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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 1986 - 1993


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Giegerich / Philipp / Polakiewicz / Rädler / Zimmermann


610. DEUTSCHE STAATSANGEHÖRIGKEIT

Nr.87/2

[a] Aus dem Gebot der Wahrung der Einheit der deutschen Staatsangehörigkeit (Art.116 Abs.1, 16 Abs.1 GG), das eine normative Konkretisierung des im Grundgesetz enthaltenen Wiedervereinigungsgebots ist, folgt, daß dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der DDR für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen des ordre public die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit beizumessen ist.

[b] Erst wenn eine Trennung der DDR von Deutschland durch eine freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechts besiegelt wäre, ließe sich die in der DDR ausgeübte Hoheitsgewalt aus der Sicht des Grundgesetzes als eine von Deutschland abgelöste fremdstaatliche Gewalt qualifizieren.

[c] Dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zufolge eines Erwerbs der Staatsbürgerschaft der DDR stehen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland weder aus allgemeinem Völkerrecht noch aus ihren vertraglichen Bindungen zur DDR entgegen.

[d] Der völkerrechtlichen Beurteilung der Rechtslage Deutschlands durch die zuständigen Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland könnte das Bundesverfassungsgericht nur entgegentreten, wenn sie offensichtlich völkerrechtswidrig wäre.

[a] The constitutional duty to preserve the unity of German citizenship (Arts.116 (1) and 16 (1) of the Basic Law), which is a normative concretization of the Basic Law's reunification rule, requires that the acquisition of the GDR citizenship simultaneously brings about the acquisition of the German citizenship, subject to limits based on public policy.

[b] The governmental authority exercised by the German Democratic Republic may under the Basic Law not be qualified as the governmental authority of a foreign state unconnected with Germany, as long as the separation of the GDR from Germany has not been finalized by a free exercise of the right of self-determination.

[c] The automatic acquisition of German citizenship in consequence of any acquisition of GDR citizenship does not violate any obligation of the Federal Republic of Germany which may arise out of general public international law or out of treaties with the German Democratic Republic.

[d] The Federal Constitutional Court may not set aside an evaluation by the competent political organs of the Federal Republic of Germany concerning the status of Germany under public international law unless it be manifestly in violation of public international law.

Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 21.10.1987 (2 BvR 373/83), BVerfGE 77, 137 (ZaöRV 48 [1988], 727) ("Teso") (s.1500 [87/1]; 130 [87/1])

Einleitung:

      Der Beschwerdeführer - ein italienischer Staatsangehöriger - war 1940 als eheliches Kind eines italienischen Vaters und einer Mutter, die durch die Eheschließung ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatte, in Meißen/Sachsen geboren und hatte bis zu seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland 1969 in der DDR gelebt. Dort wurde ihm ein Personalausweis der DDR ausgehändigt. In der Bundesrepublik beantragte er vergeblich die Feststellung seiner deutschen Staatsangehörigkeit, obwohl ihm früher ein deutscher Reisepaß und Personalausweis erteilt worden waren. Seine Klage blieb in letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos. Auf seine Verfassungsbeschwerde hob das Bundesverfassungsgericht diese Entscheidungen auf.

Entscheidungsauszüge:

