Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Logo Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Sie befinden sich hier: Aktuelles Veranstaltungen Jessup Moot Court Archiv Jessup Moot Court 2010

Jessup Moot Court 2010

Erfahrungsbericht des Heidelberger Jessup Moot Court Teams 2010

Das Heidelberger Jessup-Team 2010 beim World Cup in Washington, D.C. (v.l.n.r): Michael Heuser, Tatjana Chionos, Jenny Laube, Anna Lechermann, Christopher Clerihew

 „Beide Teams haben heute Morgen eine großartige Leistung vollbracht. Dennoch können wir eine Entscheidung nur zu Gunsten eines Teams treffen. Sieger dieses Halbfinales ist daher der Applicant.“

Mit diesen Worten des Vorsitzenden unseres Halbfinalpanels, Herr Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Tomuschat, brachen unheimliche Freude und Begeisterung aus uns heraus: Wir hatten uns gerade für die internationale Endrunde in Washington D.C. qualifiziert.

Anders als in den letzten Jahren begann unser Abenteuer „Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition” mit einem Auswahlverfahren im Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. 25 Interessierte hatten sich auf 5 zu vergebende Plätze bei dem den Wettbewerb betreuenden Institut beworben. Neben einem persönlichen Gespräch mit den Student Coaches, Anna-Katharina Hübler und Elisa Freiburg, musste jeder Bewerber einen 10-minütigen Vortrag über ein selbstgewähltes völkerrechtliches Thema halten. Wenige Tage später war es dann soweit, das Heidelberger Jessup Moot Court Team 2010 war nominiert:

Anna Lechermann, Jenny Laube, Tatjana Chionos, Christopher Clerihew und Michael Heuser.

Bereits vor dem ersten offiziellen Treffen betonten unsere Coaches, allen voran Head-Coach Johannes Fuchs, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck Institut, dass eine Menge Arbeit auf uns zukommen würde – und sie behielten Recht. Das Anfertigen der Schriftsätze erforderte viele Monate des intensiven Recherchierens, Lesens, Strukturierens und Diskutierens. Selbst das schriftliche Ausformulieren war mehr als ein bloßes zu Papierbringen von Argumenten: für den Moot Court mussten wir den spezifischen, auf die parteibezogene Argumentation ausgerichteten Jessup-Stil erlernen, der sich von dem universitären, wissenschaftlich ausgerichteten Gutachtenstil deutlich unterscheidet.

Nach unzähligen gemeinsamen Tagen, Abenden und Wochenenden in einem 12 m² Büro war es Anfang Januar soweit und die Schriftsätze machten sich gut verpackt auf den Weg nach Berlin, wo die nationale Auswahlrunde stattfinden sollte.

Uns erwartete nun sechs Wochen Pleading-Training unter der Leitung unserer Coaches.

Ausführliche Rechts- und Fallkenntnisse, Mimik, Gestik, Aussprache, sowie die Aneignung der Fähigkeit, in sehr begrenzter Zeit die wichtigsten Argumente überzeugend aufzuführen standen nun im Vordergrund. Auch wurden wir rhetorisch geschult, um für typische Frage-Konstellationen im Wettbewerb geschult zu sein.

Am 24.02.2010 machten wir uns in der Hoffnung gut vorbereitet zu sein auf den Weg nach Berlin. Jedes Team sollte in der Vorrunde gegen vier andere Teams deutscher Universitäten antreten, sodass sowohl Applicant als auch Respondent zwei Mal Ihre Argumentation verteidigen mussten. Dieses Jahr entschied das Los, dass Düsseldorf, Bochum, Göttingen und die Humboldt Universität aus Berlin unsere Kontrahenten in der Vorrunde sein sollten.

Nach herzlichen Begrüßungsworten durch den Pro-Dekan der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Schwab, erhielten alle Teams die Schriftsätze ihrer Vorrundenkontrahenten. Letzte Abschiedsworte wurden gesprochen und schon ging es zurück in unser Hotel, um die Schriftsätze der Gegner auf Schwächen, aber auch unvorhergesehene Stärken und Argumente zu analysieren. So bereiteten wir uns bis in die frühen Morgenstunden auf die ersten beiden Begegnungen gegen die Teams aus Göttingen und Düsseldorf vor.

Am Donnerstag, den 25. Februar, um 14 Uhr sollte unser erstes Pleading stattfinden. Unser Applicant, besetzt durch Tatjana Chionos und Anna Lechermann, wartete gemeinsam mit den Vertretern der Universität Göttingen auf das Erscheinen der Richter. Es wurde eine überraschend starke Runde, denn obwohl Tatjana und Anna ein überzeugendes Auftreten hatten, konnten die Göttinger Respondents diesem die Stirn bieten. Mit gemischten Gefühlen traten daher unsere Respondents, Christopher Clerihew und Jenny Laube, am Nachmittag des gleichen Tages gegen die Applicants aus Düsseldorf an, verließen aber am Ende mit positivem Gefühl den Raum.

Das insgesamt dritte Pleading wurde am nächsten Tag durch unsere Applicants gegen die Humboldt Universität Berlin bestritten. Tatjana Chionos und Michael Heuser stellten sich dieses Mal den Fragen der drei Richter – nach unserem Eindruck zu ihrer Zufriedenheit. So konnten wir mit einem gesunden Optimismus unser letztes Pleading in Angriff nehmen, in dem Christopher Clerihew und Jenny Laube gegen die Vertreter der Universität Bochum eine leistungsstarke Vorstellung gaben.

