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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Christiane E. Philipp


VIII. Internationaler Menschenrechtsschutz

1. Europäische Menschenrechtskonvention

f) Art. 6 Abs. 3 Buchst. d

       57. Mit Beschluß vom 5.2.1993 (2 StR 525/92 = NStZ 1993, 292 ff.) entschied der BGH im Hinblick auf Art. 6 Abs. 3 Buchst. d der EMRK: Aus dieser Vorschrift lasse sich herleiten, daß in den Fällen der "Sperrung" eines Zeugen die Vorlegung von Fragen, welche dieser in geeigneter Form zu beantworten habe, ein zulässiges Mittel der Wahrheitsfindung sei. Dabei sei dieses Verfahren der unmittelbaren Vernehmung der Beweisperson in der Hauptverhandlung zwar weder in förmlicher Hinsicht noch nach seinem Beweiswert gleich zu achten. Unter bestimmten Umständen sei es aber ein Verfahren, welches einer solchen Vernehmung am nächsten komme. Damit gab der BGH der Revision eines wegen Handels mit Betäubungsmitteln verurteilten Angeklagten statt. Dieser hatte die Zurückweisung seines Antrages gerügt, den beiden anonymen polizeilichen Vertrauenspersonen, deren Wahrnehmungen durch Zeugen vom Hörensagen in die Hauptverhandlung eingeführt worden waren, einen vorbereiteten Fragenkatalog zur Beantwortung vorzulegen.

       Soweit eine Beantwortung vorgelegter Fragen nicht zur Enttarnung habe führen können, entschied der BGH, sei das Gericht deshalb nicht befugt gewesen, dem Angeklagten oder seinem Verteidiger diese Befragung generell zu untersagen. Die Ablehnung des Beweisbegehrens setze vielmehr einen rechtfertigenden Grund voraus.