      C. ... Der Beschwerdeführer war zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt deutscher Staatsangehöriger im Sinne des Grundgesetzes. Die Ablehnung der Feststellung seiner deutschen Staatsangehörigkeit wirkt sich wie eine Entziehung der Staatsangehörigkeit aus ...
      I.1. Der Beschwerdeführer hat die deutsche Staatsangehörigkeit weder durch Einbürgerung seitens der Bundesrepublik Deutschland noch unmittelbar kraft des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes, das nach Art.123 Abs.1 GG für den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland fortgilt, erworben. Der Umstand, daß dem Beschwerdeführer im Jahre 1970 ein Personalausweis und im Jahre 1972 ein Reisepaß der Bundesrepublik Deutschland erteilt wurden, bewirkte keine Einbürgerung. Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz kennt eine Einbürgerung durch bloße Aushändigung eines deutschen Personalausweises oder Reisepasses nicht.
      2. Der Beschwerdeführer hat die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik jedenfalls innerhalb des hier entscheidungserheblichen Zeitraums erworben ... Dabei kann für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde dahinstehen, ob dieser Erwerb erfolgte unmittelbar kraft Gesetzes ... oder durch Verleihung kraft Einzelakts in Form der Bewilligung und Aushändigung eines Personalausweises im Jahre 1954, wie es bis zur Verordnung über das Verfahren in Staatsangehörigkeitsfragen vom 28. November 1957 (GBl. DDR 1957 I S.616) möglich war ... Für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde begründet es keinen Unterschied, ob der Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik unmittelbar kraft Gesetzes der Deutschen Demokratischen Republik oder durch einen Einzelakt ihrer Behörden erworben hat.
      3. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik durch den Beschwerdeführer bewirkte, daß er zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne der Art.16 Abs.1, 116 Abs.1 GG erworben hat. Diese Rechtswirkung trat nicht kraft oder aufgrund eines Erwerbstatbestandes des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes ein; der Tatbestand, zufolge dessen der Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik erworben hat, findet keine Entsprechung in den Erwerbstatbeständen des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes oder sonstigen gesetzlichen Normen der im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsordnung. Indes folgt aus dem Gebot der Wahrung der Einheit der deutschen Staatsangehörigkeit (Art.116 Abs.1, 16 Abs.1 GG), das eine normative Konkretisierung des im Grundgesetz enthaltenen Wiedervereinigungsgebots ist, daß dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen des ordre public die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit beizumessen ist.
      a) Das Bundesverfassungsgericht hat der Präambel des Grundgesetzes rechtliche Bedeutung zugemessen und darin insbesondere ein verfassungsrechtliches "Wiedervereinigungsgebot" verankert gesehen (vgl. BVerfGE 5, 85 [127 f.]; 36, 1 [17 f.]). Den politischen Organen kommt ein weiter Gestaltungsspielraum zu, um das Ziel der Wiedervereinigung anzustreben ...
      b) Der Senat hat aus dem Wiedervereinigungsgebot neben der Pflicht der Verfassungsorgane, "in ihrer Politik auf die Erreichung dieses Zieles hinzuwirken", auch ein Wahrungsgebot abgeleitet, nämlich "alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung vereiteln würde" (BVerfGE 36, 1 [18]). Dieses für den Bereich des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Staatsangehörigkeitsrechts in Art.116 Abs.1, 16 Abs.1 GG von der Verfassung selbst konkretisierte Wahrungsgebot hat das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall verkannt.
      Der Parlamentarische Rat hat das Grundgesetz nicht als Akt der Neugründung eines Staates verstanden; er wollte "dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung" geben, bis die "Einheit und Freiheit Deutschlands" in freier Selbstbestimmung vollendet sei (Präambel des Grundgesetzes). Präambel und Art.146 GG fassen das gesamte Grundgesetz auf dieses Ziel hin ein: der Verfassungsgeber hat dadurch den Willen zur staatlichen Einheit Deutschlands normiert, der wegen der zwischen den Besatzungsmächten ausgebrochenen weltpolitischen Spannungen ernsthafte Gefahr drohte... Es war die politische Grundentscheidung des Parlamentarischen Rates, nicht einen neuen ("westdeutschen") Staat zu errichten, sondern das Grundgesetz als Reorganisation eines Teilbereichs des deutschen Staates - seiner Staatsgewalt, seines Staatsgebiets, seines Staatsvolkes - zu begreifen. Dieses Verständnis der politischen und geschichtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland liegt dem Grundgesetz zugrunde. Das Festhalten an der deutschen Staatsangehörigkeit in Art.116 Abs.1, 16 Abs.1 GG und damit an der bisherigen Identität des Staatsvolkes des deutschen Staates ist normativer Ausdruck dieses Verständnisses und dieser Grundentscheidung.
