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01.07.2019: MPIL #wissenschaftsfreiheit Lecture by Annelise Riles. Financial Citizenship. Towards a New Collaboration Between Experts and Publics in the Regulation of the Global Economy

Am 1. Juli 2019 fand im Einstein-Saal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) ein vom Berliner Büro des Instituts organisierter Abendvortrag der Anthropologin, Rechtswissenschaftlerin und Japanologin Annelise Riles (Executive Director des Roberta Buffett Institute for Global Studies at Northwestern University) statt.

Thema des Vortrags war, eingebettet in den Rahmen der Wissenschaftsfreiheit-Kampagne der Allianz der Wissenschaftsorganisationen anlässlich des 70. Geburtstages des Grundgesetzes, die Expertenkultur im Zentralbankwesen - aber auch in der rechtswissenschaftlichen Forschung und im Verhältnis von Wissenschaft, Praxis und Öffentlichkeit. Nachdem Anne Peters die Referentin begrüßt und dabei auch auf deren kürzlich erfolgte Auszeichnung mit dem Anneliese-Maier-Forschungspreis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung und die damit verbundene Präsenz am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle hingewiesen hatte, führte Alexandra Kemmerer kurz in das Thema und in Riles‘ disziplinenverbindende Biographie ein.  

In ihrem Vortrag, der aus den umfangreichen Feldforschungen der Referentin in internationalen Institutionen und nationalen Zentralbanken schöpfte, problematisierte Riles den Ort des Politischen in technokratischen Strukturen des Regierens und der Administration. Ihre Kernthese lässt sich mit einem Zitat aus dem Vortrag selbst prägnant zusammenfassen: „There is no zone of technocracy independent of the political.“ Im Nachfolgenden stellte Annelise Riles in Frage, inwiefern bei Zentralbanken von Unabhängigkeit gesprochen werden könne und zog das Fazit, dass die Handlungsfähigkeit von Zentralbanken zu einem Großteil von deren öffentlicher Akzeptanz als legitime Institutionen abhängig sei. Um diese öffentliche Akzeptanz und die damit einhergehende Handlungsfähigkeit sicherstellen zu können, entfaltete Riles, wie auch in ihrem gleichnamigen Buch, das Konzept eines institutionell verankerten „Financial Citizenship“. Wichtige finanzwirtschaftliche Entscheidungen sollten unter Einschluss und im Einvernehmen mit der Öffentlichkeit getroffen werden. Wenn wesentliche Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit von Experten getroffen würden, mindere dies die Akzeptanz von Zentralbanken und schwäche so auch deren Handlungsfähigkeit.

In der anschließenden Diskussion und Fragerunde im Plenum wurden vom Publikum, zu dem auch zahlreiche Alumni zählten, weitere Fragen aufgeworfen, die auch für die rechtswissenschaftliche Forschung von Relevanz sind. Wie genau konstituiert sich  „Öffentlichkeit“, woraus setzt sie sich zusammen? Wer sind ihre Akteure? Wie entsteht Wissen? Was ist „Expertise“? Welchen Mehrwert bietet wissenschaftliche Expertise, wenn sie von der Öffentlichkeit nicht als legitim wahrgenommen wird?

Auf der Dachterrasse der BBAW wurde an diesem Sommerabend über diese und andere Fragen noch lange weiterdiskutiert.

 

Bericht: Seliem El-Sayed

Foto: Ostkreuz

At the Berlin-Brandenburg Academy of Sciences (BBAW).

https://www.mpil.de/de/pub/aktuelles/veranstaltungen.cfm?event=calendar.Display&cat=3&iDisplayID=7&event_ID=509&date=07/01/2019

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