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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Volker Röben


XII. Internationaler Menschenrechtsschutz

1. Europäische Menschenrechtskonvention

e) Verfahrensdauer (Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK)

       70. In dem dem Beschluß des Bayerischen ObLG vom 9.3.1995 (3Z BR 56/95 - FamRZ 1995, 1208) zugrunde liegenden Sachverhalt war der Beschwerdeführer durch Gerichtsbeschluß nach dem LandesunterbringungsG in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden. Das BayObLG führte aus, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK, verstärkt durch Art. 5 Abs. 4 EMRK gewährleiste das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Frist, insbesondere in Fragen der Unterbringung. Dieses Recht möge hier verletzt sein, doch könne dies nichts an der Tatsache ändern, daß die Beschwerde nach der zwischenzeitlichen Aufhebung des Einweisungsbeschlusses prozessual erledigt und daher als unzulässig zurückzuweisen sei. Daher sei das Gericht auch nicht zur Entscheidung über die Frage aufgerufen, ob eine Beschwerde wegen der langen Verfahrensdauer vor dem Landgericht hätte eingelegt werden können.

       71. Der Bundesfinanzhof hatte sich in seinem Urteil vom 13.12.1995 (XI R 43-45/89 - BB 1995, 1044) mit den Rechtsfolgen einer behaupteten überlangen Verfahrensdauer auseinanderzusetzen. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Hausverkäufer Klage gegen seine Veranlagung zur Umsatzsteuer wegen gewerblichen Hausverkaufs erhoben. Das Gericht entschied, die behauptete überlange Verfahrensdauer stelle keinen Grund für die Aufhebung der Entscheidung des FG dar. Art. 6 Abs. 1 EMRK finde vorliegend wegen der öffentlich-rechtlichen Natur von Steuerstreitigkeiten keine Anwendung.