      c) Aus dem Wahrungsgebot folgt insbesondere die verfassungsrechtliche Pflicht, die Identität des deutschen Staatsvolkes zu erhalten. Diese Pflicht ist nicht statisch auf den Kreis derjenigen Personen begrenzt, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes deutsche Staatsangehörige waren, und auf jene, die später zufolge des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben und noch erwerben werden.
      Schon Art.116 Abs.1 Halbsatz 2 GG zeigt, daß das Grundgesetz von einer Regelungskompetenz über Fragen der deutschen Staatsangehörigkeit von Personen ausgeht, für die eine Anknüpfung an den Gebietsstand des Deutschen Reiches am 31. Dezember 1937 - und damit auch über den räumlichen Anwendungsbereich des Grundgesetzes hinaus - gegeben ist.
      Die im Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes enthaltene Wahrungspflicht gebietet es auch, die Einheit des deutschen Volkes als des Trägers des völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts nach Möglichkeit zukunftsgerichtet auf Dauer zu bewahren ... Die statische Betrachtungsweise des Bundesverwaltungsgerichts stellt diese Einheit des ganzen deutschen Volkes in seinem jeweiligen Bestand als des Trägers des Selbstbestimmungsrechts grundsätzlich in Frage; sie läuft dem Gebot des Grundgesetzes zuwider, die Einheit der deutschen Staatsangehörigkeit zu wahren.
      d) Mithin bewirkt der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik auch zufolge von Tatbeständen, die keine Entsprechung im Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 finden, grundsätzlich zugleich den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Diese Rechtswirkung für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland tritt gleichermaßen ein bei einem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik unmittelbar kraft einer dortigen Rechtsnorm oder zufolge eines die Staatsbürgerschaft verleihenden Einzelakts.
      e) Dieser Rechtswirkung auf die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland steht nicht, wie das Bundesverwaltungsgericht meint, entgegen, daß die in der Deutschen Demokratischen Republik hierbei geübte Hoheitsgewalt nicht dem Grundgesetz unterfällt. Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß das Grundgesetz vom Fortbestand des deutschen Staatsvolkes ausgeht (BVerfGE 36, 1 [16 ff., 29 ff.]) und die Bundesrepublik, was ihr Staatsvolk und Staatsgebiet angeht, nicht ganz Deutschland umfaßt. Auch nach Abschluß des Grundlagenvertrages ist die Deutsche Demokratische Republik "ein anderer Teil Deutschlands", sind etwa ihre Gerichte "deutsche Gerichte" (BVerfGE 37, 57 [64]). Erst wenn eine Trennung der Deutschen Demokratischen Republik von Deutschland durch eine freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechts besiegelt wäre, ließe sich die in der Deutschen Demokratischen Republik ausgeübte Hoheitsgewalt aus der Sicht des Grundgesetzes als eine von Deutschland abgelöste fremdstaatliche Gewalt qualifizieren.
      f) Dieser Rechtswirkung von Einbürgerungen in der Deutschen Demokratischen Republik auf die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland mit der Folge des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Art.116 Abs.1, 16 GG wird durch den ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland eine verfassungsrechtliche Grenze gezogen. ...
      Im Zusammenhang des Staatsangehörigkeitsrechts bestimmen sich Inhalt und Wirkungsweise des ordre public in erster Linie aus den rechtlichen Grundwertungen eben dieses Rechtsbereichs und insbesondere aus dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlaß, die Grenzen näher zu bestimmen, die der ordre public dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zufolge des Erwerbs der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik zu ziehen vermag ...
      II. Dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch den Beschwerdeführer zufolge seines Erwerbs der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik stehen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland weder aus allgemeinem Völkerrecht noch aus ihren vertraglichen Bindungen zur Deutschen Demokratischen Republik entgegen.
