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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994


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Peter-Tobias Stoll

XIII. Umwelt- und Naturschutz

b. Gewässerschutz

    200. Mit Gesetz vom 23. August 1994 stimmte der Bundestag drei völkerrechtlichen Vereinbarungen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebietes bzw. des Nord-Ost-Atlantiks zu457: Erstens stimmte er dem Protokoll zur Änderung des Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Eindringen durch Schiffe und Luftfahrzeuge zu.458 Weiterhin betrifft das Zustimmungsgesetz das am 22. September 1992 in Paris abgeschlossene und von Deutschland unterzeichnete Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nord-Ost-Atlantiks.459 Schließlich stimmte der Bundestag dem am 9. April 1992 abgeschlossenen und von Deutschland gezeichneten Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebietes zu.460

    201. Das Internationale Übereinkommen 1990 über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung setzte das Bundesverkehrsministerium mit Verordnung mit Wirkung ab 13. Mai 1994 in Kraft.461

    202. Einer Erhöhung der Höchstbeträge der zivilrechtlichen Haftung für Ölverschmutzungsschäden und dem internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden stimmte der Bundestag zu.462 Nach Erläuterungen der Bundesregierung war eine Anhebung der Höchstbeträge für Haftung und Entschädigung im Hinblick auf die große Zahl von Tankerunfällen in den Jahren 1991 bis 1993 erforderlich geworden.463 Hinsichtlich einer möglichen Inanspruchnahme deutscher Reeder für Ölverschmutzungsschäden aus Havarien ihrer Schiffe in ausländischen Gewässern erklärte die Bundesregierung auf Anfrage, daß im Rahmen der Reform des deutschen Internationalen Privatrechts zu prüfen sei, ob solche Ansprüche auf die in den geänderten Übereinkommen vorgesehenen Höchstgrenzen beschränkt werden können.464

    203. Außerdem ratifizierte Deutschland das Zusatzprotokoll vom 25. September 1991 zum Chloridübereinkommen/Rhein, das am 1. November 1994 in Kraft getreten ist.465 Zweck der Vereinbarung ist es, das bestehende Chloridübereinkommen den veränderten Bedingungen anzupassen. So sind Rückhaltemaßnahmen in Frankreich und Umleitungsmaßnahmen in den Niederlanden vorgesehen, die die Salzbelastung des Rheins bzw. des Ijsselmeeres verringern sollen.466

    204. Im Berichtszeitraum ratifizierte Deutschland das Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 13. November 1992 zu den Protokollen vom 20. Dezember 1961 über die Errichtung der internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel und der Saar gegen Verunreinigung und dem ergänzenden Protokoll vom 22. März 1990 zu diesen beiden Protokollen. Das Zusatzprotokoll ist am 13. August 1994 in Kraft getreten.467 Mit dem Zusatzprotokoll werden den internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel bzw. der Saar gegen Verunreinigung Rechts- und Geschäftsfähigkeit nach dem am Amtssitz ihres Sekretariats geltenden Recht zugebilligt. Ferner wird ihnen das Recht zugesprochen, über Einstellung und Entlassung von Personal zu entscheiden und rechtsgeschäftlich tätig zu werden (Art. 3).468

    205. Der Bundestag stimmte dem Übereinkommen vom 17. März 1992 zum Schutz und zur Nutzung der grenzüberschreitenden Wasserläufe und internationalen Seen zu.469 Das Übereinkommen geht auf das KSZE-Umweltfolgetreffen 1989 in Sofia zurück und wurde 1992 in Helsinki von der Europäischen Gemeinschaft und 25 weiteren Staaten, darunter den baltischen Republiken, den Staaten Mittel- und Osteuropas sowie der Russischen Föderation unterzeichnet. Das Übereinkommen legt verbindliche Vorschriften zum Schutz grenzüberschreitender Gewässer in Europa fest. Es sieht vor, daß Wasserressourcen nach dem Vorsorge- und Verursacherprinzip sowie zum Schutz zukünftiger Generationen zu bewirtschaften sind, daß für Abwassereinleitungen eine Genehmigungspflicht eingeführt werden muß und daß für gefährliche Stoffe eine Reinigung nach dem Stand der Technik vorzuschreiben ist. Außerdem zielt es auf eine Reduzierung der Nährstoffe (Phosphate und Stickstoff) im Hinblick auf Industrie und Kommunen, fordert die Festlegung von branchenspezifischen Einleitungsgrenzwerten und sieht schließlich die Einführung von Qualitätszielen für die Gewässer vor.

