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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1994


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Hans-Konrad Ress


X. Europäische Gemeinschaften

4. Freizügigkeit

      97. Mit der Frage, ob ein Bürger der Europäischen Union aus einem Mitgliedstaat ausgewiesen werden darf, beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß vom 8.3.1994 (1 B 32.94 - InfAuslR 1994, 249). Der Kläger bezog sich auf die durch den Maastrichter Unionsvertrag vom 7.2.199291 in den EWG-Vertrag (jetzt EG-Vertrag) eingeführte Vorschrift des Art. 8a, nach der jeder Unionsbürger vorbehaltlich der in dem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen das Recht hat, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Obwohl das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis kam, daß der Unionsvertrag zum maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage noch nicht in Kraft gewesen sei, führte es aus, daß die im Sinne des Art. 48 Abs. 3 EWG-Vertrag aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch Art. 8a nicht aufgehoben worden seien, denn das in dieser Vorschrift geregelte Aufenthaltsrecht gelte nur vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen.

      98. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 8 BAföG wird Auszubildenden, die die Staatsangehörigkeit eines anderen EG-Mitgliedstaates besitzen, Ausbildungsförderung geleistet, sofern sie vor Beginn der Ausbildung im Inland in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden haben. Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne dieser Vorschrift bestimmt sich nach Ansicht des VG Minden allein danach, ob der Auszubildende EG-Wanderarbeitnehmer nach der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 ist (Beschluß vom 18.3.1994 - 9 L 157/94 - NVwZ-RR 1994, 663). Ein Beschäftigungsverhältnis sei dementsprechend auch dann anzunehmen, wenn der Auszubildende lediglich ein sechsmonatiges Praktikum absolviert habe, für das der Auszubildende eine monatliche Vergütung in Höhe von etwa 950 DM erhalten habe und somit sozialversicherungs- und steuerpflichtig gewesen sei.

      99. Auf das bereits im Bericht für 1993 besprochene Urteil des LG Frankfurt a.M. vom 18.1.199492 zur Vereinbarkeit der Ausländerklausel des Deutschen Tischtennisbundes (Nr. B 9.3 Buchst. b der Wettkampfordnung) für Punktspiele der 1. Bundesliga und für Pokalspiele mit Art. 48 EWG-Vertrag wird hingewiesen93. Das Urteil des LG Frankfurt dürfte angesichts des Urteils des EuGH vom 15.12.1995 in der Rechtssache Bosman (Rs. C-415/93 - EuZW 1996, 82) keine Gültigkeit mehr besitzen. Der EuGH hatte in den durch Fußballverbände aufgestellten Transferregelungen und Ausländerklauseln einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne von Art. 48 EG-Vertrag gesehen.



      91 BGBl. 1992 II, 1253.
      92 2/14 O 392/93 - EuZW 1994, 511 = EWS 1994, 405.
      93 Siehe bereits Philipp (Anm. 4), 879.