      1. Nach allgemeinem Völkerrecht unterliegt die Bestimmung des Kreises seiner Staatsangehörigen durch einen Staat bestimmten Grenzen, die sich unter anderem aus der Existenz und der Personalhoheit anderer Staaten ergeben ... Der Staat darf die Staatsangehörigkeit insbesondere nicht an sachfremde, mit ihm nicht in hinreichender Weise verbundene Sachverhalte anknüpfen ... Es überschreitet diese Grenzen nicht, wenn die Bundesrepublik Deutschland die Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik als zum Kreis der deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Grundgesetzes gehörend betrachtet, den damit gegebenen Status aber immer erst dann aktualisiert, wenn diese in den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland gelangen und die Aktualisierung hinnehmen oder begehren. Eine solche Anknüpfung, die das aus der Staatsangehörigkeit folgende Rechte- und Pflichtenverhältnis gegenüber den in der Deutschen Demokratischen Republik als deren Bürger lebenden deutschen Staatsangehörigen in keiner Weise aktualisiert, ist der Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich jedenfalls nicht verwehrt. Sie findet ihren sachlichen Anknüpfungspunkt an der bestehenden Rechtslage Deutschlands, insbesondere daran, daß dem deutschen Volk seit der Niederlage des deutschen Staates im Zweiten Weltkrieg versagt geblieben ist, in freier Selbstbestimmung über seine politische Form zu entscheiden.
      a) Der deutsche Staat ist weder mit der Kapitulation seiner Streitkräfte, der Auflösung der letzten Reichsregierung im Mai 1945 noch durch die Inanspruchnahme der "obersten Gewalt in Bezug auf Deutschland", einschließlich aller Befugnisse der deutschen Staatsgewalt, durch die vier Hauptsiegermächte am 5. Juni 1945 ... völkerrechtlich erloschen; die Vier Mächte erklärten vielmehr ausdrücklich, daß die Inanspruchnahme dieser Gewalt nicht die Annektierung Deutschlands bewirke. Auf der Potsdamer Konferenz vom August 1945 beschlossen die Staats- und Regierungschefs Großbritanniens, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika, einen Rat der Außenminister einzusetzen u.a. zum Zwecke des "preparation of a peace settlement for Germany to be accepted by the Government of Germany when a government adequate for the purpose is established" (... Frankreich ist den Potsdamer Beschlüssen später beigetreten). So wurde auch die Regelung von Gebietsfragen, wie der "final delimitation of the western frontier of Poland" einer Friedensregelung vorbehalten ... Versuchen der Sowjetunion, die Potsdamer Beschlüsse insoweit als endgültige Entscheidung zu werten, sind die Vereinigten Staaten entgegengetreten ...
      Soweit es sich um Deutschlands auswärtige Angelegenheiten handelte, übten die Regierungen der vier Hauptsiegermächte selbst die "oberste Gewalt in Bezug auf Deutschland" aus ... So wurden mit einer Reihe im Krieg neutral gebliebener Staaten Abkommen über die Liquidierung deutschen Vermögens geschlossen. Dabei traten die drei westlichen Hauptsiegermächte auch im Namen des "Government of the German Reich" auf (vgl. Präambel und Art.XII, XV des Abkommens mit Spanien vom 10. Mai 1948, United Nations Treaty Series, vol.140 [1952], S.130 ff., in Kraft getreten am Tage der Unterzeichnung).
      Auch im Rahmen von internationalen Organisationen, denen Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg beigetreten war, nahmen die Besatzungsmächte die Rechtsstellung Deutschlands wahr (vgl. die Verhandlungen auf der Konferenz des Weltpostvereins von 1947 in Paris, in: Union Postale Universelle, Documents du Congrès de Paris 1947, Tome II, [Berne 1948], p.LX, 902 ff., 906).
      In Ziffer 2c) des Besatzungsstatuts der drei westlichen Besatzungsmächte vom 12. Mai 1949 wurden "die auswärtigen Angelegenheiten einschließlich der von Deutschland oder in seinem Namen getroffenen internationalen Abkommen" den Besatzungsmächten vorbehalten ...
      Diese rechtlichen Vorgänge belegen, daß die beteiligten Staaten vom Fortbestehen des deutschen Staates bis zu diesem Zeitpunkt ausgingen.
      b) Das Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 und der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949 änderte am Fortbestand des deutschen Staates nichts; beide Vorgänge erfüllten nicht einen völkerrechtlichen Tatbestand des Staatsuntergangs.
