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Bundesgerichtshof, Beschluß vom 3.10.1986 (2 StR 193/86), BGHSt 34, 184 (ZaöRV 48 [1988], 74)
Nachdem der Angeklagte während des Revisionsverfahrens verstorben war, wurde das Verfahren beendet. Daraufhin beantragte seine Wahlverteidigerin eine isolierte Kosten- und Auslagenentscheidung zulasten der Staatskasse. Der Bundesgerichtshof lehnte eine analoge Anwendung von §467 Abs.1 StPO ab.
Die entsprechende Anwendung nur des §467 Abs.1 StPO hätte zur Folge, daß der Nachlaß des verstorbenen Angeklagten immer von dessen notwendigen Auslagen freigestellt würde.
Kühl (NJW 1978, 977, 979 ff.; NStZ 1982, 481) und das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (NStZ 1982, 480 f.) erachten diese Lösung als geboten, weil ... die genannte Vorschrift auf der Unschuldsvermutung des Art.6 Abs.2 EMRK beruhe und dieser strafprozessuale Grundsatz auch dort zu verwirklichen sei, wo die Unschuldsvermutung wegen des Todes des Angeklagten nicht verwirklicht werden konnte. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Selbst für den Fall der Einstellung des Strafverfahrens oder des Freispruchs ergibt sich weder aus Art.6 Abs.2 noch aus einer anderen Vorschrift der Menschenrechtskonvention, daß der Angeklagte von seinen notwendigen Auslagen entlastet werden müsse (Peukert in Frowein/Peukert EMRK S.166 mit Hinweisen in Fn.16 auf Entscheidungen der Europäischen Kommission für Menschenrechte; vgl. weiter BGH NJW 1975, 1829, 1831). Weitergehende Folgerungen als für den rechtskräftig Freigesprochenen (und gegebenenfalls dessen Nachlaß und Erben) können aber zugunsten des Nachlasses und der Erben des vor rechtskräftigem Abschluß verstorbenen Angeklagten aus der genannten Vorschrift nicht gezogen werden.