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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1998


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Kai Peter Ziegler


II. Staatensukzession

       5. Das BSG urteilte am 29.9.1998 (B 4 RA 4/98 R - VIZ 1999, 372), daß das SozAbk DDR-UdSSR12 mit Ablauf des 2.10.1990 völkerrechtlich erloschen sei. Seine bundesrechtlich angeordnete vorübergehende weitere Anwendung bis zum 31.12.199213 beschränke sich im Bereich der Rentenversicherung auf den Zeitraum der Weitergeltung des Rentenrechts der DDR als sekundäres Bundesrecht bis zum 31.12.1991.14 Die Klägerin beantragte 1993 die Gewährung einer Altersrente bei der BfA, die u.a. mit der Begründung abgelehnt wurde, daß die Klägerin sich nicht auf das SozAbk DDR-UdSSR berufen könne, weil dessen Anwendbarkeit mit dem 31.12.1992 ausgelaufen sei und die Übergangsvorschriften nicht zur Anwendung gelangen könnten. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Das BSG wies die Revision ab und führte dazu u.a. aus, daß das Sozialabkommen DDR-UdSSR mit Ablauf des 2.10.1990 jede Rechtswirkung verloren habe, da zu diesem Zeitpunkt die DDR als Staats- und Völkerrechtsobjekt vollständig und ersatzlos untergegangen sei. Die Bundesrepublik habe nicht im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge für die Verpflichtungen der DDR einzustehen, da nach dem Völkerrecht Verträge nur für die unmittelbar beteiligten Staaten Pflichten begründen würden und Verträge mit einem Vorgängerstaat für den Nachfolgestaat res inter alius acta seien. Auch aus den Grundsätzen der Staatensukzession folge nach einhelliger Auffassung nichts anderes. Die Wiener Konvention über Staatensukzession bei Verträgen von 1978 (WKSV) sei noch nicht in Kraft, erfasse aber ohnehin nicht den Fall der deutschen Wiedervereinigung, da weder Art. 15 noch Art. 31 WKSV den Fall behandeln würden, daß ein Staat unter- und in einem unverändert fortbestehenden anderen Staat aufgehe. Nach Völkergewohnheitsrecht würden Verträge in bezug auf abgegebenes Territorium erlöschen, sofern der andere Staat den Vertrag nicht übernehme. Deshalb sei von einem Erlöschen des Vertrages zwischen der DDR und der UdSSR mit Wirkung zum 3.10.1990 auszugehen. Im übrigen knüpfe dieses Abkommen an die Staatsbürgerschaft der DDR an, die mit dem Untergang der DDR als Völkerrechtssubjekt erloschen sei. Der EinigungsV15 sei kein völkerrechtlicher Vertrag und könne daher weder etwas am Erlöschen des SozAbk DDR-UdSSR ändern, noch die andere Vertragspartei binden.

      



      12 Vertrag zwischen der DDR und der UdSSR über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens vom 24.5.1960, GBlDDR 1960 I 454.
      13 Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit vom 3.4.1991, BGBl. 1991 II 614.
      14 Verordnung vom 18.12.1992, BGBl. 1992 II 1231, zur Änderung der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit vom 3.4.1991, BGBl. 1991 II 614.
      15 Vertrag vom 31.8.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands und der Vereinbarung vom 18.9.1990, BGBl. 1990 II 885.