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Tätigkeitsbericht für das Jahr 2002

IX. Aktivitäten im Wissenstransfer

C. Konflikte im Umweltvölkerrecht/Conflicts in International Environmental Law - Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Im Dezember 2000 vergab das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) ein Forschungsvorhaben zum Thema "Konflikte im Umweltvölkerrecht/>Conflicts in International Law" an Prof. Wolfrum. An der Erstellung des Gutachtens war Frau Nele Matz als externe Mitarbeiterin beteiligt. Das Forschungsvorhaben ist in diesem Jahr fertiggestellt und der in englischer Sprache verfaßte Schlußbericht im Herbst 2002 abgenommen worden. In Absprache mit dem Auftraggeber ist beabsichtigt, das Gutachten in den Beiträgen zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht zu veröffentlichen.

Der Schlußbericht gliedert sich in zwei Teile. Der umfangreichere Teil I des Gutachtens beschäftigt sich rechtsempirisch mit der Identifikation und der Systematisierung von rechtlichen Konflikten zwischen multilateralen Umweltabkommen. Dabei wird keine "flächendeckende" Erfassung aller völkerrechtlichen Umweltabkommen angestrebt. Vielmehr konzentrieren sich die Ausführungen auf verschiedene Teilbereiche, in denen Konfliktsituationen besonders deutlich zu Tage treten. Es sind dies die Komplexe Seerecht und Schutz biologischer Vielfalt; Seerecht und Regelungen für Polarregionen; Naturschutz und Schutz biologischer Vielfalt; Schutz biologischer Vielfalt, Klimaschutz und Schutz gegen Wüstenbildung und die verschiedenen Regelungen zur Abfallbeseitigung, gerade auch im seerechtlichen Bereich, in ihrem Verhältnis zueinander. Insbesondere der letztgenannte Komplex hat gezeigt, daß die Regelungen einerseits in starkem Umfang divergieren können, daß es andererseits in diesem Bereich durchaus Belege dafür gibt, daß eine Harmonisierung der unterschiedlichen Verpflichtungen möglich ist.

Der zweite Teil des Gutachtens beschäftigt sich mit Ansätzen, Konflikte im Umweltvölkerrecht zu vermeiden und verschiedene divergierende völkerrechtliche Regelungen miteinander in Einklang zu bringen. Dabei ist zwischen Derogationsregeln und solchen Mechanismen, die eine inhaltliche Koordinierung von Verträgen anstreben, zu unterscheiden. Ein geeignetes völkerrechtliches Instrumentarium zur Auflösung der angesprochenen rechtlichen Konflikte existiert letztlich nicht. In Teil II des Schlußberichts wird zunächst versucht, die Wiener Vertragsrechtskonvention und allgemeine Derogationsregeln wie beispielsweise die>lex posterior Regel für die Konfliktlösung nutzbar zu machen. Weder die>lex specialis Regel noch die>lex posterior Regel bieten allerdings einen befriedigenden Ansatz zur Bewältigung von Konflikten, der in allen Fällen greift. Generell zielen völkervertragsrechtliche Regelungen zumeist auf Derogation ab und bieten mit Ausnahme einer möglichen harmonisierenden Auslegung keinen Ansatz für einen inhaltlichen Ausgleich widersprüchlicher Abkommen unter größtmöglicher Beibehaltung ihres materiellen Regelungsgehalts.

Ergiebiger als die allgemeinen völkervertragsrechtlichen Instrumente sind die Konkordanzklauseln in den verschiedenen Umweltabkommen, über die versucht wird, deren Regelungsbereiche gegeneinander abzugrenzen. Der Nachteil dieser Regelungen liegt in ihrem Ausschließlichkeitscharakter. Flexibler sind Absprachen zwischen den jeweiligen Vertragsrechtsgremien über eine Harmonisierung von Regelungen zu Lebenssachverhalten, die von beiden oder mehreren Vertragssystemen erfaßt wurden. Die Beispiele für eine Verwirklichung dieses innovativen Ansatzes sind bislang eher gering.

De lege ferenda gibt es die Überlegung internationale Institutionen bzw. Foren mit der Harmonisierung internationaler Umweltabkommen zu betrauen. Auch hierauf geht das Gutachten ein, obwohl sich entsprechende Überlegungen noch in einem Vorstadium der Entwicklung und tatsächlichen Nutzbarmachung für die Konfliktlösung befinden.