      aa) Weder das Grundgesetz selbst ... noch die auf seiner Grundlage gebildeten Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland haben diesen Vorgang als Untergang des deutschen Staates bewertet. Die Bundesrepublik Deutschland betrachtete sich vielmehr von Beginn an als identisch mit dem Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich. An dieser Subjektsidentität hat nichts zu ändern vermocht, daß sich die gebietsbezogene Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland auf den räumlichen Anwendungsbereich des Grundgesetzes beschränkt. Selbst eine endgültige Statusänderung von Teilen seines Staatsgebiets ändert nach Völkerrecht die Identität eines staatlichen Völkerrechtssubjekts nicht.
      Die Identität der Bundesrepublik Deutschland - in diesen gebietsbezogenen Begrenzungen - mit dem deutschen Staat ist auf der völkerrechtlichen Ebene von zahlreichen Staaten anerkannt worden. So sind etwa die Parteien des Londoner Schuldenabkommens vom 27. Februar 1953 (BGBl. II S.333 ff.) davon ausgegangen, daß die Bundesrepublik Deutschland die Verbindlichkeiten "Deutschlands" schuldet (vgl. zahlreiche Erwägungen der Präambel) - es wurde nicht eine Schuld- oder gar bloße Haftungsübernahme für die Verbindlichkeiten eines untergegangenen Schuldners vereinbart. Im gleichen Sinne ist die Wiederanwendung zahlreicher Vorkriegsverträge Deutschlands zu werten, die die Bundesrepublik Deutschland mit den Vertragspartnern dieser durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochenen Verträge praktiziert hat; sie bedeuteten nicht den Neuabschluß eines Vertrages mit einem Rechtsnachfolger auf deutscher Seite - wie es, abgesehen von gebietlich verankerten und gewissen Status-Verträgen, den Regeln der völkerrechtlichen Staatennachfolge entsprochen hätte -, sondern die Fortführung desselben, lediglich suspendierten Vertragsverhältnisses zwischen denselben ursprünglichen Parteien. Dementsprechend sind die Wiederanwendungserklärungen von den Staatsorganen der Bundesrepublik Deutschland nicht nach den verfassungsrechtlichen Regeln des Abschlusses von völkerrechtlichen Verträgen (vgl. Art.59 GG) behandelt worden. Auch im übrigen sind die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland kontinuierlich von der völkerrechtlichen Subjektsidentität der Bundesrepublik mit dem 1871 gegründeten deutschen Staat ausgegangen. ...
      bb) Auch die Sowjetunion und die Deutsche Demokratische Republik sind im Jahre 1949 vom Fortbestand des deutschen Staates ausgegangen. Dies bekundet deutlich die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949, die bis zur Verfassung vom 6. April 1968 in Kraft war. ...
      Die Sowjetunion hat sich auch nach 1949 gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik stets ihre vertraglichen Rechtspositionen aus dem Viermächtestatus in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin sowie in bezug auf eine Friedensregelung für Deutschland vorbehalten. ...
      cc) Auch die drei westlichen Hauptsiegermächte gingen weiterhin vom Fortbestehen des deutschen Staates aus. ... Auch die Westmächte beendeten im Laufe des Jahres 1951 den Kriegszustand mit Deutschland ... Ihre Rechtsauffassung, daß Deutschland als Völkerrechtssubjekt fortbestehe, bekundete sich in zahlreichen weiteren Vorgängen. ...
      dd) Die drei Westmächte haben, zumal in ihrem Verhältnis zur Sowjetunion wie gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, bis in die Gegenwart an ihren Rechtspositionen in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin festgehalten.
      ee) Angesichts dieser Vorgänge und Rechtsauffassungen ist kein völkerrechtlicher Tatbestand des Staatsuntergangs ersichtlich, aus dem geschlossen werden könnte, daß der deutsche Staat im Jahre 1949 bei Bildung der Bundesrepublik Deutschland oder bei Erlaß der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik untergegangen wäre.
      c) Wie immer man den Rechtsstatus der Deutschen Demokratischen Republik in den folgenden Jahren bis hin zum Abschluß des Grundlagenvertrages mit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Aufnahme in die Organisation der Vereinten Nationen bewerten mag, dieser Status und seine Entwicklung vermochten völkerrechtlich nichts an der Subjektsidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem deutschen Staat zu ändern. Selbst wenn es sich bei dieser Entwicklung um eine vollendete völkerrechtliche Sezession aus dem deutschen Staatsverband gehandelt hätte - was allein schon wegen des fortbestehenden Viermächte-Status Deutschlands als Ganzen ausgeschlossen ist -, hätte dies den Fortbestand des deutschen Staates nicht beenden können; die Sezession eines Teilgebiets beendet nicht die Subjektsidentität des verbleibenden Teils, sofern dessen Staatlichkeit - was bei der Bundesrepublik Deutschland unstreitig ist - erhalten bleibt.
