Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Logo Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Sie befinden sich hier: Publikationen Archiv Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000

Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


Home | Inhalt | Zurück | Vor

Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


344. SCHRANKEN AUS ART.26 ABS.1 GG (VERBOT DES ANGRIFFSKRIEGES)

Nr.87/1

Art.26 Abs.1 GG wird nicht allein dadurch verletzt, daß bestimmte Maßnahmen (hier: Zustimmung zur Lagerung chemischer Waffen) dazu beitragen können, daß später eine völkerrechtswidrige Drohung mit Gewalt seitens einer ausländischen Regierung erfolgen kann.

Art.26 (1) of the Basic Law is not violated because of the mere possibility that an act by the Federal Republic of Germany (i.e., consent to the storage of chemical weapons) may contribute to a later threat of force in violation of public international law by a foreign government.

Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 29.10.87 (2 BvR 624/83 u.a.), BVerfGE 77, 170 (s.343 [87/1])

Entscheidungsauszüge:

      C. ... II. ... 4. Art.26 Abs.1 GG ist nicht verletzt. Die Beschwerdeführer begründen ihre diesbezügliche Rüge im wesentlichen mit der Erwägung, daß die in Rede stehende Lagerung chemischer Waffen im Falle gesteigerter internationaler Spannungen zu einer völkerrechtswidrigen Drohung mit Gewalt werden könne, deren Entstehen die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich mitverantworten müsse, mangels entsprechender Verfügungsbefugnis aber nicht mit Sicherheit verhindern könne. Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Daß im Rahmen völkerrechtlicher Vertragsverhältnisse die Beteiligten auch in der Lage sind, sich völkerrechtswidrig zu verhalten, ist als bloße Möglichkeit kaum je auszuschließen. Verwehrte es das Grundgesetz, solche Lagen herbeizuführen, um möglichen Völkerrechtsverletzungen vorzubeugen, wäre die Bundesrepublik im außenpolitischen Bereich weithin handlungsunfähig (BVerfGE 68, 1 [107]). Dies kann der Verfassung schwerlich unterlegt werden.