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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Volker Röben


IX. Asylrecht

6. Verfahrensfragen

       57. Mit Kammerbeschluß vom 2.5.1995 (NVwZ 1995 Beilage 8, 57) hatte das Bundesverfassungsgericht über die Ablehnung der Anträge auf Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 3 bis 6 AsylVfG, nachdem das VG die Asylklage als einfach unbegründet abgewiesen hatte, zu entscheiden. Der spätere Beschwerdeführer hatte seinen Antrag auf Zulassung der Berufung auf die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör als Verfahrensfehler i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO gestützt. Das OVG meinte jedoch, daß der Beschwerdeführer seinen Mitwirkungspflichten im Verfahren vor dem VG nicht genügt habe. In der der Verfassungsbeschwerde stattgebenden Enscheidung führte die Kammer aus, die Anforderungen an die Mitwirkungspflicht dürften nicht überspannt werden. Eine solche Überspannung liege aber vor, wenn man den im Termin nicht anwaltlich vertretenen Prozeßbeteiligten dazu verpflichten würde, das Gericht darauf hinzuweisen, eine Verletzung des gerichtlichen Gehörs komme in Betracht, wenn bestimmte Beweismittel nicht gewürdigt würden.

       58. Das VG Aachen hatte sich in seinem Urteil vom 28.11.1995 (1 K 2455/95.A - InfAuslR 1996, 237) mit der schwierigen Informationslage über das Heimatland des Asylbewerbers zu befassen. Das Gericht sah jedenfalls eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Klägerin bei einer Rückkehr nach Kabul derzeit zum Opfer politischer Verfolgung würde. Es habe keinen Sinn, mit Entscheidungen zu Afghanistan weiter zuzuwarten, da nicht zu erwarten stehe, daß sich die Erkenntnislage über das Land in absehbarer Weise verbessern werde. Da die Bundesrepublik mit einer eigenen Auslandsvertretung in Kabul seit Jahren nicht mehr präsent sei, stütze sich das Gericht in größerem Umfang als sonst in asylrechtlichen Verfahren üblich auf Pressemitteilungen. Auch die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen, von amnesty international sowie die Expertisen von Fachleuten würden größeres Gewicht gewinnen, ohne daß von der Durchführung einer gerichtlichen Beweisaufnahme eine zufriedenstellende Verdichtung der Informationslage zu erwarten wäre. Der Asylsuchende habe Anspruch auf Rechtsschutz innerhalb eines überschaubaren zeitlichen Rahmens. Dies könne es im Einzelfall wie hier rechtfertigen, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu seinen Gunsten zu entscheiden.