      d) Ausschlaggebend dafür, daß es nicht dem allgemeinen Völkerrecht widerspricht, wenn für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes auch die Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik auf die oben bezeichnete Weise umfaßt, ist indes der Umstand, daß die Spaltung Deutschlands nicht vom Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes gedeckt ist. Vielmehr hält das deutsche Volk in seiner überwältigenden Mehrheit sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Deutschen Demokratischen Republik an dem Willen fest, die Spaltung Deutschlands auf friedliche Weise zu überwinden und die volle staatliche Einheit wiederherzustellen.
      aa) Das Selbstbestimmungsrecht ist nach dem Zweiten Weltkrieg als Grundsatz des universalen Völkerrechts anerkannt worden. Diese Geltungsgrundlage bekundet sich zumal in zahlreichen vertraglichen Festlegungen wie auch in zahlreichen Bekundungen der Staatenpraxis außerhalb vertraglicher Rahmen.
      In Art.1 Abs.2 der Satzung der Vereinten Nationen wird es als "Ziel", in Art.55 als "Grundsatz" angesprochen ... [folgt Hinweis auf Art.1 Abs.1 der beiden UN-Menschenrechtspakte (BGBl. 1973 II S.1534, 1570)].
      bb) Die Bundesrepublik Deutschland hat von Anbeginn das Selbstbestimmungsrecht des ganzen deutschen Volkes geltend gemacht, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Abschluß der sogenannten Ostverträge. ... Die Bundesregierung hat zumal auch nach Abschluß des Grundlagenvertrages gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik am Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes festgehalten. ...
      cc) Das deutsche Volk ist Träger des Selbstbestimmungsrechts im Sinne des allgemeinen universalen Völkerrechts. Es stellt keine nach Maßgabe des Völkerrechts sachwidrige Anknüpfung dar, wenn durch staatsangehörigkeitsrechtliche Regelungen der Bundesrepublik Deutschland die rechtliche Form und Gestalt dieses Volkes als Träger des Selbstbestimmungsrechts bis zu dem Zeitpunkt gewahrt bleiben soll, in dem ihm die freie Ausübung dieses Rechts ermöglicht wird. Dabei kann hier offenbleiben, in welcher Art und Weise dieses Recht wahrzunehmen ist, um den Anforderungen an seine freie Ausübung zu genügen ... [folgt Hinweis auf IGH-Gutachten über die West-Sahara, ICJ Reports 1975, S.3, 33 und UN-Deklaration v. 24.10.1970 über die Prinzipien des Völkerrechts].
      2. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 21. Dezember 1972 oder gegen einen sonstigen Vertrag zwischen diesen Parteien vor.
      a) Wie in seinem Vorspruch bekundet, wurde der Grundlagenvertrag von den Parteien u.a. "in dem Bewußtsein" geschlossen, "daß die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und der Souveränität aller Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen eine grundlegende Bedingung für den Frieden sind", und "ausgehend von den historischen Gegebenheiten und unbeschadet der unterschiedlichen Auffassungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zu grundsätzlichen Fragen, darunter zur nationalen Frage" ... [folgt Hinweis auf Art.2, 6 und 9 Grundlagenvertrag].
      Zugleich hat die Bundesrepublik Deutschland bei Vertragsunterzeichnung zu Protokoll erklärt: "Staatsangehörigkeitsfragen sind durch den Vertrag nicht geregelt worden". Die Deutsche Demokratische Republik hat zu Protokoll erklärt: "Die Deutsche Demokratische Republik geht davon aus, daß der Vertrag eine Regelung der Staatsangehörigkeitsfragen erleichtern wird".
      Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Grundlagenvertrages hat der Bundesminister für besondere Aufgaben beim Bundeskanzler am 21. Dezember 1972 einen Brief an den Staatssekretär beim Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik gerichtet, in dem die Regierung der Bundesrepublik Deutschland feststellt, "daß dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt".
      Die völkervertragsrechtliche Wirkung dieser Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zu Protokoll und des Briefes zur deutschen Einheit ist, daß die Bundesrepublik Deutschland mit dem Abschluß des Grundlagenvertrages keine Verpflichtungen gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik übernommen hat, die in Widerspruch zu dieser Erklärung und diesem Brief stünden.
