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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Lars-Jörgen Geburtig


VIII. Asylrecht

4. Familienangehörige von Asylberechtigten

       56. Das Bundesverwaltungsgericht entschied in seinem Urteil vom 13.5.1997 (9 C 35.96 - BVerwGE 104, 362 = DVBl. 1997, 1390 = DÖV 1997, 921 = NVwZ 1997, 1137 = FamRZ 1997, 1206), daß das Kind eines Asylberechtigten, das in Deutschland nach dessen Antragstellung, aber vor der Anerkennung geboren worden ist, gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG einen Anspruch auf Familienasyl hat, wenn der Familienasylantrag nach der Geburt gestellt worden ist. Hier halte der Senat eine Frist von zwei Wochen in der Regel für angemessen und ausreichend. Ein späterer Antrag sei folglich nur dann rechtzeitig, wenn sich aufgrund besonderer Umstände ergibt, daß der Antrag nicht früher gestellt werden konnte.

       57. Das VG Koblenz entschied in seinem Urteil vom 31.1.1997 (9 K 2942/96.KO - NVwZ Beilage 1997, 56), daß einem im Bundesgebiet geborenen asylsuchenden Kind die Berufung auf das Grundrecht auf Asyl nicht deswegen verwehrt ist, weil dem Asylbegehren seiner Eltern die Drittstaatenregelung des Art. 16 a Abs. 2 GG entgegensteht. Dem Kläger, einem in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Sohn albanischer Volkszugehöriger aus der Bundesrepublik Jugoslawien, drohten bei seiner Rückkehr nach Jugoslawien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgungsmaßnahmen aufgrund der Tätigkeit seines Vaters. Nach Auffassung des VG hat er sowohl einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter als auch auf die Feststellung, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Nur solche Ausländer, die i.S.d. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG über einen sicheren Drittstaat eingereist sind und somit die Möglichkeit hatten, schon in diesem Drittstaat Schutz vor Verfolgung zu finden, könnten sich gemäß § 26 a Abs. 1 AsylVfG nicht auf das Asylgrundrecht berufen. Der Kläger dieses Verfahrens sei in der Bundesrepublik Deutschland geboren und nicht über einen sicheren Drittstaat eingereist, habe diese Möglichkeit also nicht gehabt. Seine Anerkennung als Asylberechtigter könnte allenfalls deshalb ausgeschlossen sein, um einen Wertungswiderspruch zum Flüchtlingsstatus seiner Eltern und Geschwister zu vermeiden, die über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Jedoch sei das Ergebnis unausweichlich, weil die beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei der Rückkehr besteht und eine Einreise über einen sicheren Drittstaat beim Kläger nicht vorliegt.