitsgebiet irgendeines Staates und stellt daher - steuerrechtlich - Niemandsland dar.
      b) Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird bestätigt durch die Auslegung des §34c Abs.5 EStG, der ... die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Auslandstätigkeitserlaß bildet.
      aa) Tatbestandliche Voraussetzung ... für die Ermessensentscheidung nach §34c Abs.5 EStG ist das Vorliegen 'ausländischer Einkünfte'. Was unter 'ausländischen Einkünften' in diesem Sinne zu verstehen ist, ergibt sich aus der Legaldefinition des §34d EStG. Nach §34d Nr.5 EStG stellen ausländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus einer solchen Tätigkeit dar, 'die in einem ausländischen Staat ausgeübt oder, ohne im Inland ausgeübt zu werden ..., in einem ausländischen Staat verwertet wird ...'. Diese Voraussetzungen sind bei einer nichtselbständigen Tätigkeit in der Antarktis, die zu keinem staatlichem Hoheitsgebiet gehört, nicht erfüllt.
      bb) Daß die Anwendung des §34c Abs.5 EStG im vorliegenden Fall einer Tätigkeit im steuerlichen Niemandsland nicht in Betracht kommt, verdeutlicht überdies die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift, ihr Sinn und Zweck sowie ihr systematischer Zusammenhang mit den übrigen Absätzen des §34c EStG. §34c EStG dient der Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung ...
      In diesem systematischen Zusammenhang ist §34c Abs.5 EStG als Auffangtatbestand für diejenigen Fälle zu verstehen, in denen die primär vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelungen zur Vermeidung von internationalen Doppelbesteuerungen (DBA, Steueranrechnung, Abzug ausländischer Steuern von der Bemessungsgrundlage) im konkreten Einzelfall nicht zu sachgerechten, außenwirtschaftlich erwünschten Ergebnissen führen ... §34c EStG setzt daher ... voraus, daß der Steuerpflichtige "ausländische Einkünfte i.S. des §34d EStG bezieht und diese Einkünfte sowohl einer ausländischen als auch einer inländischen Besteuerung unterliegen. Hieran fehlt es im Streitfall.