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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994


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Peter-Tobias Stoll

XIII. Umwelt- und Naturschutz

g. Abfall und gefährliche Güter

    217. Dem Baseler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung stimmte der Bundestag mit Gesetz vom 30. September 1994 zu.500 Am selben Tag beschloß der Bundestag ein entsprechendes Ausführungsgesetz.501 Mit dem Ausführungsgesetz wurden nicht nur die Vorgaben des Baseler Übereinkommens in deutsches Recht umgesetzt; vielmehr dient das Gesetz auch dazu, das deutsche Recht der seit dem 6. Mai 1994 unmittelbar geltenden EG-Abfallverbringungsverordnung anzupassen.502 Das Gesetz regelt insbesondere eine Wiedereinfuhrpflicht (§ 6) für gescheiterte oder illegale Exporte von Abfällen oder Sekundärrohstoffen. Die Kosten dafür hat vorrangig der Verursacher zu tragen. Außerdem bestimmt § 13 das Umweltbundesamt zur Anlaufstelle i.S.d. Art. 5 Abs. 1 des Baseler Übereinkommens und i.S.d. Art. 36 Satz 2 und 37 der EG-Abfallverbringungsverordnung.503

    218. Im Rahmen einer "humanitären Hilfsaktion" ordnete die Bundesregierung im Berichtszeitraum die Rückführung und Entsorgung von 460 t Pflanzenschutzmittel aus Albanien an, die ursprünglich von einer niedersächsischen Firma geliefert worden waren, aber in Albanien keinerlei Verwendung gefunden hatten. Das Bundesumweltministerium führte dazu aus:

    "Nach allen dem Bundesumweltministerium vorliegenden Erkenntnissen erfolgte die Ausfuhr jedoch legal, so daß eine Rücknahmepflicht der Bundesrepublik Deutschland nicht bestand."
    Seine Entscheidung, dennoch eine Rückholung zu veranlassen, begründete das Bundesumweltministerium wie folgt:
    "Insbesondere zwei Aspekte spielten für diese Entscheidung eine ausschlaggebende Rolle: zum einen die erfolglos gebliebenen Bemühungen der Bundesregierung, die Pflanzenschutzmittel im Rahmen einer konzertierten Aktion gemeinsam mit der Europäischen Union und der Weltbank umweltverträglich zu verwerten bzw. ordnungsgemäß zu beseitigen, zum anderen die dringend gebotene Abwendung drohenden Schadens für das außen- und innenpolitische Ansehen der Bundesrepublik Deutschland."
    Weiterhin wies das Ministerium darauf hin, daß das Gesamtproblem mit der Rückführung der genannten deutschen Pflanzenschutzmittellieferungen keinesfalls gelöst sei. In Albanien lägen ca. 3200 t weiterer Pflanzenschutzmittel, zum Teil geliefert im Rahmen von EG- und Weltbank-Hilfsprogrammen, ohne daß Aussicht auf irgendeine Nutzung bestehe. Dazu führte das Bundesumweltministerium aus:
    "Deshalb hat das Bundesumweltministerium die Europäische Union aufgefordert, Albanien nicht nur bei der Verwertung und Entsorgung dieser Pflanzenschutzmittel Hilfestellung zu leisten, sondern so lange auf neue Exporte zumindest aus der EU zu verzichten, bis die in Albanien lagernden Produkte entweder verwertet oder ordnungsgemäß entsorgt sind."504


    500 BGBl. 1994 II, 2703. Das Übereinkommen ist für Deutschland am 20.7.1995 in Kraft getreten, BGBl. 1995 II, 696.
    501 BGBl. 1994 I, 277; in Kraft getreten am 14.10.1994.
    502 VO (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1.2.1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. EG Nr. L 30, 1; siehe Umwelt 12/1994, 464.
    503 Umwelt 5/1994, 193; Woche im Bundestag 6/94 vom 16.3.1994, 29.
    504 Umwelt 12/1994, 465.