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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994


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Peter-Tobias Stoll

X. Diplomatie und Konsularwesen

    113. Im Hinblick auf Schutz und Sicherheit der diplomatischen und konsularischen Missionen und Repräsentanten erklärte der deutsche Vertreter für die Europäische Union und Österreich im 6. Ausschuß der Generalversammlung:

    "We ... wish to underline our concern about violations of States' obligations in respect of diplomatic and consular privileges and immunities. It is essential that States scrupulously fulfill all their obligations regarding the immunities, protection, security and safety of diplomatic and consular missions and representatives, under general international law as well as the relevant international conventions. ... Privileges and immunities are not granted for the personal benefit of individuals. But in order to ensure the smooth and effective exercise of diplomatic and consular functions, for the benefit of international relations as a whole. Sending states have the right to expect that their diplomatic and consular representatives will be adequately protected and their privileges and immunities strictly observed. At the same time, abuses of missions or representatives of their privileges and immunities must be avoided. Respect for the laws of the receiving state is essential. The European Union and Austria will continue to cooperate on measures to deal with such abuses, which tend to undermine public acceptance of diplomatic privileges and immunities and may have serious effect on international relations. On the other hand, abuses by a few must not lead to a general restriction of diplomatic immunities."266

    114. Mit Notenwechsel vom 1. Dezember 1994 schloß Deutschland mit der Russischen Föderation eine Vereinbarung über den Verzicht auf eine Quotenregelung des Personalbestands der diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen, die am selben Tage in Kraft trat.267 Die Vereinbarung hat zum Inhalt, daß unter Berücksichtigung von Art. 11 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen und Art. 20 des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen beide Seiten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit auf zahlenmäßige Quoten für das Personal der diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen verzichten.

    115. Am 17. Juli 1994 wurde eine Vereinbarung mit Usbekistan über die unbeschränkte Reisefreiheit paraphiert, die aufgrund eines Notenwechsels bis zu ihrem Inkrafttreten vom Zeitpunkt der Paraphierung an vorläufig angewandt werden soll.268 Das Übereinkommen gewährleistet, bezugnehmend auf Art. 26 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, die unbeschränkte Reisefreiheit der Mitglieder der diplomatischen Missionen beider Vertragsparteien auf dem Hoheitsgebiet der jeweils anderen Vertragspartei (Art. 1 Abs. 1). Nach Art. 1 Abs. 4 sollen für andere Staatsangehörige der jeweiligen Staaten Aufenthaltsgenehmigungen für das gesamte Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei erteilt werden. Darüber hinaus ist nach Art. 2 vorgesehen, daß eine Begrenzung des Personalbestands der jeweiligen diplomatischen Missionen nicht vorgeschrieben werden soll.

    116. Im Hinblick auf die Qualität der diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) führte das Auswärtige Amt in einem Schreiben an die diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen und alle Arbeitseinheiten im Hause vom 10. Februar 1994269 aus, daß die "diplomatischen Beziehungen zu Belgrad" mit der Gründung der BRJ "aus politischen und praktischen Gründen nicht abgebrochen" wurden. Die Botschaften seien nicht geschlossen, die Intensität des diplomatischen Kontakts aber erheblich vermindert, das diplomatische Personal ausgedünnt und die Kontakte zur Regierung auf ein Mindestmaß beschränkt worden. Im Hinblick auf die Botschaft heißt es weiter, daß diese "derzeit als ein Restbestand unserer Botschaft in der SFRJ fortbesteht". Weiterhin wird ausgeführt:

    "Bei unserer Vertretung in Belgrad handelt es sich somit weiterhin um eine Botschaft, wobei der Botschafter auf Grundlagen eines EG-Beschlusses vom 11. Mai 1992 zur Berichterstattung zurückgerufen ist."
    Dazu wird grundsätzlich bemerkt:
    "Diese Situation ist insofern einmalig, als wir eine Vertretung in einem Staat unterhalten, den wir (noch) nicht förmlich anerkannt haben. Sie läßt sich außer mit praktischen Erwägungen auch durch die Überlegung rechtfertigen, daß eine fortgesetzte Präsenz in Belgrad der Suche nach einer einvernehmlichen und umfassenden Lösung für die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien dient."
    Weiterhin heißt es:
    "Entsprechend verhält es sich mit der Botschaft der Bundesrepublik Jugoslawien in Bonn. Sie wird gegenwärtig in der Liste der diplomatischen Missionen unter 'andere Vertretungen' geführt."
    Es wird deutlich gemacht, daß "volle diplomatische Beziehungen ... erst nach einer völkerrechtlichen Anerkennung der BRJ hergestellt werden [können]". Erst dann könne auch die Vertretung in Belgrad, "die derzeit als ein Restbestand unserer Botschaft in der SFRJ fortbesteht, zur Botschaft in der BRJ umgewidmet werden". Einstweilen könne jedoch "an offiziellen Veranstaltungen, die von Behörden und Vertretungen der BRJ gegeben werden, ... nicht teilgenommen werden. Informelle Arbeitskontakte sind davon nicht betroffen."

    117. Am 1. Januar 1994 nahm die "Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Wien" ihre Tätigkeit auf.270

    118. In Jericho wurde am 8. August 1994 ein "Vertretungsbüro der Bundesrepublik Deutschland" eröffnet.271

    119. Am 1. Dezember 1994 wurden deutsche Generalkonsulate in Nowosibirsk und Saratow eröffnet.272

    120. Im Berichtzeitraum sind Botschaften in Maseru273 und – vorübergehend – in Port au Prince274 geschlossen worden. Geschlossen wurden auch Generalkonsulate in Edmonton und Durban.275 276


    266 Deutschland 1994 (Anm. 1), 6. Ausschuß, 8; siehe auch GA Res. 49/49 vom 9.12.1994.
    267 BGBl. 1995 II, 269.
    268 Bull. Nr. 74 vom 17.8.1994, 697.
    269 Zu den anderen in dem Schreiben angesprochenen Fragen, siehe oben, unter III., Ziff. 9.
    270 GMBl. 1994, 58 – gleichzeitig stellten die Delegationen beim KSZE-Forum für Sicherheitskooperation (FSK-Delegation) und für die Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa (VKSE-Delegation) ihre Tätigkeit ein.
    271 Bull. Nr. 75 vom 25.8.1991, 710, GMBl. 1994, 979 – als Amtsbezirk ist "Palästinensisches Autonomiegebiet" angegeben.
    272 GMBl. 1995, 42.
    273 GMBl. 1994, 1240. Aufgaben werden u.a. von der Botschaft Pretoria übernommen.
    274 Ab 31.3.1994, GMBl. 1994, 434.
    275 GMBl. 1994, 1062 bzw. 1240.
    276 Siehe allgemein: Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, Stand: November 1994, BAnz 46, Nr. 225 vom 1.12.1994.