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Verfassungsgerichtsbarkeit in der Krise der Konkordanzdemokratie

Über das Projekt:

 

Das Habilitationsprojekt „Verfassungsgerichtsbarkeit in der Krise der Konkordanzdemokratie“ untersucht den Bedeutungszuwachs des österreichischen Verfassungsgerichtshofs und des schweizerischen Bundesgerichts seit den 1980er Jahren. Aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Grundanlage bieten sowohl Österreich als auch die Schweiz keinen fruchtbaren Boden für eine ​​starke Verfassungsgerichtsbarkeit nach deutschem Muster. In der Schweiz insbesondere aufgrund des direkt-demokratischen Verfassungssystems. In Österreich stand die rechtspositivistische Tradition einer starken Rolle der Verfassungsgerichtsbarkeit lange entgegen. Im Vergleich zum deutschen Modell der Verfassungsgerichtsbarkeit weist die österreichische und schweizerische Verfassungsgerichtsbarkeit traditionell markante "Lücken" auf. Seit den 1980er Jahren jedoch sind diese zunehmend kleiner geworden. Sowohl der österreichische Verfassungsgerichtshof als auch das schweizerische Bundesgericht sind vermehrt in den zentralen politischen Konflikten ihrer Länder involviert: von Fragen des Migrationsrechts über das Datenschutzrecht bis zur Religionsfreiheit. Ohne zu behaupten, dass die Entwicklungen in beiden Ländern identisch sind, ist doch zu beobachten, dass beide Gerichte die verfassungsgerichtliche Kontrolle des jeweiligen Gesetzgebers bzw. Verfassungsgesetzgebers auf vergleichbaren Wegen und zum Teil subtil, aber wirksam ausgebaut haben. Das ist nicht nur eine erstaunliche, sondern auch für Demokratie und Rechtsstaat bedeutsame Entwicklung.

Ziel des Projektes ist es, systematisch zu erfassen, wie stark diese Entwicklung in beiden Ländern ist (1), durch welche rechtlichen Mechanismen sie getragen wird (2), und was die Gründe für diese Entwicklung sind (3). Dazu betrachtet das Projekt zentrale Weichentstellungen in der Rechtsprechung der beiden Gerichte, durch welche die Kompetenzen der Gerichte erweitert wurden, und untersucht ihre Entstehung, Wirkung und Akzeptanz. Die Arbeit wird von der These geleitet, dass der Bedeutungszuwachs der Verfassungsgerichtsbarkeit vor dem Hintergrund von Veränderungen in den politischen Systemen Österreichs und der Schweiz zu verstehen ist, nämlich der Abschwächung konsensorientierter Formen der Politikgestaltung.

Das Projekt wird seit 2020 gefördert durch ein vierjähriges APART-GSK-Stipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.


Habilitand

Betreuer