      b) Dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes beizumessen, widerspricht weder der Protokollerklärung der Bundesrepublik Deutschland noch ihrem Brief zur deutschen Einheit. Der Deutschen Demokratischen Republik war bei Vertragsschluß bekannt, daß das Grundgesetz an der einen deutschen Staatsangehörigkeit festgehalten hat.
      c) Auch ungeachtet dieser Erklärung und dieses Briefes verletzte die hier in Rede stehende Rechtswirkung für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland keine Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus dem Grundlagenvertrag. Sie widerspricht nicht der nach Maßgabe des Grundlagenvertrages zu respektierenden Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Deutschen Demokratischen Republik.
      Sie stellt weder die Ziele und Prinzipien in Frage, von denen sich die Parteien in Art.2 leiten lassen, noch bedeutet sie Ausübung von Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland auf dem Staatsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik oder eine Mißachtung ihrer Unabhängigkeit und Selbständigkeit. Sie hindert oder beeinträchtigt die Deutsche Demokratische Republik nicht, die Staatsangehörigkeit ihrer Bevölkerung zu regeln. Sie bedeutet auch nicht, daß die Bundesrepublik Deutschland Pflichten der deutschen Staatsangehörigen aus diesem Status im Hoheitsbereich der Deutschen Demokratischen Republik in Anspruch nehmen dürfte.
      d) Der Deutschen Demokratischen Republik war bei Vertragsschluß auch die im Vorspruch des Vertrages erwähnte unterschiedliche Auffassung der Bundesrepublik Deutschland "zur nationalen Frage" bekannt. Ihr war bekannt, daß die Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage vom Bestehen zweier Staaten in Deutschland ausgeht, die für einander nicht Ausland sind.
      Im Zeitraum vor wie auch nach Abschluß des Grundlagenvertrages haben die Bundesregierungen wiederholt erklärt, daß im Abschluß dieses Vertrages eine völkerrechtliche Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik durch die Bundesrepublik Deutschland nicht erblickt werden könne. ...
      Auch der gleichzeitige Beitritt der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zu den Vereinten Nationen wurde von der Bundesregierung nicht als Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik gewertet. ...
      Bei diesen Bekundungen handelte es sich nicht um bloße Verbalvorbehalte, die am Tatbestand einer völkerrechtlichen Anerkennung nichts zu ändern vermöchten; sie verwahren vielmehr den Rechtsstandpunkt der Bundesrepublik Deutschland, daß sich ihr Rechtsverhältnis zur Deutschen Demokratischen Republik - auch nach Abschluß des Grundlagenvertrages - nicht ausschließlich nach Völkerrecht bemißt. Die Souveränität beider Staaten im Verhältnis zu dritten Staaten wird hiervon nicht berührt oder in Frage gestellt.
      3. Die für die Außen- und Deutschlandpolitik zuständigen Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland haben von Beginn an am Fortbestand des deutschen Staates auch nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg, an der Subjektsidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem deutschen Staat und an der einen deutschen Staatsangehörigkeit festgehalten. Sie gehen spätestens seit dem Abschluß des Grundlagenvertrages von dem Bestehen zweier Staaten in Deutschland, die für einander nicht Ausland sind, sowie vom Fortbestand des Viermächte-Status über Deutschland als Ganzes aus. Sie haben gegenüber der Völkerrechtsgemeinschaft den Anspruch des deutschen Volkes auf freie Selbstbestimmung geltend gemacht. Die Beurteilung der völkerrechtlichen Lage Deutschlands und seiner Teile mag zwischen den Staaten umstritten sein; der völkerrechtlichen Beurteilung der Rechtslage Deutschlands durch die zuständigen Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland könnte das Bundesverfassungsgericht nur entgegentreten, wenn sie offensichtlich völkerrechtswidrig wäre ... Davon kann hier keine Rede sein.
      III. Der Beschwerdeführer besitzt mithin die deutsche Staatsangehörigkeit. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen ihn in seinem Grundrecht aus Art.16 Abs.1 i.V.m. Art.116 Abs.1 GG sowie in seinem grundrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung aus Art.3 Abs.1 GG i.V.m. Art.8 Abs.1, 9 Abs.1, 11 Abs.1, 12 Abs.1 GG. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Abweichende Meinung des Richters Niebler

