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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Kerrin Schillhorn


V. Organe des diplomatischen und konsularischen Verkehrs

      23. Das BVerwG entschied mit Urteil vom 29.2.1996 (5 C 23/95 = DVBl. 1996, 871ff. = DÖV 1996, 835 = NJW 1996, 2744ff. = BayVBl. 1996, 636ff.), daß ein Ausländer mit Diplomatenstatus regelmäßig keine Sozialhilfe in der Bundesrepublik Deutschland beanspruchen könne. Ausnahmen kämen jedoch in Betracht, wenn der Ausländer zuvor aus dem diplomatischen Dienst des Entsendestaates ausgeschieden sei oder jedenfalls jegliche diplomatische Tätigkeit faktisch eingestellt habe. Gegenstand der Entscheidung war der Antrag eines somalischen Diplomaten auf Sozialhilfe, da Somalia seit September 1990 weltweit Gehaltszahlungen an seine Diplomaten eingestellt habe. Der Antragsteller machte geltend, eine Rückkehr in seine Heimat sei ihm wegen der dort herrschenden katastrophalen Lage derzeit nicht zumutbar. Zunächst wies das Gericht darauf hin, daß die Immunität eines Diplomaten diesen nicht daran hindere, aktiv als Kläger deutsche Gerichte in Anspruch zu nehmen. Weiterhin bekräftigte das Gericht den Grundsatz der völligen Unabhängigkeit der Diplomaten nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen32 und leitete hieraus ab, daß die Beanspruchung von Sozialhilfe mit dem Wesen und der Funktion des diplomatischen Dienstes unvereinbar sei. Vielmehr sei die wirksame Erfüllung der Aufgaben der diplomatischen Mission als Vertretungsorgan des Entsendestaates nur dann gewährt, wenn die Alimentation ihrer Diplomaten allein den Entsendestaaten obliege. Daher komme der Bezug von Leistungen nach dem BSHG nur dann in Betracht, wenn der Betroffene aus dem diplomatischen Dienst seines Heimatlandes ausgeschieden sei. Darüber hinaus komme eine Leistung nach dem BSHG auch dann in Betracht, wenn einer Beendigung des Diplomatenstatus tatsächliche Hindernisse entgegenstünden, weil der Entsendestaat handlungsunfähig geworden sei und der Diplomat nicht in den Entsendestaat zurückgeschickt werden könne. Dabei sei ein Anspruch auf Sozialhilfe davon abhängig, daß die Mission des Diplomaten zumindest faktisch erloschen sei. In einer solchen Situation könne eine Bundeszuständigkeit dahin gehend erwogen werden, im Rahmen der Pflege der auswärtigen Beziehungen durch wirtschaftliche Hilfeleistungen an das Missionspersonal den diplomatischen Kontakt zum Entsendestaat aufrechtzuerhalten, bis dieser seine Handlungsfähigkeit wiedererlangt habe. Voraussetzung für die Gewährung von Sozialhilfe sei jedoch, daß der Diplomat während der Inanspruchnahme dieser Hilfe faktisch keine diplomatischen Belange seines Landes mehr wahrnehme.

      24. Das BAG stellte mit Urteil vom 3.7.1996 (2 AZR 513/95 = NZA 1996, 1229ff. = NJW 1997, 678 = DStR 1997, 382) die Unzuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit für Angestellte eines ausländischen Konsulats fest. Gegenstand des Verfahrens war der Anstellungsvertrag einer deutschen Staatsangehörigen mit einer ausländischen Regierung über die Tätigkeit in einem in Deutschland belegenen Konsulat. Das Gericht entschied, daß die Immunität des ausländischen Staates einen Eingriff in dessen Konsularangelegenheiten auch im Bereich des Arbeitsrechts verbiete, so daß das deutsche Arbeitsrecht nicht anwendbar sei. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn es sich um originäre konsularische Aufgaben handele. Davon zu unterscheiden seien jedoch Tätigkeiten, die keinen hoheitlichen Charakter hätten.



      32 Vom 18.4.1961, BGBl. 1964 II, 959ff.