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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1995


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Rainer Grote

VII. Personalhoheit und Staatsangehörigkeit

2. Ausübung diplomatischen Schutzes

    49. Im Rahmen der bereits erwähnten Kleinen Anfrage zur Situation der deutschstämmigen Polen mit doppelter Staatsbürgerschaft (s. oben Ziff. 47) setzte die Bundesregierung sich auch mit der Frage der Gewährung von Sozialhilfe an im Ausland lebende Deutsche auseinander. Sie betonte dabei den Ausnahmecharakter solcher Hilfeleistungen:

     "Nach § 119 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) kann Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und im Ausland der Hilfe bedürfen, in besonderen Notfällen Sozialhilfe gewährt werden. Hilfe wird nicht gewährt, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland gewährt wird oder von anderen zu erwarten ist (§ 119 Abs. 3 BSHG). Nach dem polnischen Sozialhilfegesetz werden begrenzte Hilfen gewährt, die auch Deutschen in Polen zustehen. Mögliche polnische Hilfen sind daher vorrangig auszuschöpfen. Deutsche Sozialhilfeleistungen können in besonderen Notfällen nur ergänzend gewährt werden."116

    50. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verurteilte die Bundesregierung im Berichtszeitraum die iranische Fatwa gegen den britischen Autor Salman Rushdie als Verstoß gegen die Regeln des diplomatischen Schutzes:

     "Sechs Jahre nach der Bekanntgabe der Fatwa, mit der der britische Autor Salman Rushdie zum Tode verurteilt und in der seine Ermordung gefordert wurde, bekräftigt die Europäische Union in aller Form, daß sie dieses Verdikt verurteilt.
    Da diese Fatwa unter Mißachtung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und des Grundsatzes der Souveränität der Staaten, insbesondere hinsichtlich des Schutzes, den diese ihren Staatsangehörigen gewähren, ausgesprochen wurde, ist sie null und nichtig.
    Die Europäische Union fordert die iranische Führung erneut auf, sich an das Völkerrecht zu halten und alle damit verbundenen Folgen zu akzeptieren."117


    116 BT-Drs. 13/1164, 6.
    117 Bull. Nr. 12 vom 16.2.1995, 100.