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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1997


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Lars-Jörgen Geburtig


I. Völkerrecht und innerstaatliches Recht

       1. In seinem Beschluß vom 10.11.1997 (4 St RR 235/97 - RIW 1998, 322) befaßte sich das Bayerische ObLG mit der völkerrechtskonformen Auslegung des Außenwirtschaftsrechts. Es entschied, daß unter den Begriff der Ausfuhr i.S.d. Außenwirtschaftsrechts auch das Überlassen eines Gegenstands zum Gebrauch durch einen Dritten im Embargo-Gebiet fällt, auch wenn der Gegenstand zunächst nicht zu diesem Zweck dorthin verbracht worden ist und auch nur vorübergehend überlassen werden sollte. Gegenstand des Verfahrens war der Vorwurf eines Verstoßes gegen § 69 h Abs. 1 Nr. 2 AWV. Diese Bestimmung verbietet u.a. die Ausfuhr von Waren aller Art mit Ursprung im Wirtschaftsgebiet in die Bundesrepublik Jugoslawien. Diesen Tatbestand habe der Angeklagte erfüllt, indem er seinen PKW einem in Serbien wohnhaften Dritten zum Fahren zur Verfügung stellte. Ausfuhr im Sinne des § 69 h Abs. 1 Nr. 2 AWV erfordere nicht, daß der betreffende Gegenstand einem Dritten übereignet werde. Vielmehr genüge jede Form der Gebrauchsüberlassung. Zudem sei es für die Verwirklichung dieses Tatbestandes auch nicht erforderlich, daß der in fremdes Wirtschaftsgebiet gebrachte Gegenstand dort von einem Dritten über eine bestimmte Zeit hinaus genutzt werde. Mit diesem Regelungsgehalt stimme die Verbotsnorm des § 69 h Abs. 1 Nr. 2 AWV überein mit den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen. Die UN-Resolution Nr. 757 vom 30.5.1992 verpflichte nämlich die Staaten unter anderem, die Lieferung aller Erzeugnisse von ihrem Hoheitsgebiet aus an jede natürliche Person in der Bundesrepublik Jugoslawien, von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, zu verhindern. An eine Person geliefert sei ein Erzeugnis aber schon dann, wenn hieran auch nur vorübergehend eine Nutzungsmöglichkeit eingeräumt werde. Dies entspreche dem Sinn und Zweck der Sanktion, durch die ein umfassendes Wirtschaftsembargo verhängt worden sei.

       Zum Vorrang völkerrechtlicher Verträge vor den Gesetzen des Landes Hessen vgl. Beschluß des VG Frankfurt/Main vom 23.10.1997 unter [93].