      Der Entscheidung des Senats vermag ich im Ergebnis und teilweise auch in der Begründung nicht zuzustimmen.
      1.a) Mit dem Senat bin ich der Auffassung, daß sich aus dem in der Präambel des Grundgesetzes verankerten Wiedervereinigungsgebot auch die Verpflichtung ergibt, alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung vereiteln würde ... Auch die verfassungsrechtliche Pflicht, die Identität des deutschen Staatsvolkes zu wahren ..., bejahe ich.
      b) Aus den oben dargelegten verfassungsrechtlichen Pflichten muß jedoch nicht gefolgert werden, daß jede gesetzliche Regelung in der Deutschen Demokratischen Republik mit ihren Auswirkungen im Einzelfall von den Gerichten und Behörden der Bundesrepublik Deutschland - bis zur Grenze des ordre public - unbesehen anerkannt werden müsse.
      Es ist sicher mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon auszugehen, daß die einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit fortbesteht, daß sie für die Bundesrepublik Deutschland insbesondere nicht durch die staatsangehörigkeitsrechtliche Gesetzgebung der Deutschen Demokratischen Republik berührt worden ist und daß der Status des Deutschen im Sinne der Art.16, 116 Abs.1 GG für denjenigen, "der die in diesem Grundgesetz statuierte Staatsangehörigkeit besitzt", durch den Grundlagenvertrag auch dann nicht gemindert oder verkürzt wird, wenn er Bürger der Deutschen Demokratischen Republik ist. Es ist nicht zweifelhaft, daß Bürger der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Staatsangehörigkeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland in aller Regel den Status eines Deutschen im Sinne der Art.16, 116 Abs.1 GG besitzen ...
      c) ... Eine Anerkennung von Erwerbstatbeständen in der Deutschen Demokratischen Republik, die wesentlich vom Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz abweichen, wird jedenfalls vom Grundgesetz nicht gefordert. Das würde im Ergebnis bedeuten, daß die Deutsche Demokratische Republik durch entsprechende Gesetzesänderungen oder Einbürgerungspraktiken den Kreis der Deutschen im Sinne des Grundgesetzes - praktisch unbegrenzt - einseitig erweitern könnte, mit voller Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland!
      Mit dem Bundesverwaltungsgericht bin ich der Auffassung, daß sich das weder aus einem Rechtssatz der Bundesrepublik Deutschland noch aus dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes ableiten läßt.
      d) Die vom Senat mit dem ordre public gezogenen Grenzen halte ich nicht für ausreichend. ... Im Bereich der Staatsangehörigkeit gibt es nur ein "ja" oder ein "nein". Hier vermag der ordre public meines Erachtens nicht Ergebnisse zu verhindern, die auch mit den Grundgedanken der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland schwerlich oder überhaupt nicht zu vereinbaren sind.
      2. Die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz hat der Beschwerdeführer unstreitig nicht erfüllt.
      Ob beim Beschwerdeführer durch großzügige entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes die Voraussetzungen des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes hätten bejaht werden können, ist keine verfassungsrechtliche Frage; dies haben die Fachgerichte bei der Auslegung des Gesetzes jeweils zu prüfen und zu entscheiden.
      Verfassungsrechtlich ist die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts deshalb meines Erachtens nicht zu beanstanden.
      3. Im übrigen könnte bei auftretenden Härtefällen - neben einer großzügigen Anwendung der einzelnen Gesetze - auch durch Einbürgerung geholfen werden. Insoweit hätte es für den Beschwerdeführer sicher keine Schwierigkeiten gegeben.

Hinweis:

      Präsident Zeidler hat vermerkt, daß er der Entscheidung nicht zustimmt.