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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Christiane E. Philipp


XIII. Internationales Wirtschafts-, Arbeits-, Wettbewerbsrecht

       99. In seinem Urteil vom 8.11.1993 (II ZR 216/92 [Hamburg] = NJW 1994, 390 ff.) mußte der Bundesgerichtshof über eine Kapitalübertragung nach dem Bretton-Woods Abkommen vom 1./22.7.1944 über den internationalen Währungsfonds (fortan IWFÜ) entscheiden. Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Bekl. war eine bulgarische AG mit Sitz in Bulgarien. Sie war Kommanditistin einer deutschen AG. Diese war in Konkurs gefallen. Der Kl. ist der Konkursverwalter. Er forderte aufgrund eines Gesellschaftsbeschlusses der KG über eine Erhöhung der Kommanditeinlage von der Beklagten Zahlung. Die Beklagte berief sich u.a. darauf, daß eine derartige Forderung nicht einklagbar sei. Das LG gab der Klage statt. Das OLG erklärte durch Zwischenurteil die Klage für zulässig. Die Revision der Bekl. blieb ohne Erfolg.

       Zur Entscheidung dieses Falles kam es auf die Auslegung von Art. VIII Abschnitt 2 (b) Satz 1 des IWFÜ an70; dieser lautet: "Exchange contracts which involve the currency of any member and which are contrary to the exchange control regulations of that member maintain or imposed consistently with this Agreement shall be unenforceable in the territories of any member". Die amtliche Übersetzung dieser Bestimmung in die deutsche Sprache lautet: "Aus Devisenkontrakten, welche die Währung eines Mitglieds berühren und den von diesem Mitglied in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen aufrechterhaltenen oder eingeführten Devisenkontrollbestimmungen zuwiderlaufen, kann in den Hoheitsgebieten der Mitglieder nicht geklagt werden".

       Völkerrechtlich, so der BGH, sei allein die englische Fassung verbindlich, weil der Fond bisher keine der Übersetzungen in eine fremde Sprache anerkannt habe (vgl. BGHZ 116, 77). Unter den Begriff des Devisenkontrakts ("exchange contract") fielen nach der Rechtsprechung des BGH solche Verpflichtungen, die in Form grenzüberschreitender Zahlungsvorgänge den Devisenbestand eines Migliedes beeinflussen und sich damit auf dessen Zahlungsbilanz auswirken. Der BGH habe somit wiederholt Darlehensverträge sowie Forderungen, die die Bezahlung oder Sicherung der Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen oder auch Wechselverpflichtungen betrafen, als solche Kontrakte betrachtet. Bisher konnte der BGH jedoch die Frage offenlassen, ob Art. VIII Abschnitt 2 (b) Satz 1 IWFÜ internationale Kapitalverkehrsgeschäfte erfaßt. In dem nun vorliegenden Urteil entschied das Gericht, daß Kapitalübertragungen nicht als Devisenkontrakte i.S. des Art. VIII Abschn. 2 (b) IWFÜ zu begreifen sind, sondern nur Geschäfte des laufenden Zahlungsverkehrs. Sowohl Wortlaut, Sinn und Zweck als auch systematische Stellung des Gesetzes müßten zu dieser Auslegung führen. Die hier in Rede stehende Beteiligung an einer ausländischen Kommanditgesellschaft sei, auch soweit sie sich im Wege einer Kapitalerhöhung vollziehe, nicht als Zahlung auf ein laufendes Geschäft, sondern als eine Übertragung von Kapital zu bewerten.

       100. Mit Urteil vom 7.12.1993 (9 AZR 683/92 = NZA 1994, 802 ff.) entschied das Bundesarbeitsgericht über die Befristung des Urlaubsanspruches nach § 1 und nach § 7 Abs. II BUrlG i.V.m. dem IAO-Übereinkommen Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) vom 24.6.1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Die Bestimmungen des Übereinkommens seien keine unmittelbar anwendbaren völkerrechtlichen Normen, befand das Gericht. Vielmehr seien die Vorschriften des IAO-Übereinkommens Nr. 132 durch das Ratifizierungsgesetz vom 30.4.197571 innerstaatliches Recht geworden. Dadurch seien die Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland auch innerstaatlich verpflichtet worden, dieses Übereinkommen zu erfüllen. Dem sei der Bundesgesetzgeber durch das Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29.10.197472 bereits vor Erlaß des Zustimmungsgesetzes von 1975 nachgekommen. Mit der Ratifizierung des IAO-Übereinkommens Nr. 132 hätten die Arbeitnehmer ferner keinen unmittelbaren Anspruch auf Bestand ihres Urlaubsanspruches über das Urlaubsjahr oder den Übertragungszeitraum hinaus erhalten. Schließlich würden die Vorschriften des IAO-Übereinkommens Nr. 132 nicht eine Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes dahin gehend gebieten, daß der Urlaubsanspruch nicht am Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraumes verfalle.



      70 BGBl. 1978 II, 13.

      71 BGBl. 1975 II, 745.

      72 BGBl. 1974 I, 2879.