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Tätigkeitsbericht für das Jahr 2001


IX. Aktivitäten im Wissenstransfer

B. Beratung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und Vorbereitung einer Stellungnahme zum Problemkreis "Humane embryonale Stammzellen"

Anfang des Jahres hat eine interdisziplinär zusammengesetzte Arbeitsgruppe der Senatskommision der Deutschen Forschungsgemeinschaft unter Leitung von Prof. Wolfrum eine zweite Studie zur Stammzellforschung erstellt. In dieser Studie wurden die verschiedenen Methoden der Gewinnung von Stammzellen des Menschen vorgestellt, diese Methoden und die mit diesen Stammzellen angestrebten Ziele ethisch sowie rechtlich bewertet. Die Studie bildet die Grundlage für die entsprechende Stellungnahme der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die von deren Senat im Mai ohne Gegenstimme angenommen worden ist. Sie löste in den Massenmedien kontroverse Diskussionen zu grundsätzlichen Fragen aus.

Die Stellungnahme begründet, warum das reproduktive Klonen und das sog. therapeutische Klonen ethisch nicht vertretbar sind und aus diesem Grunde Änderungen des Embryonenschutzgesetzes, das beide Techniken verbietet, in diesem Punkt auf keinen Fall geändert werden soll. Dagegen spricht sich die Stellungnahme für eine Förderung der Gewinnung von adulten Stammzellen aus und regt Regelungen für die Gewinnung von Keimzellen aus abgetriebenen Föten an. Für zulässig hält die Stellungnahme den Import embryonaler Stammzellen aus dem Ausland, vorausgesetzt dieser Importwunsch ist nicht kausal für die Herstellung dieser Stammzellen aus menschlichen Embryonen gewesen. Im übrigen verlangt die Stellungnahme mit Rücksicht darauf, daß embronale Stammzellen letztlich die Opferung eines Embros verlangen, daß dieser Import reglementiert wird. Darüber soll sichergestellt werden, daß die importierten embryonalen Stammzellen lediglich aus überzähligen Embryonen gewonnen werden - d.h. solchen, die zur künstlichen Befruchtung hergestellt wurden aber endgültig nicht mehr zum Einsatz kommen können. Außerdem dürfen diese Embryonen nach den Vorstellungen der Stellungnahme nur dann importiert werden, wenn sichergestellt ist, daß die Mutter mit der geplanten Verwendung einverstanden war. Schließlich regt die Stellungnahme an, unter bestimmten eng begrenzten Voraussetzungen auch die Herstellung von embronalen Stammzellen aus menschlichen Embryonen zu ermöglichen. Dies sollte allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum gelten, wenn nämlich der Import von bereits bestehenden Stammzellen objektiv nicht ausreichte, um die notwendige Forschung durchzuführen.

Die Kritiker dieser Stellungnahme führen im wesentlichen drei Argumente an. Sie behaupteten, die Herstellung von embryonalen Stammzellen bedeute stets die Opferung eines menschlichen Embryos. Da dieser bereits alle genetischen Informationen in sich trage, um zu einem voll entwickleten Menschnen zu werden, verstoße dies sowohl gegen den Grundsatz der Menschenwürde (Art. 1 GG) als auch gegen den Schutz des menschlichen Lebens (Art. 2 GG). Dafür könne es keine Rechtfertigung geben. Des weiteren wird argumentiert, zur Nutzung embryonaler Stammzellen gebe es keine Rechtfertigung, da das gleiche wissenschaftliche oder therapeutische Ziel über adulte Stammzellen erreicht werden könne und deren Gewinnung und Einsatz ethisch unproblematisch sei. Schließlich wird eingewandt, letztlich bedeute die Gewinnung embryonaler Stammzellen den Einstieg in das reproduktive Klonen.

Letztlich sieht sich die Stammzellforschung mit der Frage konfrontiert, wo das menschliche Leben beginnt, ob der Lebensschutz in gleichem Umfang Embryonen im Mutterleib oder in vitro zukommt und ob der Schutz der Embryonen absoluter Natur sein muß. Diese Fragen stellen sich auf der Ebene der Ethik wie auch der des Rechts.

Die gesamte Fragestellung weist auch eine internationale Komponente auf. Denn die Gegner einer Forschung an embryonalen Stammzellen müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Bedeutung andersgestaltete Regelungen im Ausland für die Situation in Deutschland haben, vor allem ob später Techniken oder Therapien, die auf der in Deutschland möglicherweise geächtete Stammzellforschung beruhen, Deutschen zugänglich gemacht werden dürfen oder - unter dem Gesichtspunkt des Gesundheits- oder Lebensschutzes - zugänglich gemacht werden müssen. Besonders deutlich wurde die europäische Komponente. Im Dezember haben die europäischen Kultus- und Wissenschaftsminister beschlossen, eine europäische Förderung der Stammzellenforschung mit embryonalen Stammzellen auszusetzen.