    206. Am 29. Juni 1994 wurde in Sofia ein internationales Donauschutzübereinkommen abgeschlossen und von Deutschland gezeichnet. Beteiligt sind alle Staaten in dem Einzugsgebiet der Donau � neben Deutschland: Österreich, Ungarn, Rumänien, Slowenien, Kroatien, Tschechien, die Slowakei, die Ukraine, Moldavien und Bulgarien.470 Das Übereinkommen geht auf das KSZE-Umweltfolgetreffen von Sofia im Jahre 1989 zurück und sieht einen modernen Gewässerschutz vor. Es enthält u.a. das Vorsorge- und Verursacherprinzip sowie das Verbot, Verschmutzungen in andere Umweltmedien als Wasser zu verlagern. Außerdem enthält es einen Ansatz zur branchenbezogenen Emissionsbegrenzung bei gefährlichen Stoffen nach dem Stand der Technik.471

    207. In umfangreichem Maße engagierte Deutschland sich im Berichtszeitraum im Bereich der technischen Kooperation für den Gewässerschutz. Hier sind insbesondere die Projekte mit grenzüberschreitendem Bezug und solche der generellen Umweltschutzkooperation zu nennen.472


    457 BGBl. 1994 II, 1355; siehe zum Ganzen auch Langenfeld (Anm. 4), Ziff. 124, und Walter (Anm. 29), Ziff. 174.
    458 Sog. Oslo-Übereinkommen vom 15.2.1972, BGBl. 1977 II, 165; geändert durch Protokoll vom 2.3.1983, BGBl. 1986 II, 998. Das jetzige Änderungsprotokoll war am 15.12.1989 in Oslo beschlossen und sogleich von Deutschland unterzeichnet worden.
    459 BGBl. 1994 II, 1360.
    460 BGBl. 1994 II, 1397.
    461 VO vom 14.12.1994, BGBl. 1994 II, 3798. Die Verordnungsermächtigung ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4, Abs. 2 Satz 1 Nr.1 des Seeaufgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.1.1987 (BGBl. 1987 I, 541), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.7.1994 (BGBl. 1994 I, 1554). Das Übereinkommen ist damit am 15.5.1995 in Kraft getreten (BGBl. 1995 II, 570).
    462 BGBl. 1994 II, 1150; Änderungsprotokolle vom 27.11.1992 zu dem Internationalen Übereinkommen von 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden (BGBl. 1975 II, 301, 305) und Internationales Übereinkommen von 1971 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden (BGBl. 1975 II, 301, 320). Deutschland hat die entsprechenden Ratifikationsurkunden zu den Änderungsprotokollen am 29.9.1994 hinterlegt. Die Protokolle traten zum 30.5.1996 in Kraft, BGBl. 1995 II, 974 bzw. 972.
    463 Gesetzesentwurf der Bundesregierung und Denkschrift BT-Drs. 12/6364, Woche im Bundestag 1I/94 vom 19.1.1994, 5, sowie Woche im Bundestag 12/94 vom 22.6.1994, 10. Mit Gesetz vom 25.7.1994 ist das Ölschadengesetz entsprechend angepaßt worden, BGBl. 1994 I, 1802. Siehe auch Antwort der Bundesregierung auf Fragen im Bundestag, BT-Drs. 12/8472, 7 und 8, insbesondere zur Rechtsentwicklung im Vereinigten Königreich und in den USA.
    464 Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage, BT-Drs. 12/8472, 8.
    465 BGBl. 1994 II, 1302 und BGBl. 1996 II, 8.
    466 BT-Drs. 12/6971, 12/7465 und Woche im Bundestag 10/94 � V/308 vom 25.5.1994, 34.
    467 BGBl. 1994 II, 578 und 1323.
    468 Siehe auch Woche im Bundestag 3/94 � V/278 vom 9.2.1994, 34 und BT-Drs. 12/5446 und 12/6617; siehe Walter (Anm. 29), Ziff. 34.
    469 BGBl. 1994 II, 2333; siehe Umwelt 4/1994, 148.
    470 Diese Staaten und die Europäische Union haben sich darauf geeinigt, Serbien und Montenegro an dem Übereinkommen so lange nicht zu beteiligen, wie diese nicht die vollen Mitgliedsrechte in den Vereinten Nationen genießen, s.o. Ziff. 9.
    471 Umwelt 9/1994, 342.
    472 Siehe oben XII.g., Ziff. 192, sowie z.B. Umwelt 3/1994, 111: Bundeshilfe für die Sanierung der Abwasserbeseitigung in St. Petersburg.