Am selben Abend fieberten wir mit großer Spannung in der Niederlassung der Sozietät Freshfields, Bruckhaus & Deringer am Potsdamer Platz der Bekanntgabe der Vorrundenentscheidung und der Zusammenstellung der Halbfinalbegegnungen entgegen. Die Freie Universität aus Berlin belegte den vierten Platz in der Vorrunde und war damit erster Qualifikant für das Halbfinale. Wir wurden als drittes Team ins Halbfinale berufen, in dem wir erneut gegen Göttingen antreten sollten, die um sich als Zweite platzierten. Den ersten Platz erreichte die Universität zu Jena.

Neben drei Professoren besetzten auch die zwei IGH-Richter Abdul G. Koroma und Abdulqawi Ahmed Yusuf die Richterbank im Halbfinale, welches im Berliner Kammergericht stattfand und von Tatjana Chionos und Anna Lechermann bestritten wurde. Es sollte ein Krimi werden. In der Vorrunde hatte uns Göttingen als einziges Team knapp geschlagen und wählte für das Halbfinale exakt dieselbe Konstellation wie bei dem Vorrundensieg. Beide Teams zeigten ein noch besseres Pleading als zuvor und die Entscheidung der Richter fiel nach langer Beratung denkbar knapp aus. Schließlich erlöste uns der vorsitzende Richter Prof. Tomuschat und wir hatten die Gewissheit, dass sich all unsere Anstrengungen gelohnt hatten: Wir hatten uns für die Endrunde in Washington D.C. qualifiziert.

Im Finale unterlagen wir, vertreten durch Christopher Clerihew und Jenny Laube nur knapp unseren Kontrahenten aus Jena, die durch eine großartige Leistung verdient den Jessup Vorentscheid in Deutschland gewannen. Beide Teams wurden von der Richterbank, abermals bestehend aus den Richtern am IGH Koroma und Yusuf sowie dem Richter am IGH Bruno Simma als Vorsitzendem für Ihre Leistungen gelobt. Wir erhielten zusätzlich einen Preis für das zweitbeste Memorial. Schließlich durften sich Tatjana Chionos und Christopher Clerihew über eine weitere besondere Auszeichnung freuen: beide wurden als zweitbeste individuelle Redner ausgezeichnet.

Wenige Wochen später konnten wir so in das Flugzeug Richtung USA steigen. Es sollte eine aufregende Woche werden, in der wir den ganz besonderen Flair dieses internationalen Völkerrechtswettbewerbs genießen durften und unzählige Studenten mit einer ähnlichen Vorliebe für Völkerrecht aus der ganzen Welt kennen lernen konnten.

In Washington wurden unsere Vorrundengegner Ungarn, Uganda, Texas und Malaysia. Alle Teams hatten sich in ihren nationalen Auswahlrunden schon bewährt und hatten demnach ein starkes, überzeugendes Auftreten. Demnach konnten wir nur gegen Uganda und Malaysia Siege erringen, während wir gegen Texas und Ungarn die Vorrundenentscheide verloren. Während in den deutschen Runden der große Schwerpunkt auf inhaltliche Richtigkeit und das Aufbauen von Argumentationslinien gelegt wurde, mussten wir in Washington feststellen, dass dem Auftreten der Redner, ihrer Rhetorik und Eloquenz der größere Wert beigemessen wurde.

Trotz unseres Ausscheidens aus dem Wettbewerb nach den Vorrunden hatten wir auch den Rest der Woche eine spannende Zeit. In den täglichen Veranstaltungen konnten wir andere Teams aus der ganzen Welt kennen lernen, ließen uns von Professoren und Praktikern, die als Richter fungiert hatten, in interessante Diskussionen verwickeln und durften auch ein Stück weit die Stadt Washington D.C. erleben. Besonders in Erinnerung wird uns der „Dress National Ball“ bleiben, bei dem alle Teams in volkstümlichen Kostümen aus ihren Heimatstaaten auftraten. Wir entschieden uns für ein wenig das „Deutschen Klischee“ bestätigende Dirndl und Lederhosen und trugen so zu diesem bunten Abend bei.

Nach einer überaus leistungsstarken und sehr spannenden Finalrunde zwischen der Australia National University und der Columbia University aus New York wurde bei der Siegerehrung am letzten Abend die Australia National University als Sieger des Philip C. Jessup International Law Moot Court 2010 gekürt. Aber auch wir durften uns über einen Erfolg freuen: unser Schriftsatz wurde als das zwölftbeste Memorial weltweit ausgezeichnet. Insgesamt belegten wir den 40. Platz von 117 Teams.

Zwei Monate nach Abschluss des Wettbewerbs in Washington, wurde unser Memorial nachträglich als drittbestes Memorial bei der separat gewerteten Dillard Memorial Competition prämiert. Hierbei werden alle nationalen und regionalen Gewinnermemorials, sowie jene 25 bestplatzierten bei der Ausscheidung in Washington erneut bewertet und die Wertungen von Applicant und Respondent addiert. Die akribische Arbeit während der Schriftsatzphase hat sich somit ausgezahlt.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei unseren Förderern bedanken, die uns das Erlebnis Jessup Moot Court Competition 2010 und insbesondere die Reise nach Washington durch ihre Unterstützung ermöglicht haben:

Herr Eckhart Thomas, dem Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD), den Anwaltskanzleien Gleiss Lutz und Hengeler Mueller, der Hans Soldan Stiftung, und dem Deutschen Anwaltsverein (DAV).

Ein außerordentlicher Dank gilt dabei dem gesamten Max Planck Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Heidelberg für die Betreuung des Teams und Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Rüdiger Wolfrum.

Zu guter Letzt danken wir unserem Headcoach Johannes Fuchs, der uns von Tag 1 an begleitet und unterstützt hat.