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Die extraterritoriale Anwendbarkeit des UN-Sozialpakts im Zeitalter der Globalisierung

Über das Projekt:

In Zeiten ökonomischer Globalisierung können innerstaatliche Maßnahmen oder Unterlassungen nachteilige Auswirkungen auf wirtschaftliche und soziale Menschenrechte von Individuen im Ausland und insbesondere in Ländern des Globalen Südens entfalten. Diese überwiegend von wirtschaftspolitischen Maßnahmen innerhalb eines Staates herbeigeführten negativen Externalitäten führen dazu, dass beispielsweise Kleinbauern in Afrika aufgrund europäischer Exportsubventionen für ihren Lebensunterhalt nicht mehr aufkommen können und dadurch im äußersten Fall in ihren wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechten verletzt werden. Wann und in welchen Konstellationen müssen solche extraterritorialen Auswirkungen innerstaatlicher Regelungen und Politikentscheidungen als Beeinträchtigung oder gar als Verletzung wirtschaftlicher und sozialer Menschenrechte gewertet werden?

Die Dissertation widmete sich der Frage, ob die Vertragsparteien des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) selbst dann an die Paktrechte gebunden sind, wenn ihre innerstaatlichen Maßnahmen schädigende Auswirkungen in fremden Staaten herbeiführen. Die Untersuchung zeigte auf, dass die grundlegende Problematik im Bereich sozialer Menschenrechte darin besteht, die menschenrechtliche „Verantwortungsschwelle“ von Staaten zu bestimmen, die im Lichte der globalen Gerechtigkeit einerseits den durch extraterritoriale Auswirkungen nationaler Maßnahmen (mit-)verursachten Ungleichheiten in fremden Staaten Rechnung trägt, sowie andererseits einer möglichen uferlosen Menschenrechtsverantwortung von Staaten entgegenwirkt.

Das Projekt entwickelte einen konzeptuellen Rahmen für extraterritoriale Menschenrechtspflichten aus dem UN-Sozialpakt, der im Schwerpunkt darauf abzielte, die für die Aktivierung von Menschenrechtspflichten erforderliche „Hoheitsgewalt“ von Staaten jenseits des eigenen Territoriums zu definieren und neue Jurisdiktionsmodelle zu erarbeiten, die extraterritoriale Verpflichtungen zur Beachtung sowie gegebenfalls zur Förderung und Berücksichtigung menschenrechtlicher Interessen von Individuen im Ausland in innerstaatlichen Entscheidungsprozessen auslösen können. Die Untersuchung zeigte zudem, dass extraterritoriale Menschenrechtspflichten im Spannungsverhältnis zur Hoheitssphäre fremder Staaten als auch zur menschenrechtlichen Erstverantwortung von Staaten gegenüber der eigenen Bevölkerung stehen und die Bestimmung der extraterritorialen Verantwortungsschwelle folglich hohen Anforderungen unterliegt.


Doktorandin

Betreuerin