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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Kerrin Schillhorn


IV. Staatsangehörigkeit

2. Verlust

      20. In einem Staatshaftungsverfahren entschied das OLG Hamm (Urteil vom 11.10.1996 - 11 U 173/95 = StAZ 1997, 133ff.), daß die Feststellung, ein als deutsches geborenes Kind habe aufgrund der Legitimation durch einen ausländischen Vater die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, rechtsfehlerhaft sei, und erkannte einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz an. Grundlage der Entscheidung war der Fall des Klägers, der als nicht-eheliches Kind einer deutschen Staatsangehörigen in Deutschland geboren wurde. Nach der Geburt heiratete die Mutter den leiblichen Vater des Klägers und der Kläger wurde mit Beschluß des zuständigen AG legitimiert. Einige Jahre später siedelte die Familie nach Jugoslawien über, wo der Kläger als jugoslawischer Staatsangehöriger eingetragen wurde. Als 15jähriger kehrte der Kläger nach Deutschland zurück, wo er seither lebt und in seinen Personalpapieren als Deutscher bezeichnet wird. Aus Anlaß eines standesbeamtlichen Verfahrens stellte sich die Frage, ob der Kläger jugoslawischer oder deutscher Staatsangehöriger ist. Das OLG entschied, der Kläger habe seine deutsche Staatsangehörigkeit, die er nach § 4 Abs. 1 der damals geltenden Fassung des RuStAG bei der Geburt erlangt habe, nie verloren. Zur Begründung führte das Gericht aus, daß nach § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit eines nicht-ehelichen Kindes durch die von einem Ausländer bewirkte und nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation verloren gehen solle. Diese Bestimmung sei jedoch mit Hinblick auf die Anordnung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungskonform dahin gehend auszulegen, daß die Staatsangehörigkeit dann nicht verloren gehen könne, wenn der Betreffende dadurch staatenlos würde. Dies sei bei dem Kläger aber der Fall gewesen. Dieser habe weder durch die jugoslawische Staatsangehörigkeit seines zunächst nicht-ehelichen Vaters noch durch die spätere Legitimation die jugoslawische Staatsangehörigkeit erhalten. Insbesondere sei diese nie, wie nach dem jugoslawischen Recht nötig, beantragt worden. Es sei auch nicht zu einem rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Übersiedlung nach Jugoslawien gekommen, da dies einen rückwirkenden Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund eines im deutschen Recht nicht vorgesehenen Tatbestandes bedeutet hätte. Somit sei der Kläger nach wie vor deutscher Staatsangehöriger. Die anders lautende Feststellung des Standesamtes sei rechtswidrig und löse damit staatshaftungsrechtliche Ansprüche aus.