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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Volker Röben


XII. Internationaler Menschenrechtsschutz

1. Europäische Menschenrechtskonvention

f) Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK)

       72. Das OLG Bamberg wies mit Beschluß vom 16.8.1995 (Ws 306/95 - NJW 1995, 1222) eine Haftbeschwerde nach eineinhalbjähriger Untersuchungshaft zurück, weil ein Haftgrund weiter bestehe und die fortdauernde Untersuchungshaft auch nicht unverhältnismäßig sei. Der Anspruch auf Freiheit des Beschwerdeführers, für den die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK streite, wachse zwar mit der Dauer der Haft. Er sei jedoch mit dem staatlichen Interesse an einem zügigen und ungestörten Strafverfahren abzuwägen. Untersuchungshaft von mehr als einem Jahr Dauer oder von einer Dauer, die die zu erwartende Haftstrafe übersteige, könne nur in außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt erscheinen. Diese Grenzen seien hier jedoch nicht erreicht. Selbst wenn die Haftstrafe aber kürzer ausfallen könnte, so rechtfertige die Situation der kindlichen Opfer die verlängerte Untersuchungshaft